Mittsommerzauber
Gabel voll knallgelbem Safranreis mit grünen Erbsen in den Mund. Er verstummte und verdrehte beglückt die Augen.
»Mein Gott... das ist perfekt. Du bist perfekt, Katarina. Ich weiß gar nicht, wie ich es verdient habe, dich zu treffen.«
Sie aß lächelnd den Rest des Carpaccios auf. Seine unverhohlene Begeisterung tauchte sie in ein warmes Bad glücklicher Gefühle. Alles war richtig. Alles war gut. Und was morgen werden würde, war heute vollkommen uninteressant.
*
Wenn sie ein wenig aufmerksamer gewesen wären, etwas weniger miteinander beschäftigt, als sie Stunden später das Flugzeug verließen und eng umschlungen über den Steg zum Hafen gingen, hätten sie vielleicht bemerkt, dass sich jemand für sie interessierte. Und es wäre ihnen einiges an Turbulenzen, an Misstrauen und Enttäuschung erspart geblieben.
*
In Stockholm ahnte Marita Tomasson nichts Böses, als sie am nächsten Tag, einen Kaffee-to-go in der Hand, die elegante Birger Jarl Gatan entlang auf ihre Galerie zuging. Mit den Gedanken war sie bei ihrem Vater, mit dem sie am Abend vorher im Yacht-Club gegessen hatte. Björn Tomasson, ein wendiger, welterfahrener Geschäftsmann, ein Global Player im besten Sinne, hatte ihr zu verstehen gegeben, dass er sich auf die Fusion mit Svanblom im Grunde nur ihr zuliebe einlassen würde. Natürlich war die alteingesessene Kaffeefirma für ihn interessant. Aber wenn er ehrlich war, musste er zugeben, dass er sich eigentlich viel mehr mit dem finnischen Elektronikmarkt beschäftigen wollte als mit schwedischem Kaffee. Björn war seit jeher Teetrinker. Kaffee mochte er nicht. Auch wenn er seit neuestem hin und wieder bei einem Essen der Svanbloms eine Tasse trank, seiner Tochter zuliebe. Wenn sie einen Winzer lieben würde, würde er Wein trinken. Nur bei einem Hamburger-Brater würde er Schwierigkeiten haben, aber auch das würde er für seine Tochter tun, den einen oder anderen der unförmigen Fleischklopse hinunterwürgen.
Marita hatte vergeblich versucht, ihrem Vater zu erklären, dass es ihr egal war, ob er Kaffee trank oder nicht. Dass auch Sven hin und wieder eine Tasse Tee trank. Und außerdem eine Hochzeit noch in weiter Ferne sei. Björn hatte nichts davon hören wollen. Für ihn war klar, er würde seiner Lieblingstochter eine Hochzeit ausrichten, die ihresgleichen suchte, sobald die Fusion unter Dach und Fach war, Marita sollte die schwedische Hochzeit des Jahres bekommen.
Marita liebte den Enthusiasmus ihres Vaters. Sie konnte sich vorstellen, wie er sie, vor Stolz platzend, zum Altar der Storkyrkan führte, in der auch die schwedischen Könige heirateten. Ihr Blick schweifte über die Stadt und fand den barocken Turm der Kirche. Schon als kleines Mädchen war sie fest entschlossen gewesen, einmal dort in dieser wunderschönen Kirche zu heiraten. Wie eine Prinzessin. Und seit sie sechzehn war, war auch klar, dass der Prinz neben ihr Sven Svanblom sein würde.
Bis zu diesem Moment.
Sie öffnete die Tür zu ihrer Galerie, in der sie hauptsächlich junge zeitgenössische schwedische Künstler ausstellte. Schaltete die Beleuchtung ein und hob die Post und die Zeitungen vom Boden auf, die, wie jeden Tag, durch einen Schlitz in der Tür in die Galerie geworfen worden waren. Sie legte den Packen Papier nachlässig auf ihren Glasschreibtisch und wollte in die Küche gehen, um Kaffee zu machen. Da rutschte die oberste Zeitung, das Stockholmer Abendblatt, vom Tisch. Die Seiten blätterten auf, und als sie sie wieder Zusammenlegen wollte, fiel ihr Blick auf das Foto. Das Foto, das Sven im Hafen von Rörstrand zeigte, der eine Frau küsste. Sie eng umschlungen hielt und leidenschaftlich und selbstvergessen küsste.
»Kaffee-Erbe Sven Svanblom. Neue Liebe, neues Glück für den attraktiven Millionär?«, fragte die Zeitung, als ob sie das etwas anginge, und um die Neugier noch zu präzisieren: »Wer ist die schöne Dunkelhaarige, die sein Herz erobert hat?«
Zumindest diese Frage brauchte Marita sich nicht zu stellen. Sie hatte die Frau in Svens Armen schon einmal gesehen. Hatte sie sogar selbst durch das Sommerhaus der Svanbloms geführt. Und nicht geahnt, dass sie da ihre Nebenbuhlerin vor sich hatte.
Marita spürte, wie Wut in ihr aufstieg. Wie konnte er ihr so etwas an tun? Wie konnte er sie so demütigen? In aller Öffentlichkeit. Und so kurz vor dem Abschluss der Fusionsverhandlungen? Noch aber war sie zu aufgebracht und zu wütend, um zu bemerken, dass es weniger ihr Herz war, das Sven
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