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Mitternachtsspuren - Mignani, L: Mitternachtsspuren

Mitternachtsspuren - Mignani, L: Mitternachtsspuren

Titel: Mitternachtsspuren - Mignani, L: Mitternachtsspuren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Mignani
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Seltsame Kreatur.
    Sie aß Naturjoghurt mit Erdbeeren, um die Kohlenhydrate in Grenzen zu halten.
    „Hundefutter brauche ich dir nicht hinzustellen. Was hältst du von Lasagne zum Mittag?“
    Sie schüttelte den Kopf. Für sich allein zu kochen war unerfreulich, jetzt freute sie sich, mit einem Hund zu essen. Was stellte sie für ein armseliges Lebewesen dar? Diesen Gedankengang musste sie sofort beenden. Sie hatte das Singledasein freiwillig gewählt und ging Verabredungen aus dem Weg. Erst musste sie Brian vergessen, bevor sie bereitwillig eine neue Beziehung eingehen konnte.
    Sie presste wütend die Lippen zusammen. Nur eine Lobotomie versprach Erleichterung.
    Eigentlich genoss sie es, Single zu sein, sie brauchte niemandem Rechenschaft abzulegen. Sie herrschte über die Fernbedienung und konnte an ihrenEntwürfen arbeiten, wann ihr der Sinn danach stand. Aus jetziger Sicht hielt sie es für unmöglich, zu heiraten, dennoch wollte sie auf keinen Fall zu einer der Frauen werden, die einsam starben und deren Überreste von Katzen gefressen wurden.
    Sie sah Tumble an. Katzen standen außer Frage. Wahrscheinlich fraß er zuerst die Katzen.
    Als sie an dem Küchentisch saß und zur Ruhe kam, war sie gewillt, sich mit dem Erlebnis auseinanderzusetzen. Nachdenklich starrte sie in den großen Becher Tee, der sie in allen Lebenslagen rettete und selten seine Wirkung verfehlte. Der schwarze Rosentee gehörte zu ihren Favoriten. Shrek grinste ihr von der Oberfläche der Tasse entgegen.
    Gestern hatte sie die Schatten als Einbildung abgetan. Das war heute illusorisch. Sie war dem Tod nur um Haaresbreite entgangen. Wenn dieses Wesen sie erreicht hätte ...
    Sie unterbrach die schreckliche Vorstellung, es war wenig sinnvoll, sich das Grauen auszumalen.
    Ihre Gedanken wanderten weiter zu ihrer Tante Una. Sie hatte das Cottage überraschend von ihr geerbt. Soweit sie wusste, befand es sich seit Generationen in Familienbesitz. Eine ihr unbekannte Familie. Ihre Nachforschungen liefen ins Leere, Großbritannien besaß keine Meldepflicht. Trotzdem, wenigstens ein Schnipsel an Informationen müsste zu finden sein. Ob Una von den Glyphen gewusst hatte, sie angebracht hatte? Das würde sie nie erfahren. Una war die einzige Verwandte, mit der sie bis jetzt Kontakt hatte und auch sie lernte sie erst kurz vor ihrem Tod kennen. Eine seltene Blutkrankheit brach von einem Tag zum anderen aus. Einen Krankenhausaufenthalt hatte sie abgelehnt und nur eine Pflegerin begleitete sie in den letzten Tagen.
    Irgendetwas fehlte in Morvens Erinnerungen. Wenn sie an Una dachte, glich ihr Verstand einem Sumpf. Sogar das Aussehen der Pflegerin war aus ihrem Bewusstsein verschwunden. Zum ersten Mal realisierte sie es bewusst. Als ob das Loch in ihrem Hirn mit einer zähflüssigen Masse aufgefüllt worden war, die nur mit großer Mühe durchdrungen werden konnte.
    Eine weitere Erkenntnis rammte sie. Die Erinnerung, wie Una sie kontaktiert hatte, fehlte. Sie erinnerte sich, dass sie an ihrem Bett gesessen hatte, aber weder wie sie dorthin gekommen war noch wer sie zu Una gebracht hatte. Die Gedächtnislücken schmerzten, als wären die Bilder mit Nadeln aus ihrem Gehirn entfernt worden.
    Morven war bei einer Pflegefamilie aufgewachsen. Als Teenager hasste sie ihre leibliche Mutter, aber über die Jahre schloss sie Frieden mit ihr. Sie musste eine verzweifelte junge Frau gewesen sein und es war unmöglich, auf jemanden zornig zu sein, den sie nicht kannte. Ihr Vater füllte den Platz des Niederträchtigen aus, der seine unglückliche schwangere Geliebte im Stichgelassen hatte. Vielleicht war sie die Frucht einer Vergewaltigung und ihre Mutter konnte es nicht ertragen, ständig daran erinnert zu werden. Sie konnte es ihr nicht verdenken.
    Tumble legte seinen Kopf auf ihre Knie und seine Wärme beruhigte sie. Sie kraulte ihn hinter den Ohren und küsste ihn auf die Stirn. Sie rief sich die wenigen Worte ins Gedächtnis, die Una zu ihr gesagt hatte.
    Egal was passiert, im Cottage wirst du in Sicherheit sein. Das Böse darf ohne Einladung nicht hinein
.
    Am Krankenbett hatte sie nicht weiter über den Satz nachgedacht und tat ihn als Hirngespinst einer Frau ab, die mit dem Tode kämpfte. Sie fand keine Antwort darauf, wieso Una aus heiterem Himmel an sie herangetreten war. Das bekräftigte die Idee, dass sie das Erzeugnis einer Vergewaltigung war. Jetzt sah sie alles in einem neuen Licht.
    Nach ihrem Tod hatte sie die Asche im Wald verstreut, Unas letzter Wunsch.

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