Mitternachtsspuren - Mignani, L: Mitternachtsspuren
nicht freiwillig erschienen, hätte ich dich persönlich an den Haaren hierhergeschleift. Unsere Zeit ist zu kostbar, um sie zu verschwenden.“
Eines musste Kendrick ihr zugestehen. Sie hatte sich in der Gewalt, ihre Gesichtszüge blieben regungslos.
„Was willst du?“ Nosferats Stimme klang schrecklich ruhig, bedrohlich wie die Hölle selbst.
Katzengleich sank sie auf den Stuhl zurück, spreizte ihre Beine und stützte die Unterarme auf ihre Oberschenkel.
„So viele starke Lugus, um eine wehrlose Frau zu bewachen. Ich fühle mich ein wenig geschmeichelt.“
Nosferat umklammerte ihr Kinn mit einem eisernen Griff, bevor Kendrick blinzeln konnte. Kendrick sah sein Schutztattoo, ein kleines verschlungenes L auf seinem Nacken aufblitzen. Nosferat wusste genau, mit was er es zu tun hatte. Kendrick ahnte, dass es eine nie da gewesene Bedrohung war.
„Noch ein weiteres belangloses Wort und ich lasse dich in die Nordsee werfen. Vorher dürfen Taran und Diskar sich mit dir beschäftigen und es sei dir versichert, es stellt mitnichten eine angenehme Erfahrung dar.“
„Wie du willst, Nosferat. Ihr habt die Armanach von den Angelus gestohlen. Mit diesem kriegerischen Akt gefährdet ihr den Frieden.“ Mit kalter Mimik betrachtete sie Kendrick.
„Du, mein Freund, riechst nach ihr. Anscheinend vergeudest du keine Zeit. Musstest du sie zwingen? Derart prüde, wie sie ist, kann sie dich kaum angemessen befriedigen. Du liebst es hart, stehst auf Fesselungen und Peitschen.“ Ihre Augen schimmerten gierig. „Das hält sie nicht aus. Bis jetzt ist sie über schlechten Blümchensex nicht hinausgekommen und sie schmachtet förmlich nach Zuwendung.“
Kendrick verspürte den Drang, seine Hände um Bethanas Hals zu legen, sie langsam zu erwürgen. Mit Mühe behielt er seine entspannte Körperhaltung.
„Dabei hat sie einen verführerischen Körper. Die Angelus wüssten ihn zu behandeln.“
Bethana reizte sie mit voller Absicht. Lior fasste sie an der Kehle, bevorKendrick es tun konnte.
„Bethana, du verlässt unsere Insel und kannst dem Engelabschaum mitteilen, dass Morven nicht verhandelbar ist.“ Seine Stimme war eine heiße Drohung.
Die Meduris packte Liors Arm und rammte ihre Zähne in seine Haut. Was zum Teufel? War sie dem Wahnsinn verfallen?
Lior schlug ihr hart ins Gesicht. Die Wucht riss sie von dem Stuhl und Blut lief ihr Kinn hinunter. Mit einer fließenden, menschlich unmöglichen Bewegung, sprang sie auf und trat in seinen Schritt. Sie landete elegant auf den Füßen. Diesmal war es Nosferats Faust, die rücksichtslos das linke Auge traf. Sie unternahm keinen Versuch, den Fall abzufangen und fiel mit einem dumpfen Geräusch auf den Steinboden. Kendrick griff in ihr Haar und sah in Bettys irrsinnige Pupillen, durchzogen mit schwarzen Funken. Das Böse sah ihn an. Er kontrollierte den Impuls, zurückzuweichen. Er spürte die Finsternis unangenehm auf seiner Haut, wie sie in ihn biss, versuchte, in ihn einzudringen. Diese Schwärze in sich zu haben ließ seinen Zustand wie eine Wellnessbehandlung aussehen.
Er hatte keine Zeit, darüber nachzudenken, warum sie den Sturz nicht abgefangen hatte, obwohl sie es mit Leichtigkeit gekonnt hätte. Eine Zehntelsekunde später hörte er ein ersticktes Keuchen, das ihn bis ins Mark ergriff.
Es lief nach Plan. Seine Bestürzung, dass er Morven spürte, bevor er sie sah, wurde von dem Drang unterdrückt, sie in die Arme zu ziehen.
Er warf Nosferat einen Blick purer Düsterkeit zu. Der Oberste erwiderte ihn mit Wärme.
Was zur Hölle!
Betty lag auf dem Boden und Kendrick riss ihren Kopf hoch. Blut bedeckte das Gesicht, die Lippe war aufgeplatzt und ein Auge zugeschwollen. Morven musste etwas tun.
Hilflos starrte sie auf das Grauen. Zu allem Überfluss konnte sie sich kaum auf den Füßen halten, kämpfte gegen eine drohende Bewusstlosigkeit an. Kendrick ließ die Haare los und ihre Freundin knallte mit der Wange auf den Boden.
„Hilf mir.“ Bettys Worte klangen dünn und verzerrt.
In Morven wurde es eiskalt. Die Geschehnisse überrannten sie. Sie ging einen Schritt nach vorn und fiel in Kendricks Arme. Ein hysterisches Schluchzen löste sich aus ihrer Kehle. Sie schlug nach ihm. Der Schmerz in ihrer Schulter und in den Rippen setzte ein. Das laute schrille Geräusch, das durch den Raum hallte, war ihre Stimme, und es war ihr unmöglich, mit dem Schreien aufzuhören.
„Beruhige dich, Morven.“ Er sagte es fast zärtlich. Hielt sie zwar fest, aber sie merkte,
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