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Mittwinternacht

Mittwinternacht

Titel: Mittwinternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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er würde eine Drohung enthalten, eine Beschimpfung.
    In dem Umschlag befand sich ein einzelnes gefaltetes Blatt Papier. In die Mitte war eine einzige Zeile getippt worden.
     
    DER ERSTE EXORZIST WAR JESUS CHRISTUS.
     
    Mehr stand nicht darauf.

15
Männliches Ding
    Die Frau hinter der Ladentheke war einfach umwerfend schön, ganz gleich, welchen Maßstab man anlegte. Und noch dazu hatte sie diese geheimnisvolle, kühle Ausstrahlung und unwahrscheinlich langes Haar.
    Das Kinn tief in einen Wollschal gedrückt, spähte Jane durch das Schaufenster in den Laden. Samstagmorgen: genügend Sonnenschein, um Tausende Einkäufer aus der ganzen Region und sogar aus Wales nach Hereford zu locken, aber auch so kalt, dass selbst in der geschützten Church Street die Fensterscheiben beschlugen.
    Jane war mit dem frühen Bus gekommen, dem
einzigen
Bus, der samstags von Ledwardine aus fuhr. Um halb zwölf würde Rowenna sie vor der Bücherei aufsammeln. Heute war die Esoterikmesse.
    Also musste Jane noch ein paar Stunden totschlagen. Es war klar, dass sie irgendwann hier vorbeikommen würde.
    Beinahe wünschte sich Jane, sie hätte einen Bogen um den Laden gemacht. Es war einfach
zu
schrecklich. Lol hatte Songs über Geschöpfe wie dieses geschrieben. Und jetzt wohnte er über dem Laden, in dem so jemand arbeitete. Vielleicht schwebte die Frau mit der knisternden Ausstrahlung in der Mittagspause eine alte Wendeltreppe hinauf, wurde oben von Lol erwartet, und dann fingen sie an, sich gegenseitig auszuziehen, bevor sie sich in eine leidenschaftliche   …
    «Jane?»
    Verdammt. Er musste aus dem Seiteneingang gekommen sein. Sie musste cool bleiben, durfte keine Überraschung zeigen.
    «Also das ist sie, oder, Lol?»
    «Wer?»
    Er zitterte in seinem dünnen, fadenscheinigen Sweatshirt.
     
    Außerdem müsste er sich mal um seine Haare kümmern; seit der Pferdeschwanz ab war, sah er richtig erwachsen aus, beinahe wie ein achtunddreißigjähriger Mann.
    «Moon.» Jane zog den Schal herunter. In dem Laden bemerkte die Frau, dass die beiden sie ansahen, und lächelte ihnen abwesend zu, während sie auf dem Verkaufstresen ein paar CDs sortierte. «Sie sieht ziemlich durchschnittlich aus, oder?»
    «Beinahe unscheinbar», sagte Lol. «Jane, wie viel kostet es mich, wenn du von hier verschwindest und aufhörst, mich in peinliche Situationen zu bringen?»
    «Mehr, als du hast. Viel mehr.»
    «Wie wär’s mit einem Cappuccino?»
    «Na gut, das würde ausreichen», sagte Jane.
     
    Es war eine Art Herrenhaus und lag weit draußen auf dem Land. Das weitläufige Gebäude war nicht sehr alt, vermutlich stammte es aus dem frühen neunzehnten Jahrhundert. Die beiden gedrungenen Torpfosten neben der Einfahrt trugen schlichte Steinkugeln, und in der Mitte des Tors hing ein Schild. THE GLADES RESIDENTIAL HOME stand über einem violetten Hügel, auf den die Sonne schien.
    Vor dem Gebäude befand sich ein kleiner Parkplatz, von dem aus man einen wunderbaren Rundblick auf die Hügel von Radnor hatte, aber dann kam eine Frau um die Ecke des Hauses und bat Merrily mit einer Handbewegung, bis zu einer Doppelgarage aus Backstein hinter dem Haus weiterzufahren.
    «Sie tragen Ihre   … Uniform», sagte die Frau missbilligend, als Merrily ausstieg. «Vermutlich hätte ich doch mehr betonen sollen, dass wir sehr großen Wert auf Diskretion legen.»
    Merrily lächelte. «Machen Sie sich darüber keine Sorgen.»
Und wer weiß; wenn Sie Glück haben, stellen wir Ihren Fall vielleicht mal auf die Exorzismus-Website.
    «Es war alles unheimlich kompliziert», sagte die Frau. «Wir wollten nicht den Gemeindepfarrer herbitten – er ist viel zu bekannt hier   –, also war es am naheliegendsten, Mr.   Dobbs anzurufen, aber dann   … reden wir nicht darüber. Ich bin Susan Thorpe. Bitte kommen Sie hier entlang.»
    Susan Thorpe war korpulent und hatte ihr dunkelblondes Haar mit einer Spange nach hinten genommen. Sie führte Merrily durch eine kleine Hintertür, einen kurzen, düsteren Flur entlang und in ein Zimmer, das offenkundig ihr eigenes, ziemlich unaufgeräumtes Wohnzimmer war.
    «Nehmen Sie Platz. Werfen Sie die Zeitschriften einfach auf den Boden. Ich habe uns in der Küche einen Kaffee bestellt, das ist Ihnen doch recht, oder? Meine Güte, das hat mir gerade noch gefehlt, wirklich. Immer kommt alles auf einmal, geht es Ihnen nicht auch so? Jetzt erfahre ich auch noch, dass ich ein Zimmer für meine Mutter finden muss.»
    «Das ist bestimmt schwierig, wenn

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