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Mittwinternacht

Mittwinternacht

Titel: Mittwinternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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ist.»
    Übergangsphase? In dem niedrig hängenden Nebel fühlte sich Merrily, als sei sie in einen Wachtraum gezogen worden und dürfe ihn nicht verlassen – jedenfalls noch nicht gleich   –, um festzustellen, ob er sich wirklich in die Richtung entwickelte, die sie vermutete.
    Oder sollte sie einfach über die Broad Street zu ihrem Auto laufen? Oder   … Sie hörte Jane sagen:
«Es scheint allerdings gesellschaftlich okay zu sein, mit einem Bischof ins Bett zu steigen»,
und war entsetzt.
    «Mick, sehen Sie, es fängt schon an zu tauen. In einer halben Stunde bin ich zu Hause.»
    «Unsinn. Merrily, Sie wissen, dass Sie das eigentlich nicht tun wollen.»
    «Ich muss es aber tun.»
    Sie ging Richtung Straße, blieb jedoch stehen und drehte sich wieder um, als der Bischof mit leiser Beharrlichkeit weitersprach.
    «Man muss nur tun, was man tun will.»
    «Das stimmt nicht   …»
    Da sprach nicht der Bischof, sondern die Ausbeulung in seiner Trainingshose. Sie schloss kurz die Augen und wünschte ihn fort.
    «Oh   … Entschuldigen Sie, Miss.»
    Ein Mann trat hinter einem der Bäume hervor wie ein Penner auf Betteltour. Einer der Heimatlosen, denen Mick und Val bestimmt nicht die Türen des Bischofspalastes öffnen würden.
    «Jetzt nicht», sagte der Bischof gereizt.
    «Sorry, Sir. Ich meine nicht Sie, sondern die Lady. Sind Sie zufällig die Dame, deren Tochter ein Taxi bestellt hat?»
    «Wie?»
    «Mrs.   Watson?»
    «Watkins.»
    «Genau, das meinte ich.»
    Mick Hunter rührte sich nicht. Merrily zuckte mit den Schultern und lächelte ihn an. «Ich wusste nicht, dass sie das getan hat. Meine Tochter nimmt mir das Denken ab. Trotzdem danke, Bischof. Um welche Zeit soll ich am Montag zu Ihnen kommen?»
    «Elf Uhr», sagte der Bischof tonlos, «im Großen Saal.»
    Sie nickte. «Gute Nacht.»
    «Hier entlang», sagte der Taxifahrer.
    Mick Hunter war schon verschwunden, als sie feststellte, dass dieser Taxifahrer gar kein Auto dabeihatte.

20
Nichts Gutes
    Sie gingen schweigend ein Stück die Broad Street hinunter, bis Merrily sicher sein konnte, dass der Bischof wieder in seinem Palast war. Dann schob sie Lol Robinson eilig über den schneebedeckten Rasen und in die Church Street.
    «Jane hat mich vor ungefähr einer halben Stunde angerufen. Sie hat gesagt, du würdest irgendwann hier vorbei kommen und könntest sicher eine Tasse Kaffee brauchen.»
    «Was für einen guten Riecher das Kind hat.» Gott, sie war so froh, ihn zu sehen. Unter diesen Umständen wäre allerdings auch jeder andere ein Segen gewesen.
    «Ich schätze, sie hat sich Sorgen um dich gemacht», sagte er.
    Merrily lächelte. «Ganz bestimmt.» Sie fühlte sich unbeschwert, sogar glücklich, weil sie aus der Kathedrale heraus war.
    «Wer war dieser Typ im Jogginganzug?» Lol schloss eine Tür in der Gasse neben dem Musikladen auf.
    «Das, Laurence, war der Bischof von Hereford.»
    «Oh, ich verstehe.» Lol musste fast erfrieren, er trug nichts über seinem Sweatshirt mit dem Roswell-Alien. «Ich dachte, das wär so ein nächtlicher Jogger, der   … Ich weiß auch nicht genau.»
    «Mich für eine Nutte gehalten hat?»
    «Die trifft man ja ständig hier bei der Kathedrale.» Lol grinste. «Und wer war der Typ, den sie in den Krankenwagen verfrachtet haben?»
    «Kanonikus Dobbs. Er hatte einen Schlaganfall. Wir haben ihn nach seinem Zusammenbruch in der Kathedrale gefunden.»
    «Oh.» Lol schob die Tür mit der Schulter auf und schaltete das Licht an. Sie betraten einen Flur mit einer Treppe, in dem ein Mountainbike stand.
    «Sie haben mich gerufen», sagte Merrily, «weil er der Diözesan-Exorzist war   … ist. Ich vermute, du weißt darüber Bescheid.»
    «Na ja, ich habe mit Jane gesprochen.»
    «Dann bist du ja bestens informiert.»
     
    Sie sah sich in dem Raum mit der Balkendecke, den Fachwerkträgern und den Schiebefenstern aus kleinen Glasrechtecken um. Lols alte Gitarre lehnte in einem Metallständer neben dem Backsteinkamin. Davor stand ein fleckiger, durchgesessener Sessel, den sie aus seinem alten Cottage in Ledwardine kannte.
    «Darauf hat Ethel immer geschlafen», sagte sie.
    «Wie geht’s Ethel denn?»
    «Sehr gut. Als Pfarrhauskatze bekommt man Sonderpunkte.»
    Lol lief im Zimmer herum und drehte die Heizkörper auf. Seine Nickelbrille war leicht beschlagen.
    «Geht’s dir hier besser?» Merrily ließ sich in den Sessel fallen.
    «Ich bin noch nicht lange genug hier, um mir da sicher zu sein. Es ist okay, schätze ich.» Er

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