Mittland 2 - Das Feuer der Drachen: 1.100 Seiten Fantasy (German Edition)
seinem größten Kopf, eine Stelle, an der sich die Schuppen begegneten und zu einem Halbkreis bildeten, nicht größer als die Klauenfläche eines Orks. Nur durch einen unvorstellbaren Zufall konnte Sharkan dort verletzt oder gar getötet werden, denn die Stelle war im Vergleich zu seiner Körpergröße winzig. Man musste unter ihm sein, unter dem Schädel und nahe, ganz nahe. Niemand kannte sie, abgesehen von Hargor.
Ich ahne, was du denkst, Hargor!
Der Ork stutzte erschrocken und wartete.
Du fragst dich, wie du mich von meinem Vorhaben abbringen kannst. Zumindest glaube ich, dass du so denkst, denn ich spüre deinen Zorn. Lass dir gesagt sein, es ist nur beim ersten und zweiten Mal so. Bald wirst du genießen, wenn ich töte, denn es wird dir völlig normal erscheinen . Du wirst keine Gedanken mehr an Mitleid verschwenden. Warum töten Zweibeiner Ungeziefer? Sie vermuten nicht, ein Ungeziefer könne Schmerzen haben und leiden. Sie töten, weil Ungeziefer lästig ist. Weil sie sich daran gewöhnt haben.
Darauf wusste Hargor nichts zu erwidern.
Töten ist ein Zustand der Überlegenheit. Wenn du begriffen hast, dass diese winzigen Wesen sich nicht wehren können, wirst du sie irgendwann verachten. Du wirst dich stark fühlen. Sie sind keine Gegner. Wären sie es, würden si e mich in Gefahr bringen, stattdessen schreien sie und laufen weg. Du wirst die Achtung vor ihnen verlieren, denn nur wer sich gegen dich aufbäumt, hat eine Chance verdient.
Hargor war kalt. Sein Herz pochte wie ein Hammer.
Unter ihnen glitt das Meer vorbei, ein glitzernder Spiegel, auf dem sich weiche Wellen kräuselten, eine blaue Fläche, die die Sonne einfing und verheißungsvoll reflektierte – so friedlich, so unendlich. So, als wäre nichts geschehen, als wäre die Insel nur ein Abstecher auf einer langen Reise gewesen.
»Vielleicht hast du recht, Sharkan. Vielleicht gewöhne ich mich daran«, sagte er ergeben.
Du wirst es tun müssen, um die Macht, die ich dir versprochen habe, zu erhalten . Du wirst an meiner Seite sein, wenn Mittland wieder ein Reich der Drachen und der Riesen wird.
»Wie geht es weiter?«, fragte er müde und kam sich vor wie ... Ungeziefer.
Ich habe nach dem Kampf gegen die Fardas noch nicht geruht und bin ununterbrochen geflogen.
»Dann sollten wir uns ausruhen. Wenn wir irgendwo eine Insel finden, auf der es kein Leben gibt, will ich, dass du dorthin fliegst.«
Ja, Reiter!
Es schauderte Hargor. Genau das war es, was ihn fast in Stücke riss. Einerseits tat Sharkan, was er wollte, andererseits schien er ihn, den Reiter, zu brauchen. Das war total verrückt.
Sharkan ging in den Sinkflug und Hargor betete, dass es auf dem Felsen, der aus dem Wasser ragte, kein zweibeiniges Leben war. Das Massaker hatte ihn mitgenommen, ihm die Kraft geraubt und seine Nerven über Gebühr strapaziert. Schlafen wollte er nicht, aber seine Gedanken schweifen lassen, das wollte er. Und er wollte runter von diesem schwarzen , breiten Rücken und Boden unter den Füßen spüren.
Sharkan flog in einer engen Kurve um den Felsen, der sich als mächtiger Berg entpuppte, aus dessen Spitze Qualm emporstieg, als lauerten in ihm Drachen, die Feuer entzündet hatten.
Geschickt landete Sharkan auf einem Felstableau, groß genug für ein kleines Dorf. Es handelte sich um wie geschliffen wirkenden Stein. Es roch nach saurem Qualm. Hargor sprang ab , und für einen Moment drehte sich die Welt um ihn, dann festigte sich sein Gleichgewicht. Unter seinen Füßen bewegte es sich, ein sanftes Schwingen nur, aber es wirkte bedrohlich.
»Was ist das?«
Ein Vulkan. Er führt ins Innere der Welt. Unten lodern Feuer, und wenn sie zu stark werden, schmelzen sie den Stein und atmen ihn aus wie ein Drache. Sie werfen rotes Glühen in die Luft und spucken Tod und Verderben.
»Woher weißt du das?«
Ich weiß es.
»Sind wir in Gefahr?«
Sharkan grollte. Nein!
Er rollte sich zusammen und legte seine Schädel auf die Klauen.
Hargor ging zum Rand des Plateaus und blickte nach unten. Schwarzer Stein, wohin er sah und rings herum Wasser, friedliches Wasser.
Sharkans Schnarchen erfüllte die Luft.
2
Frethmar Stonebrock und Haker Flack sahen erschüttert, was sich vor ihnen abspielte. Haker starrte mit einem Gesicht aus Stein auf das Geschehen.
Wo das schwarze Gebäude gestanden hatte, lag nun ein Haufen Schutt und Steine, aus dem die schräg gelegten Masten und der Bug eines Schiffes ragten.
Wie kam es, dass Holz stärker war als Stein und
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