MK Boeckelberg
OB-Kandidat mit seinem künftigen Dezernenten zu streiten hat?«, zischte Karsten Mösges und warf dabei den silbernen Brieföffner, mit dem er die ganze Zeit gespielt hatte, auf den Schreibtisch.
»Wie behandelst du mich eigentlich? Hast du schon vergessen, wer dir zu deinem Job verholfen hat? Das kann sich auch ganz schnell wieder ändern, mein Lieber. Baudezernenten finde ich an jeder Ecke. Und wer sagt mir, dass ich der Opposition nicht auch mal ein Zugeständnis machen werde? Du kannst nicht sicher sein, dass du beim nächsten Mal wiedergewählt wirst, Karsten Mösges. Ich bestimme hier, nicht du.«
»Benimm dich nicht wie ein kleines Kind. Und setz dich endlich.« Mösges blieb völlig unbeeindruckt von Hünners Drohung.
Hünner reagierte nicht. Stattdessen führ er Mösges mit unverminderter Härte an. »Unternimm endlich etwas. Sonst landen wir alle im Knast.«
»Dein Vater hatte Recht, du hast nicht das Zeug zum Unternehmer.«
»Lass meinen Vater aus dem Spiel. Du kannst mich nicht verletzen. Du nicht. Schaff endlich die Kameras aus dem Spielertrakt.«
»Und wie stellst du dir das vor? Soll ich einfach hineinspazieren und den Spielern sagen: Guten Morgen, meine Herren, bleiben Sie ruhig sitzen und nur keine Umstände! Ich will nur mal eben oben an die Spinde und diese kleine niedliche Kamera abmontieren. Nein, so einfach ist das nicht. Die Dinger sind gut versteckt und fest installiert. Da kann ich nicht einfach mit einem Schraubenzieher kommen.« Mösges lachte meckernd. »Der Verein würde mich keine Sekunde allein in den Räumen lassen. Die haben ihr Stadion zu einem Hochsicherheitstrakt ausgebaut. Ohne Chipkarte geht da gar nichts mehr. Die Bökelbergzeiten sind längst vorbei.«
»Dann lass dir endlich was einfallen. Die Dinger müssen verschwinden. Ich habe schon genug Scherereien.«
»Du wirst dich noch gedulden müssen. In der kommenden Woche habe ich mit den Herren vom Verein eine Baubesprechung. Dann bin ich im Stadion. Ich werde ihnen einen Baucheck für den Warmtrakt vorschlagen, da kann Röber unauffällig die Kameras ausbauen.«
»Müssen wir Röber wieder einschalten? Mir gefällt der Typ nicht. Er trinkt. Was ist, wenn er im besoffenen Kopf was ausplaudert?«
»Hast du eine bessere Idee? Wie sollen wir sonst an die Dinger kommen? Ich kann schlecht selbst auf die Leiter steigen. Lass mich nur machen. Röber überlass ruhig mir. Der wird nicht quatschen.«
Hünner schwieg. Was sollte er auch antworten? Mösges konnte in der Tat schlecht selbst im Blaumann im Vereinshaus auftauchen und die eingebauten Kameras entfernen.
»Scheiße! Die Sache ist mir zu heiß.« Hünner sah Mösges zornig an.
»Das hättest du dir eher überlegen müssen. Nun ist es zu spät. Immerhin profitierst du auch ganz schön von der Sache. Hast du das schon vergessen? Apropos: Rauh soll für eine Niederlage gegen Nürnberg sorgen. Gib ihm wieder 20.000. Das wird reichen. Und sieh zu, dass er diesmal keine Probleme macht. Erinnere ihn daran, dass wir noch mehr Fotos haben.«
»Ich mach das nicht mehr, Mösges.«
Karsten Mösges senkte seine Stimme. Seine Worte klangen in Hünners Ohren trotzdem wie Hammerschläge. »Hör gut zu, du bist Teil des Geschäfts. Du weißt, was das bedeutet. Die Kameras überlasse ruhig mir. Wir haben vorerst genug Fotos. Der Rest wird auch sauber erledigt.«
»Was meinst du damit?« Hünner wurde blass.
»Lass uns von was anderem reden. Kommst du mit Feusters weiter?«
* * *
Alexander Rauh zog seine starren Schienbeinschoner aus seinen Stutzen und warf sie neben sich auf die graue Bank. Erst die Taktikbesprechung, dann »Kondition bolzen«, wie der Trainer es gerne nannte, Spielzüge einstudieren, dann ein abschließendes Spielchen. Seine Füße brannten.
Er wollte jetzt nur noch unter die Dusche. Aber er konnte sich nicht bewegen. Er kam nicht von seinem Sitz hoch, um die wenigen Schritte zum Duschraum zu gehen. Benjamin Kappe Lambertz saß ebenfalls noch auf seinem Platz. Der Rest der Mannschaft duschte schon oder föhnte sich die Haare. Die Stimmung war gedrückt. Die Zeitungsberichte der vergangenen Tage hatte die Spieler arg getroffen. Von Gurkentruppe, letztem Aufgebot und Arbeitsverweigerung war die Rede gewesen. Trainer und Präsident hatten mehrfach nach dem Training den Spielern in der Kabine Dampf gemacht. Der Druck wurde von Tag zu Tag größer. Schon gab es erste Stimmen, die einen neuen Trainer forderten. Das war genau das, worauf einige aus der Mannschaft
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