Mittland 2 - Das Feuer der Drachen: 1.100 Seiten Fantasy (German Edition)
war ins Götterreich getreten?
Sie wurde ohnmächtig.
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Über Dandoria wacht der Mond.
Das tut er manche Tage im Monat.
Und stets ist es das gleich.
Während er sein kaltes Licht nach Dandoria schickt, wehrt sich die Stadt gegen den Schlaf. In den Gassen herrscht reges Treiben. Huren bieten ihre Dienste an, sich ihrer Macht sichere Händler, die tagsüber seriösen Geschäften nachgehen, torkeln betrunken von Tür zu Tür, denn hinter jeder könnte sich ein Geheimnis verbergen, etwas Neues, ein delikater Reiz ...
Verliebte Paare schlendern zum Hafen und betrachten die im Wellengang leicht schwankenden Schiffe. Sie haben Hoffnung, denn nur so können sie die Liebe leben. Sie erkennen, dass Liebe Leidenschaft ist, und dass sie nur dadurch die Berechtigung ihrer Existenz finden , und vielleicht wird manchem dadurch klar, dass das Leben im Mittland nur eine kleine Strecke auf der Bahn ihrer Existenz ist. Vielleicht ...
Einige Mutige betreten die Kaistraße und halten dort inne, wo Loouis Balger den Golem erschlug. Die Blutflecken an der Mauer wurden, als Erinnerung an diese mutige Tat, nicht entfernt. Vielleicht begreift der eine oder andere, dass Mut nur daran zu messen ist, wen man und wen man nicht auf seiner Seite hat. Vielleicht ...
Elfen begegnen sich in Rundhöfen oder abgelegenen Räumlichkeiten und disputieren über dies und das, immer darauf bedacht , Stil zu bewahren. Wie Heerführer, die stets zu spät zur Schlacht kommen, um dann darüber zu diskutieren. Vielleicht erkennen die Schönen ihren Fehler? Vielleicht ...
Trolle schlurfen durch die Straßen und fragen sich, warum sie sich in Dandoria wohl fühlen. Möglicherweise, weil sie hier tun und lassen können, was sie wollen? Weil sie endlich das Siegel der erreichten Freiheit sehen, auf dem steht, dass sie sich nicht mehr vor sich selbst schämen müssen? Vielleicht ...
Ein einsamer junger Barde überlegt, wie er die Stelle jenes Jamus einnehmen kann, der mit König Rondrick zu den Riesen ging, und inzwischen einen legendären Status errungen hat . Er selbst bemüht sich, doch niemand will ihm zuhören. Er trinkt seinen Wein und starrt an die Decke seiner einfachen Unterkunft. Empfindet er Vergnügen d a ran, traurig zu sein? Vielleicht ...
Soldaten mischen ihre Karten und freuen sich über den Frieden, den König Balger einhält. Und vielleicht ergreift dieser Frieden ihre Seele , und sie beunruhigen weder sich selbst noch einen anderen? Oh ja, vielleicht ...
In einer ungenannten Schänke begegnen sich Männer, die König Balger stürzen wollen, weil sie König Rondrick nachtrauern, der ein wirklich guter, weiser und manchmal auch zu sanfter König war – was aber nicht wichtig ist! - obwohl sie wissen, dass ihre Pläne am nächsten Morgen Schall und Rauch sein werden, wenn ihre Weiber ihnen die Köpfe waschen, weil sie mit Alkohol geschwängertem Blick durch die Gegend tapsen und sich der alltäglichen Hausarbeit verweigern. Fühlen sie sich dann wohl? Vielleicht!
Ratten huschen durch die schmalen Gänge und Ecken der Stadt und sammeln sich dort, wo sie niemand findet. Einsame und verlassene Hunde streunen durch die Stadt und fressen Obst- und Fleischreste, die die Händler zurückgelassen haben. Sind sie mit sich selbst im Reinen? Ganz sicher!
Und über Dandoria fliegt ein Rabbolo.
Größer als eine Krähe, kleiner als ein Habicht. Der Rabbolo dreht seine Kreise vor dem weißen Mond und sieht. Er sieht alles, was geschieht, denn seine Augen sind scharf , und sein Blick ist durchdringend. Er sucht den kalten Schein des Mondes, denn dieser weist ihm den Weg nach unten, dorthin, wo Öllampen die schmalen Gassen beleuchten, wo milder Kerzenschein aus den Fenstern dringt, wo Feuer in Blechpfannen lodern oder Kohlen glühen und den am Tage weißgepflegten Charme der Hafenstad t mit ihrem Licht verändern, so dass Dandoria nun ist wie jede Stadt an einem Hafen - ein Ort mit zwei Gesichtern.
Genau dies sucht der Rabbolo, denn er hat Hunger, hat Durst .
Er landet auf einem Dachgiebel und mustert mit schräg gelegtem Kopf das Gewimmel unter sich. Er hält Ausschau nach Menschen. Elfen, Trolle oder Halblinge interessieren ihn nicht. Es muss Menschenblut sein. Sein grundsätzliches Verständnis von Moral und Ethik verbietet es ihm, das Blut der Guten, wie er sie kategorisiert, zu trinken. Vielmehr ist das Blut eines Schänders, Mörders oder anderweitig unangenehmen Zeitgenossen ebenso gut. Menschenblut ist Menschenblut!
Nahrhaft!
Ein
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