MK Boeckelberg
das Karussell aufspringen sollte.
Am Anfang hatte er noch gedacht, mit seinem Wissen über Pietzeks Geschäftsgebaren ein Faustpfand in der Hand zu halten, das ihm einmal nützlich sein könnte. Aber er hatte schnell eingesehen, dass es tödlich sein könnte, diese Pietzeks und Kaisers zu Feinden zu haben.
»Das will ich hoffen, dass die GMG alles im Griff hat.« Pietzek sah Hünner von unten herauf an. In seinem Blick lag überraschenderweise so etwas wie Milde.
»Auf Mösges ist Verlass. Auch wenn das jetzt nicht so aussehen mag. Und was die GMG betrifft, haben wir als KFM den Laden im Griff.«
»Na, hoffentlich. Fehler können in diesem Geschäft tödlich sein. Gerade auch für einen künftigen Oberbürgermeister.«
Trotz der kaum verhüllten Drohung zwinkerte Pietzek Hünner zu, als habe er einen gelungenen Scherz gemacht.
»Was machen eigentlich die Vorbereitungen zu Ihrer Wahl?«
Daniel C. Hünner straffte sich, als habe man ihn soeben vor laufender Kamera um eine offizielle Bewertung der politischen Landschaft in NRW gebeten. Aber mehr als ein »Es läuft« kam ihm nicht über die Lippen. Er war irritiert, mit welcher Leichtigkeit Pietzek die Themen wechselte, so als betreibe er an diesem sonnigen Mittag in der Münchener Innenstadt lediglich eine gepflegte Konversation mit einem Geschäftspartner.
»Na, dann weiterhin viel Glück. Ich verspreche Ihnen, gewinnen Sie die Wahl, werden wir noch viel Spaß miteinander haben.«
Für Hünner klang der Satz wie eine Drohung.
»Wenn Sie Hilfe brauchen, lassen Sie es mich wissen. An einer Zuwendung für Ihren Wahlkampf soll es nicht scheitern.«
Er verstand nur zu gut, was der Chef der mächtigen IEA damit meinte.
»Wann fliegen Sie zurück? Heute abend?«
»Nein. Ich gönne mir eine kleine Auszeit. Ich fliege erst morgen zurück nach Düsseldorf.«
»Schön. Wenn Sie Abwechslung suchen, ich wüsste da etwas Nettes.«
Das konnte er sich vorstellen.
»Nein, danke. Ich möchte den Abend lieber alleine verbringen. Ich muss nachdenken.«
Georg-Friedhelm Pietzek machte eine gleichgültige Handbewegung und griff nach seinem Weinglas.
»Der Wein ist wirklich gut.«
* * *
Zur gleichen Zeit stand Alexander Rauh im Kabinentrakt unter der Dusche. Das Wasser war eiskalt. Er zitterte vor Kälte und vor Wut. Ein Mitspieler hatte ihn im Trainingsspiel kurz vor dem Strafraum übertrieben hart attackiert. Sofort hatte er den Schmerz in seinem rechten Knöchel gespürt. So ein Schwachsinn, im Training so hinzulangen. Nur mühsam hatte Alexander seinen Impuls unterdrücken können, auf den Teamkollegen loszugehen. Dafür war er zunächst auf dem Rasen liegen geblieben.
Auf dem Weg zur Kabine war Alexander an einigen Fans vorbeigekommen, die am Spielfeldrand das Training beobachtet hatten. Ihre Bemerkungen taten ihm weh. »Weichei« und »Loser« waren noch die harmlosesten Titel gewesen, die sie für ihn bereitgehalten hatten, dabei hatten sie höhnisch Beifall geklatscht. Mit gesenktem Kopf war Alexander wortlos an ihnen vorbeigegangen. Er hätte ihnen zu gerne entgegengeschrien, ihn in Ruhe zu lassen. Schließlich hatte sich ein älterer Mann ihm in den Weg gestellt und ihn als »arrogantes Arschloch« bezeichnet.
Die Kälte schmerzte auf seinem Körper. Alexander drehte das Wasser ab und begann auf dem Weg zu seinem Platz, sich abzutrocknen. Er hatte sich gerade das Badetuch um seine Hüften geschwungen, als er Paul Hefter bemerkte, der in der Tür zum Korridor stand.
»Musst du mich immer so erschrecken? Was willst du?«
Hefter nahm seine Brille ab und putzte die Gläser an seinem schmuddeligen T-Shirt. Umständlich setzte er sie wieder auf, bevor er antwortete.
»Nichts. Ich wollte dir nur sagen, dass das unfair war. Viel zu hart. Du darfst dich nicht verletzen. Wir brauchen dich noch. Hast du Schmerzen?«
»Es geht schon.« Alexander Rauh wunderte sich über Hefters Mitgefühl. »Das ist doch nicht der Grund, warum du hier herumschleichst?«
»Ich schleiche hier nicht herum. Ich tue nur meine Arbeit. Bald bin ich sogar noch öfter hier unten. Der Chef hat mir gesagt, dass ich sogar einen eigenen Raum bekomme. Ganz für mich alleine.«
Paul Hefter hatte offenbar den Vereinspräsidenten getroffen.
»Soso.«
»Ja, dann bin ich ein echter Angestellter.« Hefter klang stolz.
»Das glaubst du doch selbst nicht.«
»Doch, doch, das hat der Chef gesagt.«
Vermutlich hatte er Hefter im Vorbeigehen freundlich auf die Schultern geklopft und ein paar
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