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Mitten in der Nacht

Mitten in der Nacht

Titel: Mitten in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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des Abschleifens seine schlechte Laune loszuwerden. Jetzt hoffte er, dies gelänge ihm durch die Konzentration und die Mühe des Lackierens.
    Die rosige Morgendämmerung hatte ihr Versprechen nicht gehalten.
    Diese Frau spielte wirklich mit all seinen Registern. Und sie wusste es. Die eine Nacht wickelte sie ihn im Bett vollständig ein, und in der nächsten war sie nicht einmal bereit, mit ihm am Telefon ein paar Worte zu wechseln.
    Rastete in der einen Minute aus und schmolz in der nächsten verführerisch dahin. Versuchte einfach die Nacht, die sie miteinander verbracht hatten, zum klassischen One-night-stand abzuwerten.
    Verdammt.
    »Ach, cher, warum regst du dich denn so auf?«, brummelte er. »Du hast es noch nicht erlebt, wenn ich mich aufrege, Baby. Aber das wirst du schon noch erleben, ehe wir miteinander fertig sind.«
    »Allem Anschein nach sind Sie auf dem besten Weg, verrückt zu werden.«
    Er zuckte herum und ließ dabei den Lack überschwappen. Als er dann Odette sah, die ihn von der Tür her anlächelte, wäre er fast auf die Knie gesunken.
    »Ich habe Sie nicht reinkommen hören.«
    »Das überrascht mich nicht.« Mit dem Vorrecht des Alters erlaubte sie sich, den Lautstärkeknopf seiner tragbaren Stereoanlage zurückzudrehen, gerade als Ry Cooder ein anderes Tempo anschlug und vergossene Tränen beklagte. »Ich mag Cooder auch, aber nicht so laut. Ich habe Ihnen einen Laib braunes Brot mitgebracht, das ich heute Morgen gebacken habe. Sie gehen jetzt aber wieder an die Arbeit und bringen zu Ende, was Sie angefangen haben. Das Brot kann ich selbst in die Küche tragen.«
    »Bleiben Sie doch einen Moment.«
    »Sie sollen aber nicht meinetwegen aufhören, cher.«
    »Nein. Bitte. Fünf Minuten. Ich habe was... irgendwas, ich habe es vergessen, zum Trinken im Kühlschrank. Warum nehmen Sie sich nicht was?«
    »Das mache ich. Es ist schon ein bisschen schwül draußen, und wir haben noch nicht einmal März. Lassen Sie sich nur Zeit.«
    Als er den Lack verstrichen hatte und Odette in die Küche folgte, stand sie dort vor seinem Vitrinenschrank und inspizierte dessen Inhalt.
    »Meine Mama hatte ein altes Waffeleisen, das genauso aussah wie dieses. Und ich habe einen Kirschenentkerner wie diesen hier. Wie nennt man dieses Geschirr hier? Mir fällt der Name nicht mehr ein.«
    »Fiestaware.«
    »Genau. Klingt so nach Party. Haben Sie Geld für diese alten Steingutbecher bezahlt, cher?«
    »Ja, leider.«
    Verwundert schnalzte sie mit der Zunge. »Jeder hat eben andere Vorlieben. Aber sie sehen wirklich schön aus. Kommen Sie doch mal bei mir vorbei, und sehen Sie sich in meiner Hütte um, ob Sie etwas brauchen können.« Sie wandte sich ihm zu und nickte zum Raum hin. »Das ist schön, Declan. Gute Arbeit.«
    »Wenn die Arbeitsplatten da sind und ich die Verkleidung für die Haushaltsgeräte gemacht habe, wird alles zusammengefügt.«
    »Es ist schön«, wiederholte sie. »Und der Salon, an dem Sie arbeiten, könnte auch nicht schöner sein.«
    »Ich habe schon ein paar Möbel dafür gekauft. Ein bisschen voreilig. Möchten Sie nicht Platz nehmen, Miss Odette?«
    »Aber nur ganz kurz. Ich habe etwas aus dem Haus hier, was Sie eventuell gerne hätten und auf den Kaminsims im Salon oder einem der anderen Zimmer stellen möchten.«
    Sie nahm am Tisch Platz und zog einen alten braunen Lederrahmen aus ihrer Tasche. »Es ist ein Foto, ein Porträt von Abigail Rouse.«
    Declan nahm es und starrte die Frau an, die ihn in seinen Träumen verfolgte. Es hätte auch Lena sein können, fand er, aber das Gesicht war zu weich und auch zu ungeformt. Ihre Wangen waren voller, die Augen mit den breiten Lidern zu leichtgläubig und viel zu scheu.
    So jung, wunderte er sich. Und unschuldig trotz des Ausgehkostüms einer Erwachsenen mit dem hohen, pelzbesetzten Kragen, trotz des keck aufgesetzten Samtbarrets mit den frechen Federn.
    Dies war ein Mädchen, während Lena eine Frau war.
    »Sie war hübsch«, sagte Declan. »Hübsch und jung. Es bricht einem das Herz.«
    »Meine Großmama meinte, sie müsse etwa achtzehn gewesen sein, als das Foto gemacht wurde. Sehr viel älter war sie keinesfalls, denn sie hat ihren neunzehnten Geburtstag nie erlebt.«
    Während sie sprach, schlug oben wie vor Wut eine Tür. Odette warf nur einen Blick an die Decke. »Hört sich an, als würde Ihr Geist auch verrückt werden.«
    »Das hat heute erst angefangen. Der Lehrling vom Installateur ist erst vor ein paar Stunden wie der Blitz

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