MK Boeckelberg
Zeit zu spielen. Die Nummer zieht nicht mehr. Ich werde gleich den Staatsanwalt rufen. Er wird entscheiden, ob die bisherigen Ergebnisse ausreichen, Sie der Haftrichterin vorzuführen. Ich denke, Sie sollten jetzt Ihren Anwalt anrufen.«
Hünner grunzte verächtlich.
»Ihre Überheblichkeit wird Ihnen noch das Genick brechen, Hünner. Glauben Sie mir.«
Der Unternehmer lächelte wieder.
Frank hatte das Gefühl, in eine Sackgasse geraten zu sein. Er wollte die Vernehmung schon abbrechen, als ihm etwas einfiel. »Sagen Sie, was haben Sie gemacht, bevor Carina sterben musste? Haben Sie sie vergewaltigt? Hat es Sie geil gemacht, dass sie sich gewehrt hat?«
»Hören Sie endlich auf, Borsch. Sie haben eine schmutzige Fantasie.«
»Meine Fantasie kann gar nicht so schmutzig sein wie Ihre.«
»Hören Sie endlich auf. Damit erreichen Sie nichts, rein gar nichts.«
»Abwarten.«
Hünner machte eine großzügige Geste. »Dann tun Sie, was Sie nicht lassen können, Borsch.«
»Darauf können Sie sich verlassen.«
»Pfft.«
»Ihnen wird Ihre überhebliche Art schon noch vergehen. Worauf warten Sie? Dass von irgendwo der rettende Engel kommt?«
»Lassen Sie mich endlich in Ruhe. Kann ich jetzt gehen?«
»So schnell geht das nicht. Also, noch einmal von vorne. Wann haben Sie Sabrina Genenger kennengelernt? Und wann ist Carinas Vater aus Ihrem Unternehmen ausgeschieden? Und warum? Waren Sie unzufrieden mit seiner Arbeit? Haben Sie ihn entlassen? Wollten Sie nicht länger durch ihn an Carina erinnert werden? Haben Sie gewusst, dass er von einer seiner Montagen nicht zurückgekehrt ist?«
Hünner schüttelte den Kopf.
»Sein Tod kam Ihnen nicht ungelegen, stimmt’s? Auch, dass Carinas Mutter im Irrenhaus gelandet ist, muss Ihnen das Gefühl von Sicherheit gegeben haben. Wusste sie, was mit ihrer Tochter passiert ist? Mütter haben ein Gespür für so etwas.«
Hünner lachte kurz auf und schüttelte dann seinen Kopf. »Ihre Fantasie möchte ich haben, Kommissar.«
Ecki war die ganze Zeit still gewesen. Nun wollte er nicht länger schweigen. »Beantworten Sie einfach die Frage meines Kollegen.«
»Sie wissen die Antwort, Kommissar. Warum soll ich etwas sagen? Sie haben mich doch schon verurteilt. Ich habe doch keine Chance mehr.«
»Das stimmt allerdings.«
»So meine ich das nicht.« Hünner war erstaunt, dass die Kriminalbeamten ihm nicht zuhören wollten.
»Es reicht jetzt, Hünner. Machen Sie endlich reinen Tisch.«
»Kann ich einen Kaffee haben?«
Hünners unvermittelte Frage brachte die beiden Ermittler für einen Augenblick aus dem Konzept.
»Milch und Zucker?« Ecki hatte sich als erster wieder in der Gewalt und war aufgestanden.
»Schwarz, bitte. Mit ein bisschen Zucker, wenn ich bitten darf.«
Da war sie wieder, diese Überheblichkeit. Aber Ecki verschwand trotzdem ohne Aufhebens in Richtung Kantine.
»Geht es Ihnen nicht gut?« Frank versuchte einen anderen Weg.
»Danke, es geht schon. Ich habe nur wenig Schlaf bekommen, vergangene Nacht.«
Frank nickte. »Mir geht es ähnlich. Ich schlafe in letzter Zeit schlecht.«
»Aha.«
»Wissen Sie, meine Freundin hatte eine Totgeburt. Und nun müssen wir versuchen unser Leben neu zu ordnen. Das ist nicht ganz leicht.«
Hünners Miene blieb unbeweglich. Nur an seinen Augen konnte Frank erkennen, dass es in dem Unternehmer arbeitete. Deshalb fuhr er fort. »Um ehrlich zu sein, bin ich am Ende meiner Kraft. Die vergangenen Wochen war eine einzige Qual für mich. Ich bin nicht sicher, ob ich noch das Leben führen möchte, das ich führe.«
Hünner ließ nicht erkennen, ob er mit Frank fühlte.
»So ein Ereignis wirft einen komplett aus der Bahn. Nichts ist mehr wie früher. Alles Schöne scheint mit einem Mal aus dieser Welt verschwunden zu sein. Ich meine, wir haben uns monatelang auf das Kind gefreut. Und dann verlässt es uns, noch bevor es diese Welt betreten hat. Warum tut die Natur das? Warum lässt Gott, wenn es ihn gibt, so etwas zu?« Frank machte eine hilflose Geste.
»Was sagt Ihre Freundin dazu? Wie geht sie damit um?« Hünner sah Frank für einen winzigen Augenblick direkt in die Augen.
Endlich, dachte Frank. Nun habe ich endlich einen Zipfel seines Schutzmantels greifen können. Jetzt nur keinen Fehler machen. »Das ist nicht einfach zu beantworten. Lisa, meine Freundin, ist verschwunden. Seit Tagen schon habe ich keine Nachricht. Auch ihre Eltern und Freunde nicht. Ich mache mir Sorgen. Diese Ungewissheit macht mich fast wahnsinnig,
Weitere Kostenlose Bücher