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Mitternachtsfalken: Roman

Titel: Mitternachtsfalken: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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nicht aufzufallen. Er brachte seine Kleidung wieder in Ordnung und fragte: »Was hast du denn da in dem Kanister?«
    »Wasser für mein Motorrad.«
    »Ach so.« Leo gähnte. Dann deutete er mit dem Daumen auf den Busch. »Wir dürfen eigentlich nicht.«
    »Schon gut, ich hab nichts gesehen.«
    Leo nickte und taumelte davon.
    In der Kirche blieb Harald einen Moment lang stehen und schloss die Augen, bis die innere Spannung sich gelöst hatte. Dann füllte er das Benzin in den Tank der Hornet Moth.
    Als er zum achten Mal auf den Tankwagen zuging, sah er, dass doch nicht alles so glatt gehen würde, wie sie es sich erhofft hatten. Karen kam von der anderen Seite in den Wald. Dem Wachposten winkte sie zum Abschied freundlich zu – man trennte sich also, wie es aussah, im Guten. Vermutlich rief den Mann nun unweigerlich die
    Pflicht. Zum Glück steuerte er auf das Kantinenzelt zu, entfernte sich also vom Tankwagen, sodass Harald sich sicher genug fühlte, seinen Weg fortzusetzen.
    Erneut füllte er den Kanister auf.
    Im Wald trat Karen zu ihm und flüsterte: »Er muss den Küchenherd anheizen.«
    Harald nickte und eilte weiter. Zum achten Mal ließ er den Kanisterinhalt in den Flugzeugtank rinnen, zum neunten Mal rannte er los. Der Posten war nirgendwo zu sehen, und Karen hob den Daumen zum Zeichen, dass die Luft rein war. Unbehelligt füllte Harald den Kanister und kehrte zur Kirche zurück. Der Tank war nun, genau wie er es vorausberechnet hatte, randvoll, und es blieb sogar noch etwas Benzin übrig. Nun brauchte er nur noch die Reservefüllung, die er in der Kabine deponieren wollte. Er machte sich ein letztes Mal auf den Weg.
    Am Waldrand hielt Karen ihn auf und deutete auf den Wachposten, der neben dem Tankwagen stand. Harald erkannte mit Bestürzung, dass er vor lauter Eile vergessen hatte, den Benzinschlauch wieder an seinen Haken zu hängen, sodass er unordentlich herabbaumelte. Misstrauisch sah sich der Soldat um, dann hängte er den Schlauch an seinen Haken. Er blieb eine ganze Weile lang stehen. Schließlich zog er seine Zigaretten heraus, steckte sich eine in den Mund und öffnete eine Streichholzschachtel. Erst kurz bevor er das Zündholz anstrich, entfernte er sich ein paar Schritte von dem Tankwagen.
    Karen flüsterte Harald zu: »Hast du denn immer noch nicht genug Benzin?«
    »Ich brauche noch einen Kanister voll.«
    Der Posten schlenderte rauchend davon, und Harald beschloss, das Risiko einzugehen. Schnell huschte er über den Rasen, musste aber, als er sein Ziel erreichte, die unangenehme Feststellung machen, dass der Tankwagen diesmal nicht die geeignete Deckung bot. Sollte der Soldat sich zufällig umdrehen, würde er Harald sofort erspähen. Er ging aufs Ganze und fing trotzdem an zu pumpen. Der Kanister füllte sich, Harald hängte den Schlauch wieder an Ort und Stelle,
    schraubte den Kanister zu und marschierte davon.
    Er war schon fast im Wald, als er einen Ruf hörte.
    Er stellte sich taub und ging weiter, ohne sich umzudrehen oder seinen Schritt zu beschleunigen.
    Der Wachposten rief ihn ein zweites Mal an. Dann hörte Harald Stiefelgetrampel, das sich im Laufschritt näherte.
    Er verschwand zwischen den Bäumen. Karen war sofort bei ihm. »Versteck dich!«, flüsterte sie ihm zu. »Ich lenke ihn ab.«
    Harald rannte auf ein Gebüsch zu, warf sich flach auf den Boden und robbte, den Kanister hinter sich her ziehend, unter die dicht belaubten Zweige eines großen Strauchs. Thor, der das für ein Spiel hielt, wollte ihm folgen, doch Harald gab ihm einen heftigen Klaps auf die Nase. Beleidigt zog sich der Hund zurück.
    »Wo ist der Mann?«, hörte Harald den Wachposten sagen.
    »Meinst du Christian?«, fragte Karen.
    »Wer ist das?«
    »Einer von den Gärtnern. Du siehst unglaublich gut aus, wenn du wütend bist, Ludwig.«
    »Darum geht‘s jetzt nicht! Was macht der hier?«
    »Er behandelt kranke Bäume. In dem Kanister ist so ein Zeug, das diese ekligen Pilze an den Stämmen vernichtet.«
    Raffiniert, dachte Harald, auch wenn sie das deutsche Wort Holzschutzmittel vergessen hat.
    »So früh am Morgen?«, erwiderte Ludwig skeptisch.
    »Er hat mir erzählt, das Zeug wirkt am besten, wenn‘s noch kühl ist.«
    »Ich hab ihn von unserem Tankwagen weggehen sehen.«
    »Da ist doch Benzin drin! Was soll Christian denn mit Benzin anfangen? Er hat doch gar kein Auto. Wahrscheinlich ist er bloß über den Rasen gegangen, weil das kürzer ist.«
    »Hm, also, ich weiß nicht.« Ludwig war noch immer nicht

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