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Mittwinternacht

Mittwinternacht

Titel: Mittwinternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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sagte Athena, «wird eine Krähe geopfert. Am anderen – auf dem höchsten Punkt – dein Krähenmädchen.»
    «Geopfert?»
    «O ja.»
    «Sie haben sie umgebracht?»
    «Oder ihr dabei geholfen, sich das Leben zu nehmen. Das ist sehr wahrscheinlich. Es tut mir leid, Robinson, ich glaube nicht, dass du das hören wolltest.»
    «Aber   … sind Sie sicher?»
Sie ist eine alte Frau
, dachte er.
Sie lebt in einer Phantasiewelt.
    «Und doch», sagte sie, «sind diese beiden Tode so unterschiedlich. Beruhige dich, Robinson, ich passe schon auf, dass du dich nicht lächerlich machst. Weißt du, wie Crowley einmal betont hat, wurde eine Opferung einst als gnädiger und ruhmreicher Tod betrachtet, durch den der Astralleib auf direktem Weg zu seinem Gott gelangte. Es geht dabei um einen schnellen Tod, eine durchgeschnittene Kehle oder so etwas   … auf diese Art ist wahrscheinlich die Krähe gestorben. Aber das Blut deiner Freundin ist durch ihre Pulsadern abgeflossen. So etwas geht ganz und gar nicht schnell   …»
    Athena hatte die Finger verschränkt, um sich besser konzentrieren zu können. «Robinson, haben wir schon über die Macht des Blutes gesprochen?»
     
    Auf dem Rückweg von
The Glades
sah Lol immer wieder zum Beifahrersitz hinüber – er wurde das beunruhigende Gefühl nicht los, Moon säße neben ihm.
    «Ich möchte jetzt schlafen.»
    «Ich weiß», sagte er einmal laut. «Ich weiß, dass du nicht schlafen kannst. Aber ich weiß einfach nicht, wie ich das ändern soll.»
     
    Am Pult der Kirche von Ledwardine, den Altar mit brennenden Kerzen hinter sich, nahm Merrily Janes Hände in ihre und sah ihrer Tochter direkt in die Augen.
    «Ist das für dich wirklich in Ordnung?»
    «Klar.»
    Merrily hatte die Kirchentüren abgeschlossen – noch nie zuvor hatte sie sich eingeschlossen. Eine Kirche war kein privater Ort; sie sollte immer für alle eine Zuflucht sein.
    Merrily umfasste die Hände ihrer Tochter ein bisschen fester.
     
    «Christus sei bei uns
»
, sagte sie,
«Christus sei in uns.»
    «Christus sei hinter uns»
, las Jane von dem Blatt ab, das auf dem Pult lag.
«Christus sei vor uns   …»
     
    «Hallo, Laurence», sagte Denny.
    Überall im Laden standen Kartons, und beinahe alles war schon eingepackt. Fast hatte Lol vergessen, dass Denny den Laden aufgeben wollte. Denny wischte sich mit dem Ärmel seiner Bomberjacke über die Augenbrauen. Er wirkte grau und erschöpft.
    «Ich hab dir übrigens nicht alles erzählt, Lol. Es gibt noch einen anderen Grund, aus dem ich den Laden schließe. Ich brauche Geld», er sah weg, «um Maggie auszuzahlen.»
    Lol dachte an das kühle Verhältnis der beiden, das ihm bei Moons Beerdigung aufgefallen war. «Du und Maggie   …»
    «Ja, hat sich schon eine Weile angedeutet. Aber ich will jetzt nicht darüber reden. Kathys Tod hätte unsere Beziehung retten können. Das hat jedenfalls
sie
gedacht – Maggie, meine ich. Aber schon allein die Tatsache, dass sie das
gedacht
hat   …» Dennyschlug mit der Faust auf einen Karton. «Hat es verdammt nochmal unmöglich gemacht.»
    «Das tut mir leid», sagte Lol unbehaglich. Am liebsten hätte er Denny erzählt, was Moon seiner Meinung nach in Wirklichkeit passiert war. Aber konnte Denny in seinem momentanen Zustand mit so einer undurchsichtigen Wahnsinnstheorie umgehen? «Was ist mit den Kindern?», fragte er stattdessen.
    «Sie bleiben bei ihr.» Denny klebte einen Karton voller CDs zu. «Darüber werde ich mich bestimmt nicht mit ihr streiten.» Er sah in Richtung der Hintertür. «Kannst du mir einen Gefallen tun, Laurence?»
    «Was denn?»
    «Kannst du Moons Fahrrad wegbringen? Das Ding macht mich fertig. Es spukt mir die ganze Zeit im Kopf herum.»
    «Wie meinst du das?»
    «Ich
träume
. Ich habe diese verdammten Träume. Sie fangen mit dem Fahrrad an, und dann verwandelt es sich in dieses   … in einen Karren mit großen Rädern, wie so ein uralter Streitwagen, verstehst du? Ich will einsteigen, und ich weiß, wenn ich es tue, bringt mich das Ding wieder dort rauf. Und das will ich auf keinen Fall, verflucht nochmal.»
    «Auf den Hügel.»
    «Auf keinen Fall, Kumpel. Also, machst du’s? Kannst du das Rad wegbringen? Irgendwann wird jemand das Haus mieten oder kaufen, und spätestens dann muss ich das Ding wegschaffen. Aber ich will es nicht mal anfassen – es ist genauso wie mit dem verfluchten Schwert, verstehst du? Bring es weg, ja? Kannst es verscheuern oder auf den Schrottplatz bringen   … Mir egal,

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