Mittland 2 - Das Feuer der Drachen: 1.100 Seiten Fantasy (German Edition)
Elixier!
Er muss nicht lange warten, denn sein feines Gehör nimmt ein Schluchzen wahr, irgendwo aus einer Gasse, unter einem Torbogen vielleicht. Seine sensorische Fähigkeit leitet ihn mit weiten Schwingen an den Ort der Tränen, und als er sich auf einer Mauer niederlässt und mit den Schatten verschmilzt, erkennt er, dass er hier richtig ist.
Ein hässlicher klei ner Mann belästigt ein Mädchen , ein ganz junges Mädchen, das sich ängstlich gegen eine Hauswand drückt .
Der Rabbolo erkennt, dass sie nach einem Fluchtweg sucht, doch der kleine Mann scheint über unangemessene Kräfte zu verfügen, mit denen er sie festhält, seinen Kopf gegen ihren Hals gedrückt, wobei er wispert und droht. Tränen laufen dem Mädchen über das Gesicht , und sie versucht, den Mann mit ihren kleinen Händen wegzustoßen, rüttelt an seiner Schulter, doch der Mann saugt mit weichen Lippen und hat offensichtlich nicht vor, seine Untat zu beenden.
Der Rabbolo fragt sich, was das Mädchen in dieser dunklen und einsamen Gasse gesucht hat? Sie folgt dem Blick des Opfers und begreift. Nicht weit entfernt hockt ein junger Hund auf seinen Hinterpfoten und hechelt. Ist er davon gelaufen? Hat sie ihn gesucht?
Der Rabbolo will nicht warten. Sein Durst steigt ins Unermessliche , und er reckt seine Flügel, spreizt seine Federn und verändert sich. Ein weicher Schimmer legt sich um den schwarzen Vogel, ein nebelig irisierendes Licht, so hell, dass der Mann den Schatten sieht, den er plötzlich wirft, das Mädchen loslässt und herumfährt. Das Mädchen schreit leise und nutzt die Gelegenheit zur Flucht. Ihre harten Sohlen machen ein verstörendes Geräusch, als sie zu ihrem Hund läuft, der sie kläffend empfängt und hinter ihr herrennt, bis Hund und Mädchen nicht mehr zu sehen sind.
Der Mann starrt auf die mysteriöse Erscheinung, und sein Mund öffnet sich. Er will etwas sagen, doch ihm bleiben die Worte im Halse stecken.
Vor ihm steht eine wunderschöne schwarzhaarige Frau. Sie trägt ein ärmelloses dunkelgraues Kleid und um den Hals ein Pentagramm, gepaart mit einem Schwingenmotiv. Ihre Armgelenke schmücken je ein breites Armband, in dem Obsidiane schimmern. An einer Hüftkette hängt eine Waffe aus demselben Material. Das erkennt der Mann sofort, denn er handelt mit Edelsteinen. Sein leicht verdientes Geld verspielt er, und wenn er angetrunken ist, sucht er sich junge Mädchen, an denen er sich vergeht.
»Denke nicht an Flucht, du Dreckskerl«, sagt die Frau mit einer warmen gutturalen Stimme, in der Zorn und Erotik schwingen.
»Wer ... was ... bist du?«, keucht der Mann.
»Deine Erlösung«, sagt sie und neigt den Kopf, ohne den Blick aus ihren großen, schwarz geränderten Augen, von ihm zu lassen.
»Erlösung?«, brabbelt der Mann.
»Bosheit entsteht durch Schwäche. Von dieser Schwäche werde ich dich erlösen. Du bist Abschaum, doch dein Blut unterscheidet sich nicht von dem guter Menschen.«
»Bist du verrückt?«
»Ja«, raunt sie. Sie öffnet den Mund und lächelt. Es knirscht leise, als ihre Eckzähne sich verlängern und ihr Gebiss aussieht wie das eines Raubtieres. Sie springt den erstarrten Mann an und ist unversehens hinter ihm. Sie schlingt ihre Arme um seinen Körper, so dass die Arme des Mannes an dessen Körper gepresst werden. Sie ist blitzschnell, so schnell, dass der Mann es überhaupt nicht wahrnimmt. Sie rammt ihre Zähne in seinen Hals und sucht die Ader. Der Kerl stinkt ungewaschen und sein fransiger Bart ist unangenehm. Doch über so etwas muss die Vampirin hinwegsehen, wenn sie weiterhin existieren will.
De r Mann gurgelt und versucht, sich loszureißen, wackelt mit dem Oberkörper, will sich fallenlassen, zieht die Beine an, doch ihren starken Armen kann er nicht entkommen. Sie verfügt über Kräfte, mit denen sie ihm ohne besondere Anstrengung die Rippen brechen kann , und vielleicht wird sie das auch tun, sozusagen als kleine Sonderbestrafung. Sie hält den Mann im eisernen Griff, ohne darüber nachzudenken und saugt sein Blut. In ihren Ohren tobt ein wildes Meer roter Kraft , und ihre Energie steigt ins Unendliche. Spielerisch drückt sie zu und der Mann röchelt, als seine Rippen brechen und sich die Knochenspitzen in seine Innereien bohren.
Sie trinkt.
Trinkt und ist so lebendig!
Währenddessen wird der Mann schwächer und schwächer, seine Beine geben nach, ihm läuft Rotze aus der Nase, Tränen aus den Augen und Sabber aus dem Mund. Noch wenige Sekunden , dann wird er ohnmächtig
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