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Mitten in der Nacht

Mitten in der Nacht

Titel: Mitten in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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dritten Stock befand. Die Bewusstseinstrübung hatte unmittelbar in einen panischen Albtraum umgeschlagen – und er war ganz sicher gewesen, den schwächer werdenden Nachhall unaufhörlichen Babygeschreis zu hören.
    Er war davongerannt. Selbst mit einer auf seinen Kopf gerichteten Waffe hätte er diese Tür nicht zu öffnen vermocht. Also war er, gejagt von seiner eigenen heftigen Angst, davongerannt und hatte sich in seinem Schlafzimmer eingeschlossen. Wie ein Geisteskranker, befand er jetzt über einer Tasse lauwarmem Instantkaffee.
    Wenigstens hatte es keiner mitbekommen.
    Bei genauerem Nachdenken war es jedoch eine ziemlich viel versprechende erste Nacht. Rätselhafte Räume, Babygeister, Aussetzer. Auf jeden Fall bei weitem spannender als die einsamen Fernsehabende in seinem leeren Stadthaus in Boston bei einem Bier.
    Eventuell sollte er sich mit der Geschichte dieses Hauses mal genauer beschäftigen. Seines Hauses, korrigierte er sich und stützte sich mit seinem Kaffee auf das feuchte Eisengeländer der Galerie vor seinem Schlafzimmer.
    Seine Aussicht. Einsame Klasse, wenn man den Blick über den verwilderten Garten streifen ließ.
    Das unentwegt von den Blättern tropfende Regenwasser klang fast wie Musik, und die Heftigkeit des abgezogenen Sturms zitterte schimmernd in der Luft nach. Nebel krochen über den Boden, rauchige Finger, die sich um die Bäume wanden und ringelten und sie in romantische und geheimnisvolle Schemen verwandelten.
    Sollte die Sonne durchbrechen, wäre ein atemberaubendes Glitzerlicht gewiss, doch auch die jetzige Darbietung war nicht zu verachten.
    Da lag ein Teich, ein kleiner Teich, erstickt unter Seerosenblättern, und Felder – manche noch brach, andere bereits fürs Frühjahr angepflanzt, das hier so viel zeitiger kommt. Er erkannte auch die schmale Biegung des Flusses, der sich wie ein Band durch die tiefen Schatten des Deltas schlängelte.
    Eine wackelig anmutende kleine Brücke wölbte sich über das Wasser, dahinter schob sich ein Feldweg durch die Bäume bis zu einem Haus, das fast ganz von ihnen verborgen wurde. Nur eine aufsteigende Rauchwolke, die sich mit der diesigen Luft vermischte, verriet seine Existenz.
    Declan war am Morgen bereits auf dem Belvedere gewesen und hatte sich dort oben erleichtert vergewissert, dass das Dach und die Kamine alle in gutem Zustand waren. Offenbar hatten sich die letzten Besitzer darum und um die Galerie im ersten Stock gekümmert, ehe sie das Handtuch geworfen hatten.
    Allem Anschein nach hatten sie auch mit der rückwärtigen Galerie begonnen und die Vorarbeiten für eine verglaste Veranda geleistet.
    Was womöglich gar keine so schlechte Idee war. Er wollte darüber nachdenken.
    Declan war sich nicht sicher, ob ihnen das Geld oder die Lust am Umbau ausgegangen war, vielleicht auch beides, jedenfalls war es sein Glück gewesen.
    Geld hatte er genug, und als er jetzt die über dem Schilf und dem Wasser aufsteigenden Dämpfe beobachtete, fühlte er sich voller Energie.
    Er hob die Tasse an seine Lippen, ließ sie aber wieder sinken, als er eine Frau – oder war es ein Mädchen? – unten an der Flussbiegung durch die Bäume gehen sah. Ein riesiger schwarzer Hund trottete neben ihr her.
    Sie war zu weit weg, als dass er ihre Züge hätte wahrnehmen können. Doch er erkannte, dass sie ein rot kariertes Hemd und Jeans trug, ihr Haar lang und dunkel und wild gelockt war. War sie alt?, fragte er sich. Jung? Hübsch oder gewöhnlich?
    Er entschied sich für jung und hübsch. So hätte er sie jedenfalls gern.
    Sie warf einen Ball hoch in die Luft, fing ihn auf und täuschte geschickt einen Wurf vor, als der Hund ihn ihr mit einem Sprung abzujagen versuchte. Sie warf ihn noch zwei Mal hoch, und jedes Mal sprang der Hund hoch und umkreiste sie. Dann bog sie sich wie ein Werfer beim Baseball nach hinten und schoss ihn durch die Luft. Der Hund nahm die Verfolgung auf und sprang ohne Zögern auf den Teich zu, wo er sich den Ball, kurz bevor dieser auf das Wasser traf, mit dem Maul schnappte.
    Ein echtes Kunststück, fand Declan und beobachtete grinsend, wie das Mädchen applaudierte.
    Wie gerne hätte er sie gehört. Bestimmt lachte sie, ein tiefes, kehliges Lachen. Als der Hund zum Ufer schwamm und herauskletterte, spuckte er ihr den Ball vor die Füße und schüttelte sich dann.
    Sie musste von ihm nass gespritzt worden sein, aber sie tänzelte nicht davon oder wischte sich mit viel Getue die Jeans ab.
    Sie wiederholten ihr Spiel, und Declan war

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