Mittsommerzauber
verletzt hatte, als ihren Stolz und ihre Eitelkeit.
*
Im Lindingö-Vägen starrte zur gleichen Zeit Harald Molin auf das Foto. Das war ja interessant. Seine Ex-Freundin Katarina hatte sich einen der reichsten Männer Stockholms geangelt. Wie schön für sie. Und für mich, dachte Harald sofort.
Das würde das Ende dieser unbequemen Nächte in fünftklassigen Hafenabsteigen sein, zu denen er gezwungen war, seitdem die Behörden entdeckt hatten, dass in seinen Diskotheken jede Art von Rauschmittel verhökert wurde, und man ihm alle Läden auf einmal geschlossen hatte. Er hatte damals zwar den Ahnungslosen mimen können und war mit einer Bewährungsstrafe davongekommen, aber seitdem hatte er keinen Fuß mehr auf den Boden bekommen. Aber das würde sich ja nun ändern. Er grinste in sich hinein. Katarina würde sich doch sicherlich über einen Besuch freuen.
*
Noch schwebte Katarina im siebten Himmel. War das Leben nicht ein Traum? Sie hackte in Augustas Küche summend Kräuter klein, mit denen sie die Hühnchenbrüste füllen wollte, die sie auf dem Markt gekauft hatte. Der Duft des gehackten Thymians stieg ihr in die Nase, und in ihrer Fantasie erstand das nächste Gericht, das sie ausprobieren wollte: ein kleines feines Kräutersüppchen, das sie Thymianschnee nennen würde.
Augusta und Annicka, die zusammen in die Küche kamen, sahen sich verschwörerisch an. Annicka umarmte ihre Mutter herzlich mit beiden Armen.
»Du bist nicht nach Hause gekommen heute Nacht. Mama, ich hab dir doch gesagt, dass du anrufen sollst, wenn du...«
»Ich hab doch gesagt, dass Herr Svanblom mich zum Essen eingeladen hat.«
»Herr Svanblom. Natürlich. Unser Auftraggeber. Hast du nicht gesagt, nicht mit Gästen, nicht mit Auftraggebern?«
»Nicht mit Gästen, nicht mit Kollegen, hab ich gesagt. Wenn ich auch noch die Auftraggeber ausschließe, dann bin ich ja ganz arm dran. Ich meine, steht es mir nicht auch mal zu, mit einem netten Mann auszugehen?«
Augusta, die einen Korb mit frischer weißer Tischwäsche trug, die im Garten an der Leine getrocknet hatten, holte nun Bügelbrett und Bügeleisen aus einem Schrank. Sie sah Katarina nicht an, als sie vorsichtig fragte:
»Und, ist er nett? Sven Svanblom?«
»Auf jeden Fall sieht er echt super aus.« Annicka fand das wirklich. Sie hatte Sven zwar nur von weitem gesehen, aber der Anblick hatte ausgereicht. Außerdem hatte Augusta ihr ein Foto in einer Illustrierten gezeigt. »Aber ich glaube, er hat eine Freundin, diese Marita... irgendwie.«
»Marita Tomasson.« Augusta erinnerte sich auch an das Foto der kühlen Blonden, die an Svens Arm zur Eröffnung eines Musikfestivals ging. »In der Zeitung stand, dass sie eine kleine Galerie in der Birger Jarl Gatan hat.«
»Ich kenne sie«, gab Katarina zurück. »Ich hab sie im Sommerhaus gesehen. Aber sie ist wohl mehr so was wie eine Freundin der Familie. Ich meine, Sven hat mich eingeladen. Wir waren an seinem...« Sie brach ab. Noch wollte sie nicht über diese wunderbare Nacht mit Sven reden, noch war sie zu frisch. »Auf jeden Fall glaube ich nicht, dass er mit ihr liiert ist. Oder mit irgendjemand anderem.« Mehr wollte sie dazu nicht sagen.
Augusta sah sie prüfend an. Und hoffte nur, dass Katarina von Sven Svanblom nicht enttäuscht würde.
*
Er kam ihr entgegen. Die Sonne beleuchtete sein Haar, wie eine Aureole lag ein heller Schein um sein Gesicht. Katarinas Herz hüpfte. Keine Frage, sie hatte sich in diesen Mann verliebt. Hals über Kopf. Es kribbelte in ihr vom Haaransatz bis zu den Zehenspitzen. Sie hatte nicht erwartet, ihn so schnell wiederzusehen. Woher wusste er, dass er sie hier finden würde? Am Wildgehege von Axel Böransson, bei dem sie Elchfilets 7 für das Fest bestellen wollte. Sie hatte vor, sie auf Sesamtoast zu servieren mit einem Klacks Sauerkirsch-Gelee.
»Hej, mein Liebster. Hast du schon Sehnsucht?«
»Ich muss mit dir reden.« Seine Stimme klang bedrückt. Sein Blick hatte alle Leichtigkeit verloren.
Ein Schatten legte sich auf ihre Freude, als sie in seine ernsten Augen sah. Sie blickte auf die Zeitung, die er ihr hinhielt.
Sie sah auf das Foto. Und versuchte, die in ihr aufsteigende Panik zu ignorieren. Sie zwang sich zu einer lässigen Antwort.
»Hübsches Foto. Findest du, wir sind nicht gut getroffen?« Noch versuchte Katarina das unheilvolle Gefühl in sich nicht ernst zu nehmen, noch wollte sie die Sorge in seinem Blick einfach mit einem Scherz übertünchen. Konnte das wahr sein?
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