Mitternachtsspitzen: Roman (German Edition)
stummes Flehen. Es brach ihm fast das Herz… Und dann bewegte sich das Bündel.
»Du hast eine Tochter«, sagte sie weich. »Sie heißt Elizabeth, aber ich nenne sie Beth. Beth Cain.«
Er spähte auf ein winziges Gesichtsoval. Alles an ihr war zart und doch zauberhaft perfekt. Beth hatte weichen, hellblonden Flaum, schmale, dunkle Augenbrauen und eine kleine Stupsnase. Cain überlief ein merkwürdiges Prickeln. Hatte er tatsächlich ein so vollkommenes Geschöpf geschaffen? Und dann gähnte die Kleine, ihre rosigen Lider flatterten auf, und er verlor sein Herz an ein zweites Paar strahlend lavendelfarbener Augen.
Einen schöneren Augenblick im Leben wusste Kit sich nicht vorzustellen. Behutsam schob sie die Decke zurück, und er betrachtete andächtig das kleine Wesen. Schließlich hob sie Beth auf und hielt sie ihm hin.
Cain musterte sie unschlüssig.
»Na, komm.« Sie lächelte weich. »Nimm sie schon.«
Als er das Baby sanft an seine Brust drückte, mutete der kleine Körper in seinen riesigen Händen fast verloren an. Beth strampelte und wandte den Kopf zu dem Fremden, der sie im Arm hielt.
»Hallo, mein Schatz«, murmelte er zärtlich.
Den ganzen Nachmittag verbrachten Cain und Kit spielend mit ihrer Tochter. Kit entkleidete sie, und ihr Vater überzeugte sich davon, dass ihr nichts fehlte. Und Beth arbeitete mit allen Tricks: Sie lächelte, griff nach seinen großen Fingern und gluckste, als Cain ihr den Bauch kitzelte.
Miss Dolly schaute kurz nach ihnen und verschwand dann auf ein Nickerchen im Nebenraum. Das Leben war schon merkwürdig, dachte sie, als sie eindöste, aber auch interessant. Künftig würde sie die kleine Elizabeth unter ihre Fittiche nehmen müssen. Sie konnte sich wahrlich nicht darauf verlassen, dass Katharine Louise dem Kind das vermittelte, was eine vornehme junge Dame wissen musste. Eine große Herausforderung. Miss Dolly drehte sich der Kopf wie ein Brummkreisel. Wirklich eine Tragödie, was in Appomatox passierte, aber vermutlich war es so am besten. Sie hatte auch ohne die Kriegswirren genug zu tun …
Im Nebenzimmer wurde Beth schließlich unruhig. Als sie ihren winzigen Mund verzog und protestierend losbrüllte, schaute Cain alarmiert zu Kit. »Was hat sie denn auf einmal?«
»Hunger. Ich hab ganz vergessen, sie zu stillen.«
Sie nahm Beth auf und trug sie zu einem Sessel neben dem Fenster. Sobald sie saß, drehte die Kleine den Kopf und nuckelte an dem taubengrauen Stoff, der Kits Brüste umspannte. Als nichts passierte, wurde sie noch unleidlicher.
Kit spähte von Beth zu ihrem Mann. Es war ihr plötzlich peinlich, das Kind in seinem Beisein zu stillen.
Cain lag auf dem Bett und beobachtete die beiden. Er sah seine hungrige Tochter und ahnte um Kits Verlegenheit. Geschmeidig stand er auf und schlenderte zu ihnen. Umschloss Kits Wange. Seine Hand glitt über den grauen Spitzeneinsatz. Behutsam schob er diesen beiseite, löste die rosafarbigen Perlmuttknöpfe und öffnete die Front des Kleides.
Das blaue Band ihres Hemdchens gab mit einem kurzen Ruck nach. Tränen der Rührung glitzerten auf Kits Wangen. Cain beugte sich vor und küsste sie kurz entschlossen weg. Dann streifte er das Hemd für seine Tochter hinunter.
Beth schnappte mit ihrem winzigen Mund zu. Lachend küsste Cain die weichen Nackenfalten. Um dann den Kopf auf Kits süße, volle Brüste zu senken. Als sich ihre Finger in sein Haar gruben, wusste er, dass er endlich ein Zuhause hatte, und das würde er um nichts in der Welt wieder hergeben.
Es gab so vieles, was sie noch unter vier Augen bereden mussten. Und ein Versprechen, das es einzulösen galt. Am Abend, als Beth in der Obhut von Miss Dolly friedlich schlummerte, machten sie einen Ausritt zu einem Canyon im Norden der Stadt.
Während sie ritten, plauderten sie über die Monate des Alleinseins, über alles, was in der Zwischenzeit passiert war, und schließlich auch über ihre Empfindungen. Cain gestand ihr seine tiefen Schuldgefühle, weil er sie verlassen hatte. Allerdings hatte er damals noch nicht gewusst, dass sie schwanger war. Kit gab zu, dass sie Risen Glory unbewusst wie einen Keil zwischen ihre Beziehung getrieben habe. Das Eingeständnis war hart für beide, aber nachher verziehen sie einander bedingungslos.
Nach anfänglichem Zögern erzählte Cain ihr mit zunehmender Begeisterung, dass er sich in der Nähe von Dallas ein Grundstück angesehen habe. »Was würdest du von einer Baumwollspinnerei hier in Texas halten? Hier
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