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Mitten in der Nacht

Mitten in der Nacht

Titel: Mitten in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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ihr unfreiwilliges Publikum.
    Er stellte sich vor, sie käme mit dem Hund näher an das Herrenhaus heran. Nah genug, damit er ihr von der Galerie aus hätte zuwinken, sie auf eine Tasse schlechten Kaffees hätte einladen können. Sein erster Versuch südlicher Gastfreundschaft.
    Noch besser wäre es aber, er könnte zu ihr hinschlendern. Und sie würde mit dem Hund spielen. Sie würde auf dem feuchten Gras ausrutschen und in den Teich taumeln. Aber er wäre zur Stelle, um sie herauszuziehen. Nein, zu ihr hineinzuspringen und sie zu retten, weil sie nicht schwimmen konnte.
    Dann würde eins zum andern führen, und sie hätten Sex im feuchten Gras, im wässrigen Sonnenlicht. Ihr Körper, feucht und glatt, würde sich über seinem erheben. Er würde seine Hände mit ihren Brüsten füllen und...
    »Jesus.« Er blinzelte – sie verschwand gerade zwischen den Bäumen.
    Er wusste nicht recht, ob es ihn verlegen machen oder ob er erleichtert sein sollte, dass er einen Steifen hatte. Seit es vor sechs Monaten zum Bruch zwischen ihm und Jessica gekommen war, hatte er nur einmal Sex gehabt. Und auch das war eher ein Reflex als tatsächliches Verlangen gewesen.
    Wenn er also schon bei einer derart lächerlichen Fantasie angesichts einer Frau, deren Gesicht er nicht einmal gesehen hatte, in heftige Erregung geriet, dann kehrte auch in diesen Körperteil langsam wieder die Normalität ein.
    Die Besorgnis ob seiner Männlichkeit konnte er demnach von seiner Problemliste streichen.
    Den letzten Rest des kalten Kaffees schüttete er weg. Es war ihm nur recht, den Tag mit einer flüchtigen erotischen Fantasie zu beginnen, aber gegen schlechten Kaffee zum Tagesauftakt hatte er was. Nun war es an der Zeit, sich um praktische Dinge zu kümmern.
    Er ging hinein, nahm Geldbörse und Schlüssel und machte sich auf den Weg in die Stadt, um Vorräte einzukaufen.
    Er brauchte fast den ganzen Tag dazu. Nicht nur, um einzukaufen, sondern um sich mit der Stadt vertraut zu machen, die von nun an die seine war.
    Wenn Boston eine anständige Frau mit ein paar dunklen Geheimnissen war, dann war New Orleans eine sinnliche Geliebte, die ihre Schattenseiten hochleben ließ.
    Declan spendierte sich ein gewaltiges Frühstück, eine derartige Cholesterinbombe, dass es ihn nicht gewundert hätte, wenn sein Herz diesen Schock nicht verkraftet hätte.
    Er kaufte Kaffeebohnen und eine Kaffeemühle. Bagels und Beignets. Er belud sich mit allem, was es an Fertiggerichten für die Junggesellenküche gab, dazu eingefrorene Pizza und Müsli. Im Getränkeladen kaufte er Bier, Bourbon und ein paar Flaschen guten Wein.
    Das alles packte er in den Wagen und zog noch mal los, zum einen, weil ihm einfiel, dass er seine Mahlzeiten auch auf etwas und mit etwas essen musste, zum anderen, weil es ihm Spaß machte, durch die Straßen zu schlendern. Er entschied sich für Pappteller und Plastikbesteck und blieb dann stehen, um einem Straßenmusiker zuzusehen, der seinen Trompetenkoffer aufstellte, mit ein paar Münzen präparierte und dann die Luft mit dem Zauber seines Instruments erfüllte.
    Von Declan bekam er den ersten Dollar dieses Tags.
    Declan widerstand der Versuchung der Antiquitätenläden und dem Ruf des Vergnügungsviertels. Aus den Klubs dröhnte bereits Mittagsmusik, und exotische Duftschwaden entströmten den Restaurants. Er kaufte sich eine Muffuletta – jenes Wunder aus Fleisch und Käse und Öl auf italienischem Brot –, um sie später zu Hause zu essen.
    Auf seinem Weg zurück zum Auto beobachtete er die Touristen mit ihren Tüten aus dem Café du Monde oder den Geschäften am Riverwalk, die Kartenleser, die über den ganzen Jackson Square verstreut an Klapptischen saßen und einem für zehn Dollar die Zukunft vorhersagten. Als er an einer Passage vorbeikam, wehte ihn durch den Abfallgestank hindurch eine Brise Marihuana an.
    Und er entdeckte eine kolossartige Schwarze, die auf einer mit Topfpflanzen voll gestellten Galerie über einem Geschäft, das erotische Kerzen anpries, sich träge dem Rauchgenuss hingab.
    Er kaufte für Remy die Kerze einer nackten Frau mit Brüsten wie Torpedos und freute sich auf dem ganzen Rückweg zu seinem Wagen daran.
    Energiegeladen fuhr er nach Hause. Er schleppte seine Vorräte ins Haus und verstaute sie an den Plätzen, die ihm zu diesem Zeitpunkt am geeignetsten erschienen, dann begann er einen ernsthaften Erkundungsgang durch das erste Stockwerk von Zimmer zu Zimmer. Er machte sich Notizen zu Problemen,

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