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Mittsommerzauber

Mittsommerzauber

Titel: Mittsommerzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inga Lindström
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einige Sekunden, dann fuhr sie fort: »Weißt du, das ist eigentlich ein Traumjob. Alles, was ich mir gewünscht habe. Ich sehe die Welt, ich arbeite mit Kindern, und ich bin die ganze Zeit an der frischen Luft.« Sie zuckte die Achseln. »Eigentlich optimal, oder?«
    »Und uneigentlich?«
    Anna stand auf und ging zum Ufer des kleinen Sees. Sie hob einen Stein auf und ließ ihn über die Wasseroberfläche tanzen. Eins, zählte sie stumm, zwei, drei... Nach der Sieben wandte sie sich wieder zu ihrer Mutter um. »Ich weiß es nicht«, sagte sie. »Ich weiß es wirklich nicht.«
    »Vielleicht solltest du über alles noch einmal in Ruhe nachdenken.«
    »Auf keinen Fall«, sagte Anna. »Ich habe im Moment den Eindruck, dass ich umso eher ins Schwimmen gerate, je länger Zeit ich mir lasse.«
    Silvia lachte und sah plötzlich aus wie ein junges Mädchen. »Na und? Darüber mache ich mir keine Sorgen. Wenn du eines beherrschst, dann ist es das Schwimmen!«
     
    *
     
    Robert fühlte sich so gut wie seit langem nicht, als er zur verabredeten Zeit zu Anna in den Wagen stieg. Sie war in lässiger Kluft erschienen, doch auf unerfindliche Weise wirkte sie dadurch noch weiblicher und reizvoller als im Kleid. Zu ihren Workerhosen trug sie ein rosa T-Shirt, und die Haare hatte sie zu einem Pferdeschwanz hochgebunden, eine Frisur, die ihr ebenmäßiges Profil betonte und sie gleichzeitig aussehen ließ wie ein verschmitztes Schulmädchen, fast so wie auf den Fotos auf dem Kaminsims.
    Sie fuhren mit einem Geländewagen, der sonst von den Arbeitern benutzt wurde, wenn Fahrten in die Berge anstanden.
    Trotz des frühen Morgens war es bereits warm genug, um ohne Verdeck zu fahren, und Robert lehnte sich entspannt zurück, während Anna den Wagen steuerte. Hin und wieder streichelte er ihren bloßen Arm oder fuhr sacht mit den Fingern über ihre Wange, einfach nur die schiere Freude genießend, sie zu berühren.
    Von Zeit zu Zeit warf er auch einen Blick auf die Landschaft und registrierte den sommerlichen Reiz der Umgebung. Doch das alles war nur halb so interessant wie Anna, die in lebhaftem Tonfall alles Wissenswerte über die Gegend erzählte.
    »Da vorn hinter der Biegung gibt es einen großen Kirschgarten. Er gehört dem alten Hendrik. Dort gibt es die besten Kirschen, die ich je gegessen habe. Und da drüben in dem Flussstück kann man die besten Lachse fangen. Mein Vater und ich waren oft fischen.« Sie kicherte. »Ich war ziemlich gut und hatte ständig welche am Haken. Bloß hatte ich immer Probleme damit, die armen Dinger zu töten. Entweder habe ich sie gleich wieder ins Wasser geworfen, oder ich habe sie meinem Vater gegeben. Das passiert dir sicher nicht, oder?«
    »Nicht wirklich.« Robert grinste. »Habe ich dir erzählt, dass ich den besten Graved Lachs 12 in ganz Toronto zubereite? Selbstverständlich nur welchen, den ich selbst gefangen habe.«
    »Ja? Machst du den auch mal für mich?« Sie deutete mit der Hand auf einen Gipfel in der Ferne. »Schau, der Berg da hinten. Da fahre ich Ski. Es gibt dort traumhafte Abfahrten! Fährst du auch Ski?«
    »Früher mal. Bin schon länger nicht mehr auf Brettern unterwegs gewesen. Aber als Kind hat es mir riesigen Spaß gemacht. Keine Ahnung, ob ich es noch kann.«
    »Das verlernt man nicht«, sagte Anna. »Und falls doch -ich bin eine sehr gute Skilehrerin!«
    Sie wandte sich ihm zu, und Robert hätte am liebsten die Zeit angehalten, nur, um sie bis ans Ende aller Tage so lächeln sehen zu können. »Mit dir würde ich den Mount Everest runterfahren«, behauptete er.
    Sie kicherte und sah dabei so unwiderstehlich jung und schelmisch aus, dass Robert sich vorbeugte, um sie auf den Mund zu küssen. Es dauerte nur einen Sekundenbruchteil, bis sie sich wieder abwandte, um auf die Straße zu achten, doch der Moment hatte gereicht, um Robert nachhal-tig klar zu machen, dass er in seinem ganzen Leben noch nicht so verknallt gewesen war wie in Anna Blomquist.
    »So«, sagte sie einen Moment später. »Hier ist die Straße zu Ende.«
    Verblüfft sah er, dass sie Recht hatte. Es ging nicht mehr weiter. Direkt vor ihnen lag ein Sund, und sie waren völlig allein in der Einsamkeit. Vor ihnen erstreckte sich Wasser bis in die Ferne, wo Berge den Horizont begrenzten.
    »Wie geht's jetzt weiter?«, wollte er wissen.
    Als er die herantuckernde Fähre bemerkte, kam er sich ausgesprochen dämlich vor. »Ich dachte schon, wir seien die letzten Menschen auf der Welt«, meinte er mit schiefem

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