Mittland 2 - Das Feuer der Drachen: 1.100 Seiten Fantasy (German Edition)
Marmor?
Warum war das Schiff nicht auf dem Gebäude zerschellt?
Magie!
Es war pure Magie!
»Die Schwingungen sind weg«, ächzte Haker und starrte Frethmar an.
»Ja, ich spüre es auch ... alles wird plötzlich ganz leicht.«
»Dann los!«
Frethmar rannte hinter Haker her. Dort, wo das Tor gewesen war, beugten sich Balken und Marmorpfeiler übereinander. Aus dem Schutt stiegen Aschewolken. Vom Rumpf des Schiffes tropfte salziges Wasser, Holzsplitter und Gebälk ragten wie mahnende Finger in alle Richtungen. Der Rumpf des Schiffes war zertrümmert, die Reling schien noch intakt zu sein.
»Ökliz!«, rief Frethmar. »Ökliz – bist du irgendwo?«
Nein, der Bailiff konnte das nicht überlebt haben. Wohin man blickte, gab es nur Steine und Geröll. Marmorplatten waren zersprungen wie Glas , und Wände eingestürzt, deren rote Bemalung wie blutige Tupfer aussahen.
»Ist hier irgendwer?«, rief Haker, der über einen Steinhaufen kletterte und sich an scharfkantigem Marmor festhielt.
Frethmar sah hinter sich Leute zum Tempel kommen. Neugierige, die sich herantrauten, denn auch sie mussten festgestellt haben, dass die dunklen Schwingungen verschwunden waren.
»Wir müssen Ökliz finden«, sagte er.
»Der Kleine ist tot«, stellte Haker fest. »Schau dich um. Das kann man nicht überleben.«
Menschen sammelten sich an der Ruine.
»Trotzdem will ich ihn finden. Er hat einen würdigen Abschied verdient.« Frethmar wurde es schwer ums Herz, denn er mochte den Bailiff sehr.
»ÖKLIZ!«
Frethmar hatte so laut gerufen, dass die Gruppe Neugieriger verhielt und glotzte. Es waren abgerissene Männer und Frauen, ärmlichste Kreaturen, die in die Stadt der Düsternis lebten und aus den Gassen gekrochen waren wie hungrige Ratten.
»Bei den Göttern – er muss doch irgendwo sein.«
Haker musterte den Zwerg und lächelte, was aussah, als zerschneide eine Rasierklinge den Mund. Frethmar hatte noch nie einen so hässlichen Menschen gesehen. »Dann finden wir ihn auch, Zwerg.«
Die merkwürdigen Rabbolos kreisten nach wie vor über dem Ort , und ihre schrillen Laute machten Frethmar eine Gänsehaut.
Er wollte soeben weiter klettern und suchen, als merkwürdige , seufzende Laute in die knisternde Stille brachen. Sie kamen aus dem Inneren des Schiffes , und kurz darauf rumpelte und krachte es. Eine Axt fuhr durch das Holz , und Splitter spritzten nach allen Seiten. Jemand schlug sich einen Ausgang, und bevor der Zwerg und der Kopfjäger reagieren konnten, schob sich ein Kopf durch das zackige Loch. Blut floss dem Mann über das Gesicht, ansonsten schien er unversehrt zu sein. »Wo, um alles in Mittland, bin ich hier?«
Er beherrschte die Hohe Sprache , und Frethmar reichte ihm die Hände, um ihn vorsichtig durch das Loch zu ziehen. Der Mann trug eine Uniform und rollte sich auf den Rücken ins Geröll. Er stand unsicher auf und klopfte sich den Staub von der Kleidung. Er hatte eine Kopfverletzung, die nicht allzu schlimm schien, aber wie es bei diesen Verletzungen üblich war, heftig blutete.
»Hard ist mein Name. Kapitän Wandrom Hard!«
Sie hatten den besten Wind genutzt , denn Kapitän Hard witterte stets die richtige Brise.
Wenn er auf seinem Lager lag, sah er in Gedanken den am Galgen baumelnden Piratenkapitän , und er hörte dessen Fluch. Er, Hard, würde für seine Ungerechtigkeit und seinen Verrat bezahlen müssen!
Dann trank der Kapitän einen Brandy oder einen brennenden Whiskey , und wie zu oft, trank er zu viel.
Seine Gehirnwindungen verklebten sich und stahlen ihm die Rationalität. Bei einem anderen Menschen wäre das nicht dramatisch gewesen, bei Hard bedeutete es den Verlust eines Teiles seiner Identität.
Und stets hallte der Fluch in ihm nach.
‚Dafür werden die Götter dich strafen! Ich verfluche dich, Kapitän Wandrom Hard‘, hatte der Schwarze Jan gerufen und war geduldig und gelassen zum Strick gegangen. Selten hatte Hard einen so tapferen Mann gesehen. Heiter , wie jemand, der sich seiner Rache absolut bewusst war.
Flüche waren selbstverständlich Unsinn.
Wandrom Hard war Realist. Er ließ sich nicht auf Dinge ein, die außerhalb seiner seemännischen Logik waren. Ein Seefahrer navigierte und führte sein Schiff nach strengen Gesetzen, die wie ineinander greifende Zahlen waren. Es ging um die Missweisung, die Deviation, die Abdrift durch Wind und Strom und viele andere Dinge, die den Kartenkurs bestimmten. Das war Mathematik und Wissenschaft und gehörte nicht zu Flüchen oder
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