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Mitternachtsspitzen: Roman (German Edition)

Mitternachtsspitzen: Roman (German Edition)

Titel: Mitternachtsspitzen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Elizabeth Phillips
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Eidechsen, Kröten, Mauerschwalben und Spottdrosseln vertilgten das Ungeziefer, das den Pflanzungen zusetzte. Alles in allem sah es nach einer guten Ernte aus. Eine Mischung aus Stolz und Verärgerung erfasste sie. Eigentlich war es ihre Ernte und nicht die von Cain.
    Während sie die ausgedehnten Pflanzungen inspizierte, ergriff sie zunehmend Panik. Es sah weitaus einträglicher aus, als sie gehofft hatte. Was, wenn der Treuhandfonds nicht ausreichte, um Risen Glory zurückzukaufen? Irgendwie musste sie Einblick in die Geschäftsbücher erlangen. Die fatale Möglichkeit, dass er vielleicht gar nicht verkaufen wollte, wischte sie kurzerhand vom Tisch.
    Kit schlenderte zu Lady, die friedlich graste, und fasste die herabhängenden Zügel. Sie schwang sich in den Sattel und ritt zu dem Weiher, wo sie in den heißen Sommermonaten häufig geschwommen war. Er war noch da, mit glasklarem Quellwasser und einem weidengesäumten
Ufer. Sie nahm sich fest vor, dort heimlich baden zu gehen.
    Dann ritt sie zu dem kleinen Friedhof, wo ihre Mutter und ihre Großeltern begraben lagen. Ihr Vater war in einem Massengrab in Hardin County, Tennessee, beigesetzt worden. Vor dem schmiedeeisernen Zaun hielt sie an. Weit hinter dem Zaun lag Rosemary Weston abgeschieden in einer Einzelgruft.
    Missmutig ritt sie weiter, zu der neuen Spinnerei, von der Brandon Parsell ihr erzählt hatte. Hinter einer kleinen Lichtung erspähte sie einen riesigen Braunen. Das war sicher Vandal. Samuel hatte das Pferd erwähnt, als er Lady für sie sattelte. Der Hengst war ein schönes Tier, aber kein Vergleich mit Apollo. Schlagartig schoss ihr durch den Kopf, was Magnus seinerzeit über Cain gesagt hatte.
    Der Major hängt sich nicht an Dinge, die er mag.
    Sobald sie die Bäume passiert hatte, ragte die neue Spinnerei vor ihr auf. Für gewöhnlich verschiffte der Süden den Großteil der Rohbaumwolle zur Weiterverarbeitung nach England. In den Jahren nach dem Krieg entstanden allerdings auch auf den Plantagen vereinzelt Spinnereien, die Baumwollgarne für die englischen Webereien herstellten. Das war gewiss sinnvoll, trotzdem hätte Kit es lieber gesehen, wenn dieser Fortschritt spurlos an Risen Glory vorbeigegangen wäre.
    Am Abend zuvor hatte Kit Sophronia nach Cains Fabrik ausgefragt und erfahren, dass es sich dabei um eine reine Spinnerei handelte. Dort werde die Baumwolle gereinigt, sortiert und zu Garn versponnen.
    Die junge Frau betrachtete das zweieinhalbstöckige Ziegelgebäude mit den vielen Fenstern. Es war bei weitem niedriger als die großen Textilwebereien am Merrimack River in Neu England, dennoch wirkte es auf Risen Glory
wie ein bedrohlicher Fremdkörper. Zudem machte es die ganze Sache noch komplizierter.
    An dem Fabrikgebäude wurde fleißig gezimmert, Arbeiter brüllten sich gegenseitig Anweisungen zu. Drei Männer arbeiteten auf dem Dach, ein vierter kletterte eben über eine angelehnte Leiter nach oben, einen Packen Schindeln auf dem Rücken.
    Sie hatten die Hemden ausgezogen. Einer von ihnen spannte seinen beachtlichen Bizeps an. Kit erkannte ihn auf Anhieb. Sie ritt näher und saß ab.
    Ein massiger Mann mit einer Schubkarre sah sie und stieß den Arbeiter neben sich an. Beide unterbrachen ihre Tätigkeit und starrten zu ihr. Unvermittelt verebbte der Baulärm, denn die Männer traten aus dem Gebäude oder spähten durch die Fenster, um einen Blick auf die junge Frau in Männerkleidung zu erhaschen.
    Cain bemerkte die plötzliche Stille und schaute vom Dach geradewegs auf eine Reitkappe. Er konnte sich lebhaft vorstellen, wer sich darunter verbarg. Ein Blick auf die zierliche Silhouette in weißem Hemd und khakifarbener Reithose, die ihre langen, schlanken Beine betonte, sagte ihm alles.
    Er schwang sich auf die Leiter und kletterte blitzartig hinunter. Unten angekommen, drehte er sich zu Kit und betrachtete sie. Grundgütiger, was für eine Schönheit.
    Kit errötete verlegen. Mist, sie hätte das schickliche, aber wahnsinnig unbequeme Reitkostüm anziehen sollen. Aber statt sie zurechtzuweisen, schien Cain ihr Äußeres zu gefallen. Um seine Mundwinkel herum zuckte es.
    »Du magst zwar Hosen tragen, aber du siehst trotzdem nicht mehr aus wie mein Stalljunge.«
    »Hören Sie auf damit«, fauchte sie ärgerlich.
    »Womit?«
    »Zu grinsen.«
    »Darf ich nicht mehr grinsen?«
    »Sie haben es erfasst. Es sieht blöd aus. Missmutig gefallen Sie mir besser.«
    »Ich werd’s mir merken.« Er fasste ihren Arm und zog sie zur Tür der

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