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MK Boeckelberg

MK Boeckelberg

Titel: MK Boeckelberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnold Kuesters
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um es genau zu sagen.«
    Hünner sah auf seine Hände. »Warum erzählen Sie mir das, Herr Kommissar?«
    »Ich wollte lediglich, dass Sie begreifen, dass Ihnen in diesem Büro ganz normale Menschen gegenübersitzen. Menschen, die auch schon Grenzsituationen erfahren haben.«
    »Welche Grenzsituationen?« Hünner zeigte zum ersten Mal so etwas wie Interesse.
    »Haben Sie schon einmal vor der Entscheidung gestanden, Ihrem Leben ein Ende zu setzen?«
    »Heißt das …?«
    »Ja, das heißt es. Ich habe am Abgrund gestanden.«
    »Und? Warum haben Sie es nicht getan?«
    Da, wieder dieser Blick, nicht länger als eine Millisekunde.
    »Weil es nichts geändert hätte.«
    »Vielleicht war das Kind noch nicht bereit für dieses Leben.«
    »Sie kennen so etwas?« Frank hauchte die Frage mehr als das er sie aussprach. Die nächsten Sätze würden darüber entscheiden, ob er weiter mit dem wahren Daniel C. Hünner in Kontakt bleiben würde.
    Hünner antwortete nicht sofort. Er sah auf seine Hände, dann wieder in diese undefinierbare Ferne jenseits von Frank, knetete seine Hände, suchte mit seinen Augen Halt im Raum, wischte sich die Handflächen an seinen Hosenbeinen ab, wiegte seinen Kopf wie unter einer Last. Schließlich antwortete er. »Ich war noch ein kleiner Junge.«
    Ein breiter Lichtstrahl fiel in Franks Büro. Für einen Moment tauchte er den Raum in ein feines, aber auch klares Licht. Die Wolken über der Stadt waren aufgerissen. Frank konnte Staubpartikel im Licht tanzen sehen. Er hielt den Atem an.
    »Ich war noch ein kleiner Junge, damals«, wiederholte Hünner. Er schien die besondere Atmosphäre im Raum nicht wahrzunehmen. Er sah jetzt unentwegt auf seine Hände. »Mein Vater war sehr streng, wissen Sie. Jede kleinste Missachtung seiner Hausordnung und seiner Anweisungen bedeutete Strafe. Wegen Kleinigkeiten. Verstehen Sie das? Sie haben mich fast das Leben gekostet.«
    Frank ließ Hünner Zeit, weiter zu erzählen.
    »Meine Mutter hat zu alldem geschwiegen. Sie hat nichts dagegen unternommen. Sie hat mich im Stich gelassen. Sie hat mich nicht getröstet. Nur immer wieder wiederholt, dass ich hart werden müsste, um dieses Leben bestehen zu können, dass sie mir ausgesucht hatten. Sie wollten mich auf meine zukünftigen Aufgaben vorbereiten. So hat sie es gesagt: Zukünftige Aufgaben. Ich sollte das Werk meines Vaters fortsetzen.«
    Frank bedeutete Hünner mit einer vorsichtigen Geste, fortzufahren.
    »Nächtelang habe ich wach gelegen, habe mit mir gekämpft, mit mir um die Frage gerungen, was der Sinn des Lebens ist.«
    Unversehens ging die Tür auf und Ecki stand mit einem Tablett und drei Bechern Kaffee im Raum. »Ist frisch aufgebrüht, der Kaffee.« Er hielt Hünner den Becher hin.
    Als sei er aus einer tiefen Trance aufgeweckt worden, sah Hünner Ecki mit schweren Augen an. Noch bevor Ecki seinen Fehler bemerkt hatte, war es auch schon zu spät. Später würde Frank behaupten, er habe förmlich hören können, wie der Faden gerissen war, den er vorsichtig zwischen sich und Hünner hatte spannen können.
    »Danke.« Hünner nahm den Becher und nickte geistesabwesend.
    »Sie wollten noch etwas sagen?« Frank wollte die magische Atmosphäre des Augenblicks zurückholen. Aber er scheiterte.
    »Ich war am Ende meiner Ausführungen, Herr Kommissar. Das war alles, was ich sagen wollte. Tut mir leid, was Ihnen und Ihrer Freundin passiert ist. Wirklich.«
    Ecki sah Frank fragend an. Der wandte nur den Blick ab und verfluchte innerlich den Kaffee. Hätte Ecki nicht noch länger wegbleiben können?
    »Hatte ich Sie unterbrochen?« Ecki versuchte zu retten, was noch zu retten war.
    »Nein, ist schon okay. Danke für den Kaffee. Er kommt im richtigen Augenblick.« Hünner ließ offen, was er damit meinte.
    »Sie bleiben also weiterhin bei Ihren Aussagen?«
    Hünner nickte.
    »Dann schildern Sie mir bitte noch einmal, welche Beziehung Sie zum Fußball haben.« Frank seufzte. Er würde Hünner schon noch knacken. Eben war er kurz davor gewesen. Es hatte nicht mehr viel gefehlt.
    »Das wissen Sie doch. Wir haben die Arena gebaut. Und wir haben selbstverständlich eine Loge dort. Meine Familie ist seit Jahrzehnten dem Verein und dieser Stadt eng verbunden. Aber das ist doch nicht neu für Sie. Das können Sie auch in der Vereinschronik nachlesen. Dazu muss ich nicht hier sitzen.«
    »Eben. Es geht mir auch mehr um die Frage, ob Sie mit Ihrer gesellschaftlichen Position Einfluss genommen haben auf Entscheidungen im

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