Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Mitternachtsfalken: Roman

Titel: Mitternachtsfalken: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
Vom Netzwerk:
ganz überzeugt. »Mir sind hier gar keine kranken Bäume aufgefallen.«
    »Na, dann schau dir mal den hier an.« Harald hörte, wie sie sich ein paar Schritt weit entfernten. »Siehst du, was da wie eine riesige Warze aus der Rinde wächst? Wenn Christian da nichts unternimmt,
    ist der Baum verloren.«
    »Tja, das mag sein. Auf jeden Fall sei so gut und sag euren Bediensteten, dass sie in unserem Lager nichts zu suchen haben.«
    »Das mach ich. Und für Christian entschuldige ich mich. Er hatte bestimmt nichts Böses im Sinn.«
    »Na gut.«
    »Wiedersehen, Ludwig. Vielleicht seh ich dich ja morgen Früh.«
    »Ich bin auf jeden Fall hier.«
    »Bis dann.«
    Harald verharrte in seinem Versteck, bis Karen nach ein paar Minuten sagte: »Die Luft ist rein.«
    Er kroch unter dem Busch hervor. »Du warst großartig!«
    »Ich werde immer besser im Lügen, ja. Das macht mir langsam Sorgen.«
    Gemeinsam gingen sie zum Kloster – wo sie ein weiterer Schock erwartete.
    Sie waren gerade im Begriff, aus dem Schutz der Bäume zu treten, als Harald Per Hansen, den Dorfpolizisten und Ortsgruppenleiter der dänischen Nazi-Partei, vor der Kirche stehen sah.
    Harald fluchte still in sich hinein. Was hatte der verdammte Kerl hier zu suchen? Noch dazu so früh am Morgen?
    Breitbeinig, die Arme über der Brust verschränkt, stand Hansen da und ließ den Blick über den Park und das Zeltlager schweifen. Harald fasste Karen am Arm, um sie zurückzuhalten, doch war es zu spät, auch Thor zu bremsen, der Karens plötzliche Abneigung sofort witterte. Der Hund stürzte zwischen den Bäumen hervor, rannte auf Hansen zu, blieb in sicherem Abstand vor ihm stehen und bellte ihn an. In Hansens Gesichtsausdruck mischten sich Angst und Wut, und er fingerte nach seinem Pistolenholster am Gürtel.
    Karen flüsterte: »Ich kümmere mich um ihn.« Ohne Haralds Antwort abzuwarten, ging sie los und pfiff dem Hund. »Hierher, Thor!«
    Harald stellte den Kanister ab, hockte sich hinter einen Busch und beobachtete die Szene durch das Laub.
    Hansen fuhr Karen an: »Sie sollten Ihren Hund an der Leine führen!«
    »Warum? Er ist hier zu Hause.«
    »Er ist aggressiv.«
    »Er verbellt bloß Eindringlinge. Dazu ist er da.«
    »Wenn er einen Polizeibeamten angreift, kann er erschossen werden.«
    »Machen Sie sich nicht lächerlich«, sagte Karen, und Harald sah fasziniert zu, wie sie Hansen die ganze Arroganz ihres Reichtums und ihrer gesellschaftlichen Stellung spüren ließ. »Was fällt Ihnen denn ein, in aller Herrgottsfrühe in meinem Garten herumzuschnüffeln?«
    »Ich bin in offizieller Eigenschaft hier, junge Dame, deshalb achten Sie besser auf Ihre Manieren.«
    »In offizieller Eigenschaft?«, gab sie skeptisch zurück. Harald merkte, dass sie die Ungläubige spielte, um Hansen weitere Informationen zu entlocken. »Was ist denn so ›offiziell‹, wenn ich bitten darf?«
    »Ich suche einen gewissen Harald Olufsen.«
    »Oh, Mist«, murmelte Harald. Damit hatte er nicht gerechnet.
    Auch Karen war erschüttert, doch gelang es ihr, ihren Schrecken zu überspielen. »Nie gehört«, sagte sie.
    »Er ist ein Schulfreund Ihres Bruders und wird polizeilich gesucht.«
    »Naja, man kann nicht von mir erwarten, dass ich alle Schulkameraden meines Bruders kenne.«
    »Er war schon im Schloss.«
    »Ach ja? Wie sieht er denn aus?«
    »Männlich, achtzehn Jahre alt, ein Meter dreiundachtzig groß, blond, Augen blau, trägt vermutlich einen Schulblazer mit einem Streifen am Ärmel.« Hansen klang, als habe er den Fahndungsaufruf auswendig gelernt.
    »Klingt sehr attraktiv, das muss ich sagen, abgesehen von dieser Schuljacke. Aber leider, leider kann mich nicht an ihn erinnern.« Karen behielt den herablassenden Umgangston bei, doch Harald erkannte Anspannung und Sorge in ihrem Gesicht.
    »Er war schon mindestens zweimal hier«, sagte Hansen. »Ich habe ihn selbst gesehen.«
    »Mir muss er entgangen sein. Was hat er denn verbrochen? Ein Buch aus der Leihbibliothek nicht rechtzeitig zurückgegeben?«
    »Ich darf. äh, das kann ich Ihnen nicht sagen. Es handelt sich um eine Routineanfrage.«
    Hansen hat offenbar keine Ahnung, was mir vorgeworfen wird, dachte Harald. Er schnüffelt im Auftrag eines anderen hier herum, wahrscheinlich Peter Flemmings.
    Karen sagte: »Also, mein Bruder ist nach Aarhus gefahren, und hier halten sich zurzeit keine Fremden auf – abgesehen von hundert Soldaten natürlich.«
    »Das letzte Mal, als ich Olufsen sah, fuhr er ein höchst gefährlich

Weitere Kostenlose Bücher