Mittwinternacht
diese lässige Arroganz in ihrem Blick, die man vorher nicht wahrgenommen hatte – und die Kälte.
«Du musst wissen, dass wir nur Freundinnen sind, weil jemand wollte, dass deine Mutter ein bisschen überwacht wird, okay?»
«Wer?»
«Mit solchen Sachen verdiene ich nämlich ab und zu ein bisschen Geld.»
«War es jemand aus dem
Pod’s
? Angela? Du hast mich für Angela ausgehorcht, stimmt’s?»
Ein gelangweiltes Zucken umspielte Rowennas kleinen Mund. «Oh, bitte. Ich war schon vor Jahren viel weiter, als die Frauen im
Pod’s
heute sind. Obwohl es natürlich süß war, daran zu denken, wie du in deinem kleinen Nachthemdchen am Fenster stehst, um in aller Feierlichkeit die Sonne und den Mond zu grüßen und dir dabei einzubilden, du würdest mit altüberlieferter Weisheit in Verbindung treten.»
«Du gemeine …»
«Zu schade, dass alles so schiefgelaufen ist. Ich hätte dir wirklich ein paar Sachen zeigen können, die dich garantiert umgehauen hätten.»
«Du bist einfach nur eine widerliche, verlogene Nutte, Rowenna.»
Plötzlich schlug ihr Rowenna ins Gesicht, sodass Janes Kopf gegen James’ Brust fuhr. «Reiz mich lieber nicht, hörst du. Sonst könnte ich mir wirklich noch ein paar hübsche Sachen für dich ausdenken. Und glaub mir, damit könnte ich dich komplett
in den Wahnsinn
treiben.»
Jane spürte James’ Atem heiß in ihrem Nacken und versuchte umsonst, sich zu befreien. «Du spinnst ja.»
«Du hast echt keine Ahnung von irgendwas.» Rowenna hieltdie Kerze so dicht an Janes Gesicht, dass sie die Hitze der Flamme spürte. «Erinnerst du dich an den Anzug? Diesen schmierigen alten Anzug, den Denny für mich in der Sakristei versteckt hat?»
«Genau. Wer hat dir gesagt, dass du das machen sollst?»
«
Niemand.
Ich lasse mir nichts befehlen … es sei denn, ich will es.» Rowenna verströmte einen ekelhaften, weihrauchartigen Parfumgeruch, der sich in der gesamten Krypta verbreitet zu haben schien. «Ich konnte einfach nicht widerstehen, nachdem du mir erzählt hattest, wie sehr der böse Denzil Joy deine Mutter geschockt hatte. Es hat mich einfach interessiert, ob ich es schaffen würde, dass er an ihr
kleben bleibt
.»
«Was?»
Rowenna beugte sich dicht zu Jane und
hauchte
ihr die Worte ins Gesicht. Jetzt verstand Jane wirklich, was eine echte Gänsehaut war.
«Ich habe seine Witwe im Telefonbuch gefunden, also habe ich James zu ihr geschickt. Er hat gesagt, er würde alte Kleidung für wohltätige Zwecke sammeln. Als Nächstes habe ich mich um
sie
gekümmert: Hochwürden Merrily Watkins. Ich habe ihr ein paar Zigaretten geklaut, als wir im Pfarrhaus waren. Die habe ich ganz langsam geraucht und dabei ein paar nette Szenen visualisiert, und dann habe ich noch ein paar andere Sachen gemacht und … Okay, gelegentlich habe ich mir ein bisschen helfen lassen. Es ist wirklich erstaunlich, wie viel Hilfe man bekommt, wenn man sich jemanden von der Kirche ausgesucht hat – den wahren Feind. Und es hat funktioniert, oder etwa nicht? Der kalte Schweiß ist ihr ausgebrochen, sie ist sogar krank geworden. Du hast mir gesagt, dass sie krank war. Und ich wette, sie hat dir nicht mal die Hälfte dessen erzählt, was sie durchgemacht hat.»
Jane war schlecht. Das mussten doch Lügen sein, oder? Das alles
konnte
nicht Rowenna gewesen sein.
«Du bist … einfach nur
böse
.»
«Ich bin etwas Besonderes, Kleine. Ich bin etwas
sehr
Besonderes.»
«Nein, bist du nicht. Du bist einfach nur …
viel
älter als ich. Du bist echt jetzt schon uralt … alt, ekelhaft und verdorben.»
«Soso.» Rowenna ging ein paar Schritte von Jane weg. «Das reicht jetzt. James?»
«Ja?», kam es sofort total unterwürfig von James.
«Schlag sie für mich, ja? Und zwar so richtig.»
James sagte: «Was?»
«
Schlag
die kleine Schlampe!»
«Nein!» Jane drehte sich um und warf sich gegen ihn.
James ließ sie vor Überraschung einen Moment lang los. Dann schlug er sie hart auf den Mund. Im nächsten Moment griff Rowennas Hand wie eine Klaue in Janes Haar und riss sie nach vorn. Jane spürte einen Hieb im Magen und krümmte sich vor Schmerz, doch schon wurde sie an den Haaren wieder hochgerissen, sodass James sie erneut ins Gesicht schlagen konnte – inzwischen gefiel es ihm, er genoss es richtig.
«Ja», zischte Rowenna.
«Ja!»
Während Janes Beine nachgaben und der Fliesenboden auf sie zuraste.
Offenbar war sie kurz ohnmächtig geworden, denn sie wusste nicht mehr, wo sie war.
«Das können
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