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Mitternacht

Mitternacht

Titel: Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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haßerfüllten gelben oder grünen oder rotglühenden Augen an, als würden sie ihre Chancen abschätzen, den Streifenwagen anzugreifen und Loman herauszuzerren, bevor er den Fuß von der Bremse nehmen und davonfahren konnte. Wenn er sie beobachtete, erfüllte ihn das Verlangen, das Auto, seine Kleidung und die starre menschliche Gestalt aufzugeben und sich in ihrer ein facheren Welt des Jagens, Essens und Paarens zu ihnen zu gesellen. Er wandte sich jedesmal rasch von ihnen ab und fuhr weiter, bevor er solchen Impulsen folgen konnte. Hier und da kam er an Häusern vorbei, in deren Fenstern unheimliches Licht leuchtete, in dem sich so groteske und unirdische Schatten bewegten, daß sein Herz schneller schlug und seine Handflächen feucht wurden, obwohl er fern von ihnen und wahrscheinlich außerhalb ihres Zugriffs war. Er hielt nicht an um festzustellen, welche Geschöpfe in diesen Häusern wohnten oder welchen Tätigkeiten sie nachgingen, denn er spürte, daß sie mit dem verwandt waren, was aus Denny geworden war, und daß sie in vieler Hinsicht gefährlicher waren als die umherstreunenden Regressiven.
    Er lebte jetzt in einer Lovecraftschen Welt urzeitlicher und kosmischer Kräfte, monströser Wesenheiten, die durch die Nacht schlichen, wo die Menschen zu wenig mehr als Vieh herabgewürdigt waren, wo das jüdisch-christliche Universum verdrängt worden war, die von dunklen Gelüsten, Spaß an Grausamkeit und einem unstillbaren Verlangen nach Macht motiviert wurden. In der Luft, in den Nebelschwaden, in den schattigen, tropfenden Bäumen, in den unbeleuchteten Straßen und sogar im natriumgelben Leuchten der Lampen an den Hauptstraßen herrschte die allumfassende Stimmung vor, daß in dieser Nacht nichts Gutes geschehen konnte... aber daß alles andere passieren konnte, wie phantastisch oder bizarr es auch sein mochte.
    Er hatte im Lauf der Jahre unzählige Taschenbücher gelesen und kannte Lovecrafts Werk. Er hatte ihm nicht einen Bruchteil so gut gefallen wie Louis L'Amour, weil sich L'Amour mit der Realität beschäftigte, während H. P. Lovecraft sich mit dem Unmöglichen befaßt hatte. So jedenfalls war es Loman damals vorgekommen. Jetzt wußte er, Menschen konnten in der wirklichen Welt Höllen erschaffen, die denen der fantasiebegabtesten Schriftsteller in nichts nachstanden.
    Lovecraftsche Verzweiflung und Entsetzen strömten in größeren Mengen durch Moonlight Cove als zuvor der Re gen gefallen war. Während er durch die verwandelten Stra ßen fuhr, ließ Loman seine Dienstwaffe in Reichweite neben sich auf dem Beifahrersitz liegen.
    Shaddack.
    Er mußte Shaddack finden.
    Er fuhr auf der Juniper nach Süden und blieb an der Kreuzung Ocean Avenue stehen. Gleichzeitig bremste ein anderer Streifenwagen am Stop-Schild direkt gegenüber von Lo man, Richtung Norden.
    Auf der Ocean herrschte kein Verkehr. Loman kurbelte das Fenster herunter, fuhr langsam über die Kreuzung und bremste neben dem anderen Streifenwagen, so daß kaum dreißig Zentimeter Platz zwischen beiden blieb.
    Anhand der Zahl auf der Tür, über dem Abzeichen der Polizei, wußte Loman, daß es Neu Penniworths Streifenwagen war. Aber als er durch das Seitenfenster sah, erblickte er nicht den jungen Beamten. Er sah etwas, das einmal Penniworth gewesen sein konnte, immer noch vage menschlich und vom Schein der Armaturenbrettlichter beleuchtet, aber noch direkter vom Leuchten des mobilen VDT im Inneren. Zwei Kabel, gleich dem, das aus Dennys Stirn gewachsen war, um ihn direkter mit seinem PC zu verbinden, wuchsen aus Penniworths Schädel; das Licht war zwar schlecht, aber es sah aus, als würde sich eines dieser Kabel zwischen dem Lenkrad hindurch zum Armaturenbrett erstrecken, während das andere zu dem auf der Konsole montierten Computer verlief. Die Form von Penniworths Kopf hatte sich drama tisch verändert, er war in die Länge gezogen und hatte glänzende spitze Auswüchse, bei denen es sich um irgendwelche Sensoren handeln mußte, die im Licht des VDT sanft glommen wie poliertes Metall; seine Schultern waren breiter und seltsam zackenförmig und spitz; er schien allen Ernstes die Gestalt eines barocken Roboters gesucht zu haben. Er hatte die Hände nicht am Lenkrad, aber vielleicht besaß er gar keine Hände mehr; Loman vermutete, daß Penniworth nicht nur mit dem Computer selbst, sondern auch mit dem Streifenwagen verschmolzen war.
    Penniworth wandte Loman langsam das Gesicht zu.
    In den leeren Augenhöhlen krümmten sich und flackerten

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