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Mitternachtserwachen

Mitternachtserwachen

Titel: Mitternachtserwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Mignani
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gezogen wäre. Und irgendwie schien der Schmutz mit jeder Sekunde zuzunehmen. Sie könnte schwören, dass das Gebäude bei ihrem Eintreten nicht derart verwahrlost ausgesehen hatte. Mit einem Schaudern dachte sie an die Wolfsstatuen.
    „Du bist verrückt, Aileen. Vampire, lebendige Statuen, Visionen. Das entspringt deiner Erschöpfung und der Trauerbewältigung. Stürz dich auf die Arbeit, und alles wird gut.“
    Beherzt drückte sie den Schalter und ließ das Rollo in der Küche herab. Nicht ein Lichtstrahl gelangte in das Zimmer. Eine absolute Dunkelheit, wie sie niemals eine erlebt hatte.
    Hier hat ja auch ein Vampir gewohnt!
    Sie brach in hysterisches Lachen aus, bis sie sich beruhigte, und endlich verlangsamte sich ihr Herzschlag. Morgen früh würde sie zurückkehren. Nach einer Nacht Schlaf sah die Welt immer anders aus: Probleme wirkten kleiner, Blutsauger nicht mehr so bedrohlich und Mordhäuser harmloser. Erneut entwich ihr ein Kichern. Sie zog die Haustür hinter sich und Togo zu und schloss sie doppelt ab.
    „Es tut mir leid, Wauzi, aber du musst mich ins Manor Dracula begleiten, bis der Auftrag erledigt ist.“
    Togo wedelte mit der Rute und sprang auf die Rücksitzbank, ließ sich kommentarlos anschnallen und schnaufte ihr ins Gesicht. Nicht umsonst waren Hunde die besten Freunde des Menschen. Vielleicht sollte sie Dark Vader mitnehmen. Der Kater war ihr vor ein paar Monaten zugelaufen, als die Trauer um Ralph sie beinahe umgebracht hätte. Seitdem er in ihrem Leben aufgetaucht war, fühlte sie sich besser. Und Togo trug auch einen großen Teil dazu bei. Sie war so erleichtert gewesen, dass das kuschelige Monster Togo auf Anhieb adoptiert hatte, denn er hätte den Welpen zum Frühstück verspeisen können. Stattdessen teilten die beiden Napf und Bett.
    Sie brauste die Einfahrt entlang, als ob ihr Nosferatu persönlich auf den Fersen wäre. Der arme Lada keuchte und ächzte bei jedem Schlagloch.
    Lass mich jetzt nicht im Stich.

Kapitel 3
     
    „Lior! Komm schon, Mann. Sieh mich an.“ Wie aus weiter Ferne drang Kendricks Stimme in sein Bewusstsein. Jemand schnaubte in sein Gesicht. Benommen öffnete Lior die Augen, und ihm blieb beinahe das Herz stehen, weil eine weiche Nüster ihn an der Wange berührte. Und in diesem samtigen Maul waren Zähne, die grausam zubeißen konnten und es auch gestern erst getan hatten. Der Bissabdruck auf seinem Gesäß war Beweis genug.
    „Tu nichts Unüberlegtes, Roven“, flüsterte er.
    Das Ainmhidh hob ein wenig den Kopf, und Lior atmete erleichtert aus. Er lag auf dem Boden, und Kendrick kniete hinter ihm.
    „Du bist bewusstlos geworden, einfach zusammengesackt.“
    Lior war noch niemals vorher umgekippt, egal, wie hart die Schlacht gewesen war oder was er Grauenvolles erlebt hatte.
    „Die Marbhadair sind zurückgekehrt.“ Er erkannte seine eigene Stimme nicht wieder.
    Kendricks Hände, die ihn an den Schultern hielten, verkrampften sich kaum merklich. Auch seine Vorfahren hatten unter den Marbhadair gelitten.
    Lior richtete sich mit der Hilfe von Kendrick auf und rechnete es seiner rechten Hand hoch an, dass er das Gesagte nicht infrage stellte. Stattdessen zückte er sein Smartphone und wollte gerade das Display berühren, als die Titelmelodie von True Blood ertönte. Nosferat. Es erstaunte Lior genauso wenig wie Kendrick, dass ihr Oberster genau jetzt anrief.
    „Ja, Lior hat es gespürt.“ Kendrick warf ihm einen besorgten Blick zu.
    Lior wunderte sich über Roven, er senkte erneut den Kopf, sodass Lior mithilfe des Pferdes auf die Füße kam. Das Ainmhidh verharrte stocksteif, bis der Schwindel sich legte und Lior stehen konnte. Er ließ es sogar zu, dass Lior ihm den Hals klopfte.
    Diese eiskalte Hand, die ihn gepackt und sein Innerstes zerquetscht hatte! Es war genauso wie vor all den vielen Jahren, als er den Wahnsinn der Jägerinnen auf der Lichtung gespürt hatte. Wie konnte das sein? Sie hatten sie ausgemerzt, sie vom Antlitz der Erde gefegt, und über die Jahrhunderte war auch keine Spur mehr von ihnen aufgetaucht. Und doch hatte ihn das Grauen von den Füßen gerissen. Lior war zu erfahren, um seinen Instinkten zu misstrauen. Zu intensiv war das Gefühl gewesen.
    Aus den Augenwinkeln sah er, dass Marc die Gunst der Stunde nutzen wollte, um zu fliehen. Zum Teufel damit, seine Geduld hatte schlagartig das Ende erreicht, und das Stück Abschaum hatte es nicht verdient, eine zweite Chance zu erhalten. Er hatte die Kleine so gut wie vergewaltigt.

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