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Mitternacht

Mitternacht

Titel: Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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sicherlich die Ursache der Schreie gewesen, die sie zuvor am Strand gehört hatte, und ihre Schwester war zweifellos von eben diesen Wesen getötet worden, was immer sie, zum Teufel, auch sein mochten. Was in gewisser Weise erklärte, weshalb die Behörden so versessen darauf gewesen waren, daß Marion der Verbrennung von Janices Leichnam zu stimmte - nicht weil die sterblichen Überreste vom Meerwasser zerfressen und halb von Fischen verzehrt worden waren, sondern weil die Verbrennung Verletzungen vertuschen half, die bei der unvoreingenommenen Autopsie unbeantwortete Fragen aufgeworfen hätten. Darüber hinaus sah sie Spiegelungen der Korruption der hiesigen Behörden in der äußeren Erscheinung der Ocean Avenue, wo zu viele Schaufenster leer waren und es zu vielen Geschäften schlecht ging, was in einer Stadt, in der Arbeitslosigkeit praktisch nicht existierte, unerklärlich war. Ihr war eine Aura des Ernstes an den Leuten aufgefallen, die sie auf der Straße getroffen hatte, und ebenso eine Hektik und Zielstre bigkeit, die in einer ruhigen nördlichen Küstenstadt, wohin sich das Tohuwabohu des modernen Lebens kaum je verirrte, befremdlich wirkte.
    Aber daß ihr dieses Muster aufgefallen war, bot noch keine Erklärung dafür, warum die Polizei Janices wahre Todesursache verheimlichen wollte. Oder warum die Stadt trotz ihres offensichtlichen Wohlstands in einer wirtschaftlichen Depression zu sein schien. Oder was, in Gottes Namen, diese Alptraumgeschöpfe im Motel gewesen waren. Muster waren Hinweise auf zugrundeliegende Wahrheiten, aber ih re Fähigkeit, sie zu erkennen, bedeutete nicht, daß sie die Antworten finden und die Wahrheit enthüllen könnte, auf die die Muster hindeuteten.
    Sie saß zitternd unter dem Neonlicht und atmete die schwachen Spuren von Waschmitteln, Bleichmitteln, Weichspülern und den abgestandenen Geruch der Kippen in zwei freistehenden, mit Sand gefüllten Aschenbechern ein, während sie zu überlegen versuchte, was sie als nächstes tun sollte. Sie hatte ihre Entschlossenheit, Janices Tod aufzuklä ren, nicht verloren. Aber sie war nicht mehr so vermessen zu denken, daß sie ganz alleine Detektiv spielen könnte. Sie brauchte Hilfe, und die würde sie wahrscheinlich bei County- oder Staatsbehörden holen müssen.
    Aber zunächst mußte sie einmal mit heiler Haut aus Moonlight Cove hinauskommen.
    Das Auto stand beim Cove Lodge, aber sie wollte nicht dorthin zurückkehren, um es zu holen. Diese... Geschöpfe mochten immer noch dort sein oder es aus den dichten Bü schen und Bäumen oder den in der Stadt allgegenwärtigen dunklen Schatten heraus beobachten. Wie Carmel, Kalifornien, das auch an der Küste lag, war Moonlight Cove eine Stadt, die buchstäblich in den Wald am Meer gebaut war. Tessa bewunderte Carmel, weil die Werke von Menschenhand und der Natur so gefällig miteinander verschmolzen waren, wo Geographie und Architektur häufig das Werk ein und desselben Bildhauers zu sein schienen 1 . Momentan jedoch machten die Üppigkeit und die kunstvollen nächtlichen Schatten Moonlight Cove nicht anmutig und schön; vielmehr schien sich diese Stadt in den dünnsten Mantel der Zivilisation zu hüllen, unter dem etwas Wildes - sogar Urzeitliches - wartete und lauerte. Die Baumhaine und dunklen Straßen waren nicht die Heimat der Schönheit, sondern des Unheimlichen und des Todes. Sie hätte Moonlight Cove wesentlich anziehender gefunden, wenn jede Straße, jede Gasse, jeder Rasen und jeder Park mit demselben Übermaß an Neonlicht erhellt gewesen wäre wie die Wäscherei, in der sie Zuflucht gesucht hatte.
    Vielleicht war die Polizei mittlerweile als Reaktion auf die Schreie und den Aufruhr im Cove Lodge eingetroffen. Aber sie würde sich nicht sicherer fühlen, wenn sie dorthin zurückkehrte, nur weil die Bullen da waren. Die Polizei war Teil des Problems. Sie würden ihr Fragen nach der Ermordung der beiden anderen Gäste stellen. Sie würden herausfinden, daß Janice ihre Schwester gewesen war, und sie brauchte ihnen nicht zu erzählen, daß sie in die Stadt gekommen war, um die Umstände von Janices Tod aufzudekken, denn das würden sie auch von selbst vermuten. Wenn sie an einer Verschwörung beteiligt waren, die wahre Natur von Janices Tod zu vertuschen, würden sie wahrscheinlich nicht zögern, sich Tessas auf eine nachdrückliche und endgültige Art und Weise anzunehmen.
    Sie mußte auf das Auto verzichten.
    Aber der Teufel sollte sie holen, wenn sie sich bei Nacht und Nebel aus

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