Mittland 2 - Das Feuer der Drachen: 1.100 Seiten Fantasy (German Edition)

entgeistert starrenden Gesichter.
    »Macht Platz!«, donnerte eine Stimme. Es handelte sich um den groß gewachsenen und muskulösen Temrat E’rok, der zur Gruppe der Ältesten gehörte und sich die Hauer in unzähligen Kämpfen abgeschliffen hatte, ein einfach gestrickter Sturkopf, der sich lieber heute als morgen Sharkans vergewissert hätte. »Verdammt, geht zur Seite!«
    Hargor konnte gegen das Zittern in seinem Körper kaum noch ankämpfen und wartete darauf, dass sich auch Kr’orat Rugar blicken ließ. Wo Temrat weilte, war Kr’orat selten weit.
    Der Krieger baute sich vor Hargor auf und stemmte die mächtigen Arme in die Hüften. »Was soll das?«, fragte er . In seiner Stimme schwang unverhohlener Zorn. »Bis du wahnsinnig geworden? Einer, dessen Roggas nicht größer sind als Kinderfinger, setzt sich auf den Häuptlingsthron?«
    »Rrrak grommol «, bestätigte Hargor und staunte, wie fest seine Stimme war.
    Einige Orks zückten die Waffen, Äxte und Messer, und Hargor hatte das beklemmende Gefühl, gleich in kleine Teile zerhackt und geschnitten zu werden. Erst war es nur ein Grummeln, dann wurde es lauter. Ächzen, Stimmen und Bewegung kamen in die Zuschauer, bis Temrat, ohne den Blick von Hargor zu wenden, den Arm hob. Sofort trat Stille ein , und Hargor atmete erleichtert aus.
    »Wenn wir dir etwas antun, wirst du Sharkan rufen , und wir werden gegrillt, nicht wahr ?«, säuselte Temrat und legte den Kopf schief. Seine mächtigen Hauer bebten . Geifer sabberte über seine Unterlippe.
    Hargor schwieg und starrte den Ältesten an.
    »Ich vermute, wir haben keine andere Wahl, als dich dort sitzen zu lassen, wenn du es so willst, junger Ork ...« In Temrats Stimme schwang messerscharfe Wut mit. »Dein Drache verschafft dir die Freiheit des Narren, Hargor Othos. Sind eure Gedanken verbunden ? W artest du nur darauf, dass irgendjemand hier etwas falsch macht? Rufst du dann den Drachen , und es ist aus mit den Orks von Zadarsh?«
    Hargor wusste, dass viel auf seine Antwort ankam, deshalb hielt er sie noch zurück.
    Temrat verzerrte das dunkelbraune Gesicht zu einer Fratze und drehte sich um. »Lassen wir ihn dort sitzen, Orks von Zadarsh. Es wird ihm langweilig werden. Irgendwann geht er weg. Er hat den Thron geschändet , was wir nie vergessen werden. Soll e r mit seinem Vierköpfigen davon fliegen, wir halten ihn nicht auf . Er ist nicht länger einer von uns. Wir beten zu Krorra, dem Gott der Düsternis. Er und sein Weib Vr’eta haben uns aus dem Urschlamm der Unterwelt geschaffen. Bei Hargor muss ihnen ein Fehler unterlaufen sein. Hargor Othos ist kein Uruk!«
    Beifälliges Gemurmel.
    »Ihr alle wisst, dass ich diesen frechen Kerl in feine Streifen schneiden könnte, aber Sharkan wird sich an uns allen rächen , und das darf und will ich als euer zukünftiger Häuptling nicht riskieren. Versteht ihr das?«
    Erneut Gemurmel.
    »Kümmern wir uns nicht um ihn. Er ist des Wahnsinns. Das Leben mit dem Drachen hat seinen Verstand zerfressen. Die Götter sind mit den Irrsinnigen – wir jedoch nicht, denn wir sind keine Götter, sondern Orks. Wir lassen niemanden in unserer Mitte, der eine solche Schändung begeht. Noch ist der letzte Kampf nicht gekämpft, noch steht der neue Häuptling nicht fest, noch ist das große Ritual nicht vollzogen. Was dieser vermessene Kerl sich anmaßt , ist unverzeihlich. Eine Provokation. Ohne seinen Drachen würde er sich in die Hosen scheißen. Nur so fühlt er sich stark. Pah ...« Temrat rotzte ins Feuer.
    »Ich fordere dich heraus«, murmelte Hargor.
    Niemand hatte seine Worte gehört, also holte er tief Luft und schrie: »ICH FORDERE DICH HERAUS!«
    Temrat wirbelte herum und starrte Hargor an, als sei dieser eine Unke, die er verspeisen wollte. Ein langsames Grinsen zog sein Gesicht in die Breite. »Habe ... habe ich dich richtig verstanden?«
    »Ich will gegen dich um die Königswürde kämpfen. Gegen dich oder gegen Kr’orat Rugar. Es kann nicht sein, dass ihr beide die Häuptlingswürde wie selbstverständlich an euch reißt, ohne einem anderen Ork von Zadarsh die Möglichkeit zu geben, ebenfalls um die Würde zu kämpfen.«
    Temrat lachte hart. »Niemand wäre Kr’orat oder mir gewachsen ...« Er drehte sich um. »Oder sehe ich das falsch?«
    Die Zustimmung war verhalten, was auch Temrat merkte, denn sein Gesicht verzerrte sich. Er schwankte, an wen er sich wenden sollte. An die Orks von Zadarsh oder an Hargor? Der junge Ork glitt vom Thron und stützte sich auf seine