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Mitternachtsspitzen: Roman (German Edition)

Mitternachtsspitzen: Roman (German Edition)

Titel: Mitternachtsspitzen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Elizabeth Phillips
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früheres Leben wieder aufgenommen.
    Ließ sich ziellos treiben.

21
    Sie traf in der zweiten Novemberwoche in Texas ein. Es war eine lange, anstrengende Fahrt, zumal sie nicht allein reiste.
    Die unbewohnten Weiten von Texas verblüfften sie. Die Landschaft war so vollkommen anders als in South Carolina  – die endlos flache Prärie und dann das zerklüftete Bergland, wo spindeldürre Bäume aus Felsen wuchsen und Steppengrasbüschel über die kargen Anhöhen wehten. Sie erfuhr, dass die Canyons bei Unwettern überflutet waren und bisweilen ganze Viehherden ertranken. Und dass die sengende Sommersonne derart brannte, dass in dem hart gebackenen Boden Risse aufklaffen. Und doch, irgendwie gefiel ihr dieses Land. Mag sein, dass das Unbekannte Kit reizte und herausforderte.
    Je näher sie San Carlos kam, desto mehr zweifelte sie jedoch an ihrem Entschluss. Sie hatte verantwortungslos alles hingeworfen und sich auf die Suche nach einem Mann gemacht, der sie vermutlich gar nicht liebte.
    Als sie die Holztreppe zum Yellow Rose Gambling Palace hochstieg, hatte sie Magenschmerzen vor Aufregung. Seit Tagen brachte sie kaum noch einen Bissen herunter, nicht einmal in ihrem Hotel, wo am Morgen die verlockendsten Düfte aus dem Speisesaal in ihr Zimmer geweht waren. Stattdessen hatte sie sich viel Zeit mit dem Anziehen gelassen, diverse Frisuren ausprobiert, sich mehrfach umgezogen und sorgsam kontrolliert, ob auch sämtliche Knöpfe und Haken geschlossen waren.
    Schließlich entschied sie sich für das taubengraue Kleid mit der rosafarbenen Paspelierung. Jenes, das sie auch bei ihrer Rückkehr nach Risen Glory getragen hatte. Sie setzte den passenden Hut auf und verschleierte ihr Gesicht.
Irgendwie tröstete sie der Gedanke, dass es wieder genau wie damals wäre. Indes saß das Kleid inzwischen anders, es spannte über ihren Brüsten, wie zum Beweis, dass nichts blieb, wie es war.
    Ihre behandschuhten Finger zitterten kaum merklich, als sie die Schwingtür zum Saloon aufdrückte. Einen Moment lang zögerte sie, dann fasste sie sich ein Herz und trat ein.
    Soweit sie wusste, war das Yellow Rose der exklusivste Spielsalon in San Carlos. Ihr Blick fiel auf rotgolden gestreifte Tapeten und Kristalllüster. Eine geschnitzte Bar aus Mahagoniholz nahm die Länge des Raums ein, dahinter hing ein Akt einer liegenden Nackten mit tizianroten Locken, eine gelbe Rose kokett zwischen ihren perlweißen Zähnen. Sie war auf eine Landkarte von Texas gemalt – ihr Kopf ruhte neben Texarkana und ihre Füße über dem Rio Grande. Das Gemälde gab Kit neuen Mut, zumal die Frau sie stark an Veronica erinnerte.
    Es war kurz vor Mittag, und nur wenige Männer saßen an der Bar. Einer nach dem anderen verstummten sie, drehten sich um und musterten die aparte Erscheinung. Obwohl sie ihr Gesicht nur schemenhaft erkennen konnten, signalisierten Kits Kleidung und Verhalten, dass sie keinesfalls zu der Kategorie Frauen gehörte, die solche Etablissements frequentierten, auch nicht das elegante Yellow Rose.
    Der Barkeeper räusperte sich nervös. »Was kann ich für Sie tun, Ma’am?«
    »Ich möchte Baron Cain sprechen.«
    Er spähte unschlüssig zu einer Wendeltreppe im hinteren Teil des Raums und dann wieder auf das Glas, das er gerade polierte. »Kenne hier keinen, der so heißt.«
    Kit schob sich am Tresen vorbei und steuerte in Richtung Treppe.
    Der Mann schoss hinter der Bar hervor. »He! Sie können da nicht hochgehen!«
    »Und ob ich das kann.« Kit ging ungerührt weiter. »Und wenn Sie nicht wollen, dass ich im falschen Zimmer lande, dann verraten Sie mir besser gleich, wo ich Mr. Cain finde.«
    Der Barkeeper war ein Baum von einem Mann, mit der Brust eines Ringers und muskelbepackten Armen. Gewohnt, mit betrunkenen Cowboys und Revolverhelden umzuspringen, war er im Umgang mit einer Dame absolut hilflos. »Das letzte Zimmer auf der linken Seite«, knirschte er. »Wenn das mal gut geht.«
    »Danke.« Hoch erhobenen Hauptes, die Schultern gestrafft, rauschte Kit majestätisch die Stufen hinauf. Sie hoffte nur, dass man ihr nicht ansah, wie mulmig ihr zumute war.
     
    Die Frau hieß Ernestine Agnes Jones, aber für die Männer im Yellow Rose war sie immer nur Red River Ruby. Wie die meisten Leute, die in den Westen gekommen waren, hatte Ruby die Vergangenheit mitsamt ihrem Namen ausgelöscht und es dabei belassen.
    Trotz Schminke, Cremes und sorgfältig nachgezogener Lippen wirkte Ruby älter als achtundzwanzig. Man sah ihr an, dass sie es nicht

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