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Mitternachtsspitzen: Roman (German Edition)

Mitternachtsspitzen: Roman (German Edition)

Titel: Mitternachtsspitzen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Elizabeth Phillips
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auszureiten.
    Sie frisierte ihr Haar zu einem langen Nackenzopf. Einige widerspenstige Strähnen lockten sich um ihre Schläfen und die silbernen Ohrringe – ihr einziger Schmuck. Zum Schutz vor der Sonne setzte sie eine schwarzlederne Jungenkappe mit kleinem Schirm auf.
    So ausstaffiert, betrachtete sie sich im Spiegel. Trotz
ihrer maskulinen Aufmachung hätte sie niemand für einen Jungen gehalten, zumal der weiche Hemdstoff ihre Brüste stärker betonte, als sie vermutet hatte. Und die schmal geschnittene Jungenhose unterstrich ihre wohl gerundeten Hüften.
    Und wenn schon! Sie konnte diese eigenwillige Montur ja ohnehin nur tragen, wenn sie auf Risen Glory ausritt. Ansonsten war ihr funkelnagelneues Reitkostüm gefragt, das allerdings scheußlich einengend war. Bei der Vorstellung, dass sie dann im Damensitz würde reiten müssen wie bei ihren gelegentlichen Ausflügen im Central Park, verzog sie missmutig das Gesicht. Der Damensattel war ihr ein Gräuel, weil er einem jede Freiheit und Bewegungsfreude nahm.
    Geräuschlos schlüpfte sie aus dem Haus, verzichtete auf das Frühstück und auf ein morgendliches Plauderstündchen mit Sophronia. Ihre Freundin war am Abend vorher noch zu ihr ins Zimmer gekommen. Obschon sie höflich Kits Geschichten lauschte, erzählte sie kaum von sich. Sobald Kit nachbohrte, reagierte sie ausweichend und verlegte sich stattdessen auf irgendwelchen Klatsch aus der Nachbarschaft. Und ihre Fragen nach Magnus Owen hatte Sophronia schnippisch abgeblockt.
    Sophronia war und blieb ihr ein Rätsel. Nicht nur wegen der schönen Kleider und dem gepflegten Äußeren. Nein, Sophronia hegte irgendeine Abneigung gegen sie. Vielleicht hatte sie das als Kind bloß nicht gemerkt. Andererseits spürte sie die Zuneigung, die die junge Schwarze ihr entgegenbrachte.
    Draußen atmete sie die frische Luft in vollen Zügen ein. Es roch würzig-herb und erdig, noch genau wie früher, und auch entfernt nach Stinktier, aber nicht einmal unangenehm. Merlin begrüßte sie, sie kraulte ihm die Ohren und warf ihm Stöckchen.
    Die Pferde waren noch nicht auf der Koppel, also schlüpfte sie in den neuen Stall – den alten hatten die Yankees bis auf die Fundamente niedergebrannt. Ihre Absätze klackerten über den blitzsauber gefegten Steinboden.
    Von den zehn Stallboxen waren vier belegt, zwei mit Kutschpferden. Sie inspizierte die beiden anderen. Die sanftmütige alte Stute schied augenblicklich aus. Sie war genau das Richtige für einen vorsichtigen Reiter, aber nichts für Kit.
    Das zweite Pferd faszinierte sie. Der schwarze Hengst mit der weißen Blesse war ein großes, temperamentvolles Tier mit wachsamen Augen.
    Behutsam streichelte sie den langen, schlanken Nacken. »Wie heißt du denn, mein Junge?«
    Der Hengst warf leise schnaubend den Kopf zurück.
    Kit strahlte. »Ich wette, wir werden bestimmt gute Freunde.«
    In diesem Augenblick sprang die Stalltür auf und ein etwa elf- bis zwölfjähriger Junge stürmte ins Innere.
    Sind Sie Miz Kit?«
    »Ja. Und wer bist du?«
    »Ich bin Samuel. Der Major hat gesagt, wenn Sie reiten möchten, soll ich Lady für Sie satteln.«
    Kit spähte skeptisch zu der alten Mähre. »Lady?«
    »Ja Ma’am.«
    »Tut mir leid, Samuel, aber da wird nichts draus.« Sie tätschelte die seidige Mähne des Hengstes. »Du sattelst mir den hier.«
    »Das ist Temptation, Ma’am. Und der Major hat mir genaue Anweisungen mitgegeben. Er hat ausdrücklich gesagt, dass Temptation im Stall bleibt und Sie Lady reiten. Und wenn er Sie draußen auf Temptation erwischt, dann setzt er mich auf die Straße, und Sie sind Schuld.«
    Soso, jetzt manipulierte der skrupellose Yankee auch noch diesen naiven Jungen. Sehnsüchtig blickte sie zu dem feurigen Hengst.
    »Also gut, sattle Lady.« Sie seufzte. »Ich rede mit Mr. Cain.«
    Wie erwartet interessierte sich Lady mehr für die satten Wiesen als für einen rassigen Galopp. Kit bedrängte die Stute schließlich nicht mehr, sondern fiel in einen leichten Trab und schaute sich aufmerksam um.
    Von den alten Sklavenhütten standen nur noch wenige. Im Grunde genommen war Kit froh darüber. Die übrigen waren frisch angestrichen und hatten kleine Blumengärten. Kit winkte den Kindern, die unter den schattenspendenden Bäumen spielten – genau wie sie selbst früher.
    Als sie das erste Baumwollfeld erreichte, saß sie ab und schlenderte zu Fuß weiter. Die jungen Pflanzen setzten bereits Knospen an. Eine Eidechse huschte an ihr vorbei. Sie lächelte.

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