Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mittwinternacht

Mittwinternacht

Titel: Mittwinternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
Vom Netzwerk:
Wasser der Badewanne zu denken. Dann richtete er seinen Blick auf die Badezimmertür. In
diesem Raum
dort ist es passiert, unter
dieser Treppe
, hinter
dieser Tür
.
    Visualisierung
, hatte Athena White gesagt.
Willenskraft.
    «Danke.» Lol ließ sich von Anna die verkorkte Weinflasche geben. Er hielt sie einen Moment in der Hand, bevor er die Flasche am Hals griff und sie am Kaminsims zerschmetterte. Als die Flammen hoch aufzüngelten spürte er, dass er sich an dem Glas geschnitten hatte. Blut und Wein rannen über seinen Arm und das Foto von Moon.
    «Und jetzt», flüsterte er, «erzählen Sie mir, was Sie mit ihr gemacht haben.»
     
    Der Chorgesang löste sich in einzelne Stimmen auf und erstarb dann ganz.
    «Bitte behalten Sie Platz.» Die Stimme des Bischofs erklang klar und deutlich aus den Lautsprechern. «Offenbar haben wir einen Stromausfall, aber wir tun alles, was wir   …» Und dann fiel auch noch die Lautsprecheranlage aus.
    Merrily entdeckte Mick in seiner Mitra, umgeben von Kerzen und tanzenden Schatten, kurz bevor auch die Kerzen eine nach der anderen ausgingen. Die Luft begann nach erkaltendem Kerzenwachs zu riechen, und schließlich kam das einzige Licht von der riesigen Corona, die über dem Hauptaltar schwebte wie ein letzter Außenposten des Christentums.
    Merrily zog das Kreuz unter ihrem Umhang heraus. Sie stand dicht bei der Blutpfütze, auch wenn sie das Blut jetzt nicht mehr sehen konnte. Ein Baby weinte. Ein kalter Lufthauch strich durch die Kathedrale.
    «Gott»
, Merrily spürte, wie sich vor Angst ihr Magen ver krampfte,
«hilf mir mit Deiner Stärke.»
     
    «James?», rief der bärtige Pfarrer. «Wo bist du?»
    Jane trat einen Schritt unter dem Spitzbogen hervor und hörte die schweren Gewänder über den Boden streifen, als der Kinderbischof im Dunkeln an ihr vorbeilief. Die Kerzen seiner beiden Kerzenträger, die wie Wächter an der Tür der Trennwand gestanden hatten, waren ebenfalls ausgegangen. Nur noch eine kleine Flamme war zu sehen – die kleine Votivkerze, die man James Lyden gegeben hatte und die nun umgefallen auf der Werkbank lag. Jane rannte hin und schnappte sie sich, schirmte die Flamme mit ihrer Hand ab und ging wieder in das Querschiff, um auf das Rascheln der Gewänder zu lauschen.
    Lyden wollte irgendwohin, wurde irgendwohin gebracht, wurde von irgendwem begleitet.
    Sie hörte ihn sagen:
«Ja. Okay.»
Leise folgte sie seiner Stimme, aber ihre Schritte waren immer noch zu laut; hätte sie doch nur ihre Turnschuhe angezogen statt der verflixten guten Schuhe.
    Inzwischen konnte sie ihn auch sehen – eine schwarze Silhouette mit einer Mitra hob sich gegen das schwache Licht der riesigen gotischen Fenster mit den rautenförmigen Scheiben ab.
    Es gab nur noch das Mondlicht. Die Leute waren nur noch bewegungslose Schatten. Jane hörte gepresstes Flüstern und das Weinen eines Babys. Wo war Mom? Wo war Mom mit ihrem Kreuz? Warum rannte sie nicht zur Kanzel? Echt, wenn es jemals den richtigen Moment für einen Exorzismus und den Einsatz der Seelenpolizei gegeben hatte, dann war es jetzt.
    Sie sah die Silhouette mit der Mitra nicht mehr. Wohin war dieser ekelhafte Bastard verschwunden, der auf das Grab des Heiligen gespuckt und alles in Dunkelheit getaucht hatte? Natürlich wusste Jane, dass es in Wirklichkeit anders gelaufen war. Jemandhatte irgendwo einen Sicherungskasten lahmgelegt. Das war alles eine große, genauestens in Szene gesetzte Theatervorstellung.
    Schritte. Jemand ging eine Steintreppe hinunter.
    Die Krypta? Der Kinderbischof ging in die Krypta.
    Jane war noch nie da unten gewesen, obwohl die Krypta für Besucher offen stand. Mom kannte sie. Mom hatte gesagt, es gäbe nicht viel zu sehen. Es stapelten sich keine alten Särge aufeinander, so war es überhaupt nicht. An einem Ende befanden sich aufwändig gestaltete Grabmale, aber es waren nicht so viele, wie man vielleicht erwartet hätte. Das Ganze war einfach nur ein ziemlich kahler Steinkeller, mehr nicht, und noch dazu war er eher klein.
    Jane blieb oben an der Treppe stehen.
    Los, gib’s zu: Du hast Angst. Angst, zu Rowennas unheimlichem Freund in seinen Mittelalterklamotten runterzugehen. Du hast Angst davor, dass er da unten irgendetwas richtig Ekelhaftes macht, und du willst es nicht sehen.
    Der Typ war ein Scheißkerl. Genau wie Danny Gittoes, der für Rowenna in die Kirche von Ledwardine eingebrochen war, hatte James Lyden für sie auf das Grab des Heiligen gespuckt. Ein weiterer Sexsklave

Weitere Kostenlose Bücher