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Mittsommersehnsucht

Mittsommersehnsucht

Titel: Mittsommersehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfie Ligensa
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versuchte hinauszuschauen, doch mehr als ein paar Kräne sah sie nicht. Egal! Wichtig war erst einmal nur, dass sie weg von Jonas war. Dieser elende Betrüger! Wieder überkam Andrea eine gesunde Wut. Egoistisch, selbstherrlich und unverschämt war er! Und so einen Mann hätte sie um ein Haar geheiratet. Sie musste dem Schicksal wohl noch dankbar sein, dass sie gerade noch rechtzeitig erkannt hatte, welch miesen Charakter Jonas hatte. Als sie sich die Szene in seinem Schlafzimmer in Erinnerung rief, stiegen ihr wieder Tränen in die Augen. Aufschluchzend warf sie sich aufs Bett und vergrub den Kopf in der linken Armbeuge.
    Wie euphorisch war sie noch vor wenigen Stunden gewesen! Sie hatte sich auf einen neuen Lebensabschnitt gefreut. Auf ihre Arbeit an einer norwegischen Klinik. Und auf ein Leben mit Jonas. Aufregend hätte es werden sollen. Voller interessanter Eindrücke – und natürlich voller Liebe und Zärtlichkeit.
    Pah! Jedes Wort, das er ihr mal ins Ohr geflüstert hatte, kam ihr jetzt wie Hohn vor. Lügner. Betrüger. Selbstgerechtes, egoistisches Arschloch! Sie zuckte zusammen bei diesem letzten Wort. So tief wollte sie nicht sinken. Nicht mal in dieser Situation! Jonas war es nicht wert. Weder ein unflätiges Schimpfwort noch ihre Tränen!
    Sie rief sich ihre ersten Begegnungen ins Gedächtnis zurück. In Südafrika war es gewesen, in ihrem Hotel in Kapstadt. Sie war gestolpert und wäre gefallen, wenn Jonas sie nicht aufgefangen hätte. Sie spürte jetzt noch seinen Herzschlag, hörte sein leises, etwas kehliges Lachen, als er sagte: »Hoppla! Den Kniefall sollte ich eigentlich vor so viel Schönheit machen.« Abends saßen sie dann zusammen im Restaurant, es war leicht, zu erraten, dass er das arrangiert hatte. Den ersten Kuss bekam sie drei Tage später am Strand von Hermanus. Die übrigen Touristen hielten Ausschau nach Walen, die von hier aus besonders gut zu sehen sein sollten. »Wale gibt es bei uns daheim mehr als genug. Komm mit, ich zeig dir was anderes.« Jonas zog sie mit sich in Richtung des Startplatzes der Gleitschirmflieger. In einer Senke, die über und über mit dem landesüblichen Fynbos bedeckt war, der weiß, gelb und zartrot blühte, zog er sie an sich und küsste sie so lange, bis sie die Welt um sich herum vergaß.
    Von dem Moment an waren sie ein Paar. Jonas war ein ebenso zärtlicher wie liebevoller Partner, der ihr immer wieder aufs Neue beteuerte, wie sehr er sie liebte.
    Lügen? Selbstbetrug? Ironie? Oder konnte er gar nicht anders, als sich immer wieder bei jungen Frauen eine gewisse Selbstbestätigung zu holen? Sie wusste, dass es solche Menschen gab. Gehörte Jonas dazu? »Wenn ja, ist es keine Entschuldigung«, murmelte sie und schniefte mehrmals.
    Dann wischte sie sich entschlossen die Tränen ab und setzte sich mit einem Ruck auf. »Und jetzt? Was machst du jetzt in Norwegen, Andrea Sandberg?«
    Keine Antwort. Stattdessen ein langgezogenes Tuten, dann begann das Schiff leise zu vibrieren. Die Motoren werden angelassen. Wir laufen in wenigen Minuten schon aus!, schoss es Andrea durch den Kopf.
    Aus der Reisetasche, die neben dem Bett stand, zog sie eine Wetterjacke. Dann lief sie hoch zur Reling. Fast alle Passagiere standen dort und sahen zu, wie die Gangway eingezogen wurde. Dann lösten drei Männer am Kai die Leinen. Schwer klatschten die Taue ins Wasser, wurden von ein paar Matrosen an Bord gezogen. Neben einem kleinen Holzhaus, das Andrea bislang nicht beachtet hatte, stellten sich sieben Männer in blauen Uniformen auf und spielten zum Abschied »Sail away« und eine norwegische Volksweise, die Andrea schon einige Male bei ihren Besuchen gehört hatte, deren Text sie jedoch nicht kannte. Als der Applaus verklungen war, war aus dem Bordlautsprecher »Time to say goodbye« zu hören. Langsam glitt das Schiff im ersten Abenddämmern aus dem Hafen und ließ die bunten, spitzgiebeligen Häuser der Brygge hinter sich. Jetzt, da der Hjelte-Fjord sich öffnete, war deutlich zu sehen, dass die Stadt von sieben Hügeln umschlossen wurde. Der gut dreihundert Meter hohe Floyen, auf den eine Standseilbahn führte, sah aus, als wäre er mit flüssigem Gold übergossen worden. Und auch die Häuser an den umliegenden Hängen waren in das Goldrot der Abendsonne getaucht. Es war ein ungemein friedliches Bild, und Andrea spürte, dass sich ihre Anspannung legte und auch der Zorn auf Jonas erst einmal abflaute.
    Im Grunde muss ich froh sein, dass ich ihn jetzt schon durchschaut habe,

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