Mitternachtsspuren - Mignani, L: Mitternachtsspuren
passte nicht annähernd, er repräsentierte einen Albtraum.
Als sie sich der Tür näherten, wusste er sofort, dass von dem Haus Gefahr ausging, denn in ihm wohnte kein Mensch.
Er bemerkte den überwucherten Vorgarten. Die Blumen standen in voller Blüte. Die nachwachsenden Knospen sprossen unnatürlich groß und in intensiven Farben. In den angrenzenden Gärten wuchs nichts, die Rasenflächen zeigten mehr grau als grün. Morven reagierte stirnrunzelnd auf den Anblick und berührte eine der blutroten Rosen. Kendrick drängte gegen sie, damit sie die Blüte losließ, denn sie vibrierte vor Magie. Sie klingelte und lächelte ihn an. Wenn er ein normaler Mann wäre, würde er zerschmelzen.
Eine Rothaarige öffnete die Tür, weder hübsch noch hässlich. Die Form, in der sie vor ihnen stand, entsprach nicht ihrer wahren Gestalt, in Wahrheit besaß sie eine unmenschliche Schönheit.
Er hatte diesen Geruch heute schon einmal bei Brian in der Nase gehabt. Betty war die Meduris, eine manipulative Kreatur.
Aber was zum Henker hatte sie mit den Angelus zu tun? Und was wollte sie von Morven?
Betty betrachtete ihn kalkulierend. Sie wusste nicht, was vor ihr weilte, niemand konnte durch seine Tarnung sehen. Sie umarmte Morven und ging in die Knie.
„Wer ist das?“
„Tumble. Ich habe ihn vor ein paar Tagen gekauft.“
Interessante Worte, er bemerkte kein Zögern.
„Das hast du gestern nicht erwähnt.“
„Hab ich vergessen in der ganzen Aufregung. Du weißt, in Gedanken beschäftige ich mich mit Schnittmustern und Designs.“ Sie lächelte Betty an.
„Ich habe einen passenden Laden auf der High Street gefunden. Er wäre perfekt für das
Kit Out
und steht seit Längerem leer.“
Betty legte eine Hand auf ihn, seine Haut prickelte durch das dichte Fell. Er musste sich zusammenreißen, dass er sie nicht angriff.
Die Meduris trat zur Seite und die Tür fiel hinter ihnen ins Schloss. Kendrick konnte sich des Gefühls nicht erwehren, in eine Falle zu tappen.
„Dir geht es besser.“ Morven umarmte Betty, klammerte sich eine Sekunde an ihr fest. Das Mädchen war wirklich einsam. „In der Tasche findest du Weintrauben und deine Lieblingskekse. Die mit der Schokolade.“
Betty lächelte sie dankbar an. Was für eine hinterhältige Schlange.
„Wie war die Ladys Party?“
„Großartig. Unterhaltsam und lukrativ. Du willst mir den gesamten Verdienst überlassen?“
Betty nickte und setzte sich seufzend auf die Couch. Ihre Augenfarbe glich der von Morvens Augen, ein tiefes Grün-Blau.
Meduren vermieden es, das Interesse der Lugus auf sich zu ziehen. Jetzt besaß sie ihre ungeteilte Aufmerksamkeit. Das Miststück hatte Morven dorthin geschickt, daher wussten die Angelus, wo sie suchen mussten. Wollte sie Morven töten? Das Augenmerk der Lugus auf die Kreaturen lenken? Oder auf sich selbst? Er witterte eine unbekannte Dunkelheit in ihr, eine Finsternis, wie er sie noch nie gespürt hatte, durchtränkt mit tief gehender Furcht.
Er begann sich zu fragen, wie viel Nosferat davon wusste.
Morven durfte ihr nicht von der Begegnung mit ihm erzählen, es würde das Misstrauen der Meduris erwecken. Sie sollte nicht wissen, dass sie ihre Beachtung bereits besaß.
„Du kannst dir nicht vorstellen, was ich gestern erlebt habe.“
Kendrick biss in die Tischdecke, mit einem Ruck zog er sie vom Tisch. Krachend und klirrend fielen Teetassen und Teekanne auf den Boden.
„Tumble!“
Morven sprang auf, kniff fest in seinen Nacken. Er ließ es zu, dass sie ihn festhielt.
„Es tut mir leid, Betty.“
Morven fegte die Scherben auf, während sie ihn böse ansah. Kendrick grinste innerlich. Mit dem Blick könnte sie einen Hamster erschrecken, aber nicht ihn. Ihre Augenfarbe erinnerte ihn an einen stürmischen See.
„Das Geschirr war nicht teuer. Du wolltest mir dein Erlebnis erzählen.“Betty betrachtete ihn nachdenklich, tauchte in seinen Kopf ein. Seine Barrieren unternahmen keinen Versuch, sie davon abzuhalten. Sie fand genau das, was sie im Gehirn eines Hundes erwartete. In die Gedanken eines Lugus verstand sie nicht, einzudringen. Hätte er sie abgehalten, wüsste sie sofort, was er war.
„Ungewöhnliche Augen.“ Die Meduris atmete witternd ein.
Morven öffnete den Mund. Das durfte er nicht zulassen. Er hob sein Bein und pinkelte gegen den Türrahmen.
„Tumble!“ Dieses Mal packte sie nicht nur seinen Nacken, sie rollte eine Zeitung zusammen und schlug ihm auf den Hintern. Derart scharf wäre es nicht nötig
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