Mitternacht
Pack.
Sie hämmerten an die Tür, so daß der ganze Wohnwagen bebte.
»Was soll das?« sagte Pack. Er schaltete den Fernseher aus und stand auf.
Das Hämmern wiederholte sich nicht, aber Pack hörte seltsam kratzende Laute an der Seite des Wagens.
Und es knirschte auf dem Fundament, was manchmal vorkam, wenn der Wind besonders stark wehte. Aber heute war es windstill.
»Kinder«, entschied Pack.
Die Familie Aikhorn, die zweihundert Meter südlich auf der anderen Seite der Landstraße wohnte, hatte so brutale Kinder, daß man sie allesamt hätte einschläfern, in Formaldehyd einlegen und in einem Museum für kriminelles Verhalten hätte ausstellen sollen. Diese Bälger schoben ihm zum Spaß Kracher durch Ritzen in den Fundamenten herein und weckten ihn mitten in der Nacht mit einem lauten Knall.
Das Kratzen an der Wohnwagenseite hörte auf, aber jetzt liefen ein paar Kinder auf dem Dach herum.
Das war zuviel. Das Metalldach war zwar nicht undicht, hatte aber schon bessere Zeiten gesehen, und unter dem Ge wicht mehrerer Kinder würde es sich wahrscheinlich verbie gen, wenn nicht gar an den Nähten aufplatzen.
Pack machte die Tür auf, trat in den Regen hinaus und überschüttete sie mit Obszönitäten. Aber als er nach oben sah, sah er keine Kinder auf dem Dach. Statt dessen sah er etwas aus einem Monsterfilm der fünfziger Jahre, so groß wie ein Mensch, mit klickenden Kiefern und Facettenaugen und einem von winzigen Scheren gesäumten Mund. Das Unheimliche war, er sah auch ein paar Züge eines menschlichen Gesichts in der monströsen Fratze, gerade soviel, daß er Daryl Aikhorn, den Vater der Bälger, er erkennen glaubte. »Brauuuuuuuuche«, sagte es mit einer Stimme, die halb die von Aikhorn und halb insektenhaftes Surren war. Es sprang ihn an, und dabei fuhr es einen teuflisch spitzen Stachel aus dem ekelhaften Körper aus. Noch bevor ihn der ein Meter lange, unterteilte Speer am Magen durchbohrte und durch ihn hindurchging, wußte Packer, daß die Tage von Bier und Schinkensandwiches und Fritos und Invalidenrente und Quizmädchen mit perfekten Möpsen vorbei waren.
Randy Hapgood, vierzehn, schlurfte durch das schmutzige, knöcheltiefe Wasser eines überfließenden Rinnsteins und schnaubte verächtlich, als wollte er sagen, daß die Natur mit einem tausendmal größeren Hindernis daherkommen mußte, wenn sie ihn einschüchtern wollte. Er weigerte sich, Regenmantel und Gummistiefel zu tragen, weil diese Kleidungsstücke nicht modisch und cool waren. Und man sah auch keine üppigen Blondinen an den Armen von Tölpeln, die Regenschirme trugen. Auch an Randy hingen keine üppigen Mädchen, aber er dachte sich, das sie einfach noch nicht bemerkt hatten, wie cool er war, wie gleichgültig gegenüber dem Wetter und allem anderen, das den anderen Typen zu schaffen machte.
Er war tropfnaß und elend - pfiff aber fröhlich, um es sich nicht anmerken zu lassen -, als er zwanzig vor fünf von der Central nach Hause kam, weil die Übungsstunde des Orchesters wegen schlechten Wetters abgesagt worden war. Er zog die nasse Jeansjacke aus und hängte sie an die Rückseite der Waschküche. Er zog auch die nassen Turnschuhe aus.
»Ich bin hiiiiiiiiier«, rief er und parodierte damit das kleine Mädchen in Poltergeist.
Niemand antwortete ihm.
Er wußte, seine Eltern waren zu Hause, weil die Lichter an waren; außerdem war die Haustür nicht abgeschlossen. Sie arbeiteten in letzter Zeit immer häufiger zu Hause. Sie hatten etwas mit Produktentwicklung bei New Wave zu tun, und sie konnten einen ganzen Tag an ihren zwei Terminals oben arbeiten, im Hinterzimmer, ohne tatsächlich ins Bü ro zu gehen.
Randy holte sich eine Cola aus dem Kühlschrank, riß sie auf, trank einen Schluck und ging nach oben, um sich zu trocknen, während er Pete und Marsha von seinem Tag erzählte. Er nannte sie nicht Mom und Dad, aber das störte sie nicht; sie waren cool. Manchmal dachte er, daß sie vielleicht sogar zu cool waren. Sie fuhren einen Porsche, und ihre Kleidung war der aller anderen immer ein halbes Jahr voraus, und sie unterhielten sich über alles mit ihm, alles, einschließlich Sex, und zwar so offen, als wären sie seine Kumpels. Sollte er jemals eine üppige Blondine finden, die sich an ihn hängen wollte, würde er sie vielleicht gar nicht nach Hause bringen, aus Angst, sie könnte seinen Dad für viel cooler halten als ihn selbst. Manchmal wünschte er sich, Pete und Marsha wären dick, schlampig, altmodisch angezogen und
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