Mitten in der Nacht
Küchentür und rief Effies Namen.
»Oben.« Declan bog nach links ab und stürmte die Treppe hoch. »Sie ist oben.«
»Remy! Remy, komm schnell!«
Sie saß zusammengekauert auf dem Fußboden und warf sich in Remys Arme, sobald dieser sich neben sie niederkauerte. »Was ist passiert, Baby? Bist du verletzt?«
»Nein. Nein. Ich sah...« Sie drückte ihr Gesicht an seine Schulter. »Da drinnen. Auf dem Bett dort.«
Declan schaute durch die offene Tür. Das einzige Bett darin war das, was er in seiner Einbildung gesehen hatte. Vorsichtig stieß er die Tür ganz auf. Vor ihm lag der staubbedeckte Fußboden, an den Stellen aufgewirbelt, die Effie betreten hatte. Die durch die Fenster strahlende Sonne fiel nur auf Holz und verblasste Tapete.
»Was hast du gesehen, Effie?«, forschte Declan.
»Auf dem Bett. Eine Frau – ihr Gesicht. Sie war tot.«
»Baby.« Remy starrte ins Zimmer und strich ihr dabei übers Haar. »Da drinnen ist nichts. Sieh doch. Da gibt es nichts.«
»Aber ich habe...«
»Erzähl mir, was du gesehen hast.« Declan kniete sich neben sie. »Was hast du da drinnen gesehen?«
»Ich sah...« Sie schauderte und presste ihre Lippen fest zu einer dünnen Linie zusammen. »Hilf mir hoch, Remy.«
Obwohl ihr Gesicht noch kreidebleich war, stand sie auf und trat an die Türschwelle.
»Effie-Schatz, du zitterst ja. Lass uns runtergehen.«
»Nein. Nein, warte.« Ihre Augen waren weit geöffnet, und ihr Herzschlag beruhigte sich nicht, als sie ihren Blick durch das Zimmer schweifen ließ. »Ich kann nichts gesehen haben. Es ist ein leerer Raum. Bloß ein leerer Raum. Ich muss mir das eingebildet haben...«
»Ein Himmelbett? Blaue Vorhänge? Eine Kommode und eine Spiegelkommode. Ein Schminktischchen und eine blaue Chaiselongue. Gaslichtwandleuchter, Kerzen auf dem Kamin und ein gerahmtes Bild.«
»Woher weißt du, was ich gesehen habe?«
»Weil ich es auch gesehen habe. Am Tag meiner Ankunft. Ich habe Lilien gerochen.«
»Weiße Lilien in einer hohen Vase«, ergänzte Effie, und eine Träne lief ihr über die Wange. »Ich fand es seltsam, aber zugleich auch irgendwie rührend, dass du Blumen dort hineinstellst. Dann habe ich kurz überlegt, also, wie hat er es geschafft, diesen Raum so hübsch herzurichten, und warum hat er nichts davon gesagt? Da bin ich eingetreten und sah sie auf dem Bett. Entschuldigt mich. Ich muss dringend an die Luft.«
Ohne ein Wort zu verlieren, hob Remy sie vom Boden auf.
»Mein Held«, murmelte sie, als er sie die Treppe hinuntertrug.
»Du hast mir eine Heidenangst eingejagt, chère. Bring meinem Mädchen ein Glas Wasser, Declan.«
Declan blieb noch eine Weile vor dem Zimmer stehen. Dann folgte er ihnen nach unten.
Er füllte ein Glas mit Wasser und trug es hinaus auf die Galerie, auf der Remy mit Effie im Schoß saß.
»Was hältst du jetzt von Geistern?«
Sie nahm das Wasser und nippte daran. Dabei musterte sie Declan über den Rand des Glases hinweg. »Ich habe es mir eingebildet.«
»Ein weißer Morgenrock über der Chaiselongue. Ein silbernes Bürstenset, eine Brosche aus Gold und Emaille.«
»Eine Uhrenbrosche«, bestätigte sie leise. Sie atmete schaudernd aus. »Ich kann es nicht erklären.«
»Kannst du mir was über die Frau erzählen?«
»Ihr Gesicht hatte überall blaue Flecke und war blutig. Oh, Remy.«
»Scht. Es ist gut jetzt.« Er streichelte ihr das Haar und zog sie dichter an sich heran. »Du brauchst nicht mehr daran zu denken. Lass sie in Ruhe, Declan.«
»Nein, es ist schon gut.« Effie atmete ruhig durch und legte ihre Hand auf Remys Schulter. Ihr Blick begegnete dem Declans und hielt ihn fest. »Es ist nur so seltsam und schrecklich zugleich. Ich denke, sie war jung, aber es ließ sich schwer einschätzen. Dunkle Haare, Unmengen lockigen Haars. Ihr Nachthemd war zerrissen. An ihrem Hals waren fürchterliche Blutergüsse – als... gütiger Gott, als wäre sie erdrosselt worden. Ich wusste, dass sie tot war. Ich schrie und taumelte rückwärts. Dann haben meine Beine unter mir einfach nachgegeben.«
»Ich muss herausfinden, wer sie war«, erklärte Declan. »Es muss einen Weg geben, das herauszubekommen. Familienmitglied, Bedienstete, Gast. Wenn in diesem Haus eine junge Frau gewaltsam zu Tode gekommen ist, muss das irgendwo vermerkt sein.«
»Ich kann Nachforschungen anstellen.« Effie nahm das Glas von ihren Lippen und brachte ein Lächeln zustande. »Das ist schließlich mein Beruf.«
»Wenn es einen Mord gegeben hat, dann müssten
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