Mittland 2 - Das Feuer der Drachen: 1.100 Seiten Fantasy (German Edition)

geritten. Wer war so mutig oder so verrückt, diesen Drachen zu reiten?
    »Ein Ork!«, rief Laryssa und schattete ihre Augen mit der Handfläche ab. »Wahnsinn! Der Drache wird von einem Ork geritten! So einer wie der, den Connor und Frethmar auf der Wing getötet haben.«
    Nun erkannte n es auch Bob und Bama, denn sie sperrte den Mund auf , und Speichel lief ihnen aus den Mundwinkel n . Ihre Augen glühten vor Panik und Erinnerung.
    So viele Bilder, die zum Leben erwachten.
    So viele Bilder!
    Brennende Barbs, verkohlende Leichen, glühende Hütten, schreiende Grubentrolle, kreischende Kinder und immer wieder der erbarmungslose Hauch der drei roten Drachen. Palmen und Büsche, Bäume und Gras in Flammen, flüchtendes Getier, es stinkt nach Fleisch und Haaren und nach Holz und Ruß und Tod! Bob und seine Freunde, die einen der Drachen gefangen haben und ihm die Schlinge um den Hals enger und enger ziehen, bis er röchelnd stirbt , und Bob hastet über eine Wiese, gejagt von zwei hasserfüllten Drachen über ihm und die Feuersbrunst und das brennende Getreide und es stinkt und stinkt und die Angst um seine Familie treibt Bob voran, weiter, weiter und Bluma, die in den K lauen eines roten Drachen hängt und Bob fleht und wimmert und schreit und der Drache schleppt seine Tochter davon, während sein kleiner Sohn irgendwo in der Nähe des Dorfes zu Tode stürzt.
    So viele Bilder, die zum Leben erwachen.
    Verrottende schwarze Knochen im Sand, über die der heiße Wind fegt, um den Ruß abzuschmirgeln, bis alles wieder weiß ist. Weiß wie Gebeine und Tod. Es ist eine kalte, alles verschlingende Furcht, die das Blut kocht und die Innereien zu Staub malt, während eisige Steine über die Haut rollen und Haare wie sprödes Kraut zu Boden rieseln, Augen aus der Höhle dringen und die Zunge schwer wird wie Blei, währenddessen die Lunge nicht mehr atmen will. Eine so große Furcht, dass sie sich selbst frisst , und nur noch Kälte bleibt.
    Kochendes Eis!
    Glühende Kälte!
    Bob reckte sich. Bama stellte sich neben ihn, eng an ihn gedrückt, ihr en Arm um seine Hüfte , und sie starrten in den blauen Himmel zum Drachen hoch, als könnten sie ihn nur durch ihre Gedanken dazu zwingen abzudrehen. Sie ahnten, dass es vorbei war. Hier war ihre Reise zu Ende. Und sie fürchteten sich nicht, konnten es nicht, so, wie man irgendwann keine Tränen mehr hat und das Herz nur noch aus Stein ist.
    Laryssa fluchte, sie vermisste ihren Bogen, den man ihr abgenommen hat te , denn sie war aufgewühlt, da sie den Wahnsinn der allumfassenden Furcht nicht hatte. Sie hoffte. So wie man stets hofft, auch wenn man dem Unumstößlichen gegenübersteht, schließlich gab es immer eine Lösung, irgendeine!
    Der Drache schwang sich vor ihnen auf, er wirkte wie ein dunkler See, der kopfüber am Himmel hing und die Sonne verdeckte. Seine schwarzen Schuppen glänzten wie frischer Teer , und die von seinen Flügeln verdrängte Luft rauschte, während er fast auf der Stelle stand und Sand und Staub aufwirbelte. Seine Schädel zuckten , und Rauch quoll aus den Nüstern. Die Reptilienaugen glühten rot in einer Kuhle mit erstaunlich hellen Schuppen. Der Ork richtete sich auf, ohne sich festzuhalten. Er wirkte winzig auf dem Drachenkörper.
    Die Gefährten starr t en nach oben und warte te n auf das Unabänderliche!

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    Diese Winzlinge! , hallte Sharkan in Hargors Kopf , und der Ork zuckte zusammen, so laut war es. Ich werde sie auf der Stelle töten!
    »Warum?«, rief Hargor gegen den heißen Wind an und wusste im selben Moment, wie dämlich diese Frage war. Ihm kam es vor, als sei seine Sprache geschrumpft, seitdem er mit Sharkan unterwegs war. E in ums andere Mal fragte er den Drachen, warum er dieses oder jenes tue. Das war nicht nur ein Zeichen seiner Hilflosigkeit, erkannte Hargor, sondern wies ihn mit bedrückender Konsequenz auf seinen begrenzten Verstand hin.
    Es musste schließlich Fragen geben, die ihm Sharkan nicht so ohne weiteres beantworten konnte, oder etwa nicht? Fragen, die den Schwarzen Vierköpfigen nachdenklich machten, ihn vielleicht von seinem Plan der totalen Vernichtung von Mittland abbrachten?
    Er hoffte, Sharkan würde sich wenig Gedanken über drei einsame Wüstenwanderer machen, denn er wollte jetzt keinen Tod, keine Leichen, kein Feuer. Für den Drachen waren das Ameisen. Der Schwarze war hinter etwas ganz anderem her. Hinter einer wirklichen Bedrohung. Das begriff Hargor, denn er spürte, dass der Drache nervöser geworden war,