MK Boeckelberg
hätte gutgehen können, fast wäre Ihr Verbrechen nicht an die Öffentlichkeit gelangt – wenn, ja wenn der Verein nicht beschlossen hätte, das alte Stadion aufzugeben. Ihr Geheimnis war in Gefahr. Sie müssen ihre Parteifreunde gehasst haben, die den Beschluss zum Abriss gefasst haben. Haben Sie gute Miene zum bösen Spiel gemacht?«
Hünners Blick irrte ruhelos im Büro der beiden Ermittler hin und her, blieb immer wieder an dem Bild mit den verschränkten weißen und schwarzen Händen hängen, um dann wieder zum Fenster zu irren, hinter dem der Verkehr pulsierte.
Er muss das Geheimnis kennen! Er hat ihren Namen gesagt! Dabei hatte er ihn immer sorgsam vermieden. Was wusste dieser Kommissar schon von seinen Qualen? Wenn er sie schon kannte, warum hörte er dann nicht einfach auf? Hünner sah auf seine Hände. An ihnen klebte kein Blut. Nein, das ließ er sich nicht einreden. Alles war einfach so passiert, nicht aus einer Laune heraus. Carina. Carina? Wer war nur dieses Mädchen? Er kannte nur Hanna. Und Hanna war tot. Gestorben, ein Unglück. Damit hatte er nichts zu tun. Er hatte sie schließlich nicht an dem Mahnmal begraben. Nein, Carina kannte er nicht. Nur Hanna. Nur Hanna.
Frank wurde laut. »Hören Sie mir eigentlich zu, Hünner?«
Der Unternehmer senkte den Kopf.
»Ich habe doch gemerkt, dass Sie Carinas Namen kennen. Sie haben ihn all die Jahre nicht vergessen können.«
»Kenne keine Carina.«
»Ihr Vater war Bauschlosser in Ihrem Unternehmen. Cloerkes war schon unter Ihrem Vater in der Firma. Hünner, ich weiß ganz genau, dass Sie die Kleine gekannt haben. Wann ist Sie Ihnen das erste Mal aufgefallen? Was haben Sie an ihr schön gefunden? Ihre Zöpfe? Hatte sie Zöpfe? War sie schüchtern? Hat Sie das angemacht? Ihre Unschuld? Stehen Sie auf kleine Kinder? Oder reichte es Ihnen, die Fotos der Toten zu betrachten? Waren es nur zufällig Kinder, die Sie tot sehen wollten?«
Langsam, ganz langsam, machte sich ein seltsam entrücktes Lächeln im Gesicht des Unternehmers breit.
»Reden Sie endlich, Mann.« Auch Ecki hatte die Geduld verloren.
»Ich kenne keine Carina. Cloerkes hat bei uns gearbeitet. Ja, das stimmt. Aber dass er eine Tochter hatte, das wusste ich nicht. Das können Sie mir auch nicht nachweisen. Wissen Sie, wie viele Arbeiter mein Vater hatte? Nein, natürlich nicht, das wissen Sie nicht, Herr Kommissar.«
»Das interessiert mich auch nicht. Es reicht mir zu wissen, dass Carinas Vater bei Ihnen beschäftigt war. Die Schlinge zieht sich langsam zu, Hünner, spüren Sie das?«
Hünner fuhr sich mit beiden Händen durch sein Gesicht, sagte aber nichts. Er hatte nichts zu sagen. Nicht mehr.
»Sie leugnen also nicht, dass Sie Cloerkes gekannt haben. Warum haben Sie uns das nicht schon früher gesagt?«
Er schwieg. Was wusste der Kommissar schon, dachte Daniel C. Hünner. Alles nur Andeutungen und Vermutungen. Ich brauche mir keine Sorgen zu machen. Auch diesmal würde Hilfe kommen. Es konnte nicht mehr lange dauern.
»Hünner, machen Sie endlich reinen Tisch. Machen Sie es sich und uns nicht unnötig schwer. Wir werden schon noch beweisen, dass Sie Kontakt zu Carina hatten.«
Die kleine Carina. Wie schön sie doch gewesen war. Hünner konnte sich deutlich an das anmutige und vorwitzige Mädchen erinnern. »Lieber Onkel Daniel«, hatte sie immer zu ihm gesagt. Selbst am Schluss, als sie gemerkt haben musste, dass etwas nicht stimmte, hatte sie ihn vertrauensvoll »lieber Onkel Daniel« genannt. Deshalb hatte er auch ihren Namen vergessen wollen. Hanna war ein schöner Name, unbefleckt von irgendwelchen düsteren Erinnerungen und Gedanken. Er hatte all die Jahre gut mit Hanna leben können. Den Namen und die Erinnerung an Carina hatte er dagegen nicht ertragen können. Und ab und an, wenn er betrunken war, oder wenn er andere Kinder sah, hatte er das unschuldige Lachen der Kleinen vor sich gesehen. Und jetzt kam, nach all diesen Jahren, dieser Kommissar mit seinem dummen Kollegen daher und machte alles kaputt. Der Teufel sollte ihn holen, diesen penetranten Bullen.
Über Carina würde er mit der Polizei nie reden, höchstens über Hanna. Aber das sagte er den Kommissaren nicht. Einen anderen Namen würde er nie akzeptieren.
»Sie sind so still. Habe ich Sie überzeugt?«
Hünner blieb stumm. Er hatte nichts mehr zu sagen. Er wollte jetzt so lange warten, bis Hilfe kam. So wie bei dem toten Fotografen.
»Das Schweigen wird Ihnen nicht helfen. Sie brauchen gar nicht erst auf
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