Mobbing
selbst zu erheben. Das unbedeutende Licht fühlt sich dadurch aufgewertet, dass es sich auf ein sozial schwächeres Mitglied stürzt oder auf jemanden, der in irgendeiner Weise „anders“ ist (durch Behinderung, Rasse, Geschlecht, Religion, Gewohnheiten usw.), und diesen mobbt. Folgende Motive können eine Rolle spielen:
Mobbing kann ein Ventil sein für Frustration und Unzufriedenheit mit der eigenen Lebenssituation. Der Mobber lässt seinen Frust an jemand anderem aus.
Es kann sich um nachtragende Rache für eine vermeintliche (oder echte) Niederlage handeln oder Ausdruck der Tatsache sein, dass man einfach jemanden nicht leiden kann.
Es soll jemand an eine Gruppennorm angepasst werden. Abweichler kann man nicht gebrauchen.
Es kann sich auch einfach nur um Mitläufertum handeln, d. h. um den Wunsch, zu den „Starken“ dazuzugehören.
Die Angst, der Kollege oder die Kollegin könnten einen vom jetzigen Arbeitsplatz verdrängen, kann Kollegen leiten. Durch das Mobbing soll der Konkurrent vertrieben werden.
Weiterhin können Ärger und Neid auf einen Kollegen bestehen, der scheinbar bevorzugt wird, besser aussieht oder scheinbar bessere Leistungen erbringt.
Ein Klassiker sind Angriffe auf angebliche Drückeberger und häufig Kranke, deren Arbeit man ständig mit erledigen muss.
Und zu guter Letzt gibt es noch Mobber, die so wenig Fingerspitzengefühl haben und so unsensibel sind, dass sie gar nicht merken, wenn sie ständig Leute kränken und beleidigen.
Faktoren beeinflussen sich gegenseitig
Es liegt immer ein Wechselspiel zwischen äußeren (den Rahmen betreffenden) und inneren (personenbedingten) Faktoren vor. Wenn der Rahmen ungünstig ist und Mobbing ermöglicht und außerdem entsprechende Persönlichkeitsfaktoren bei den Betroffenen hinzukommen, ist die Wahrscheinlichkeit für Mobbing deutlich erhöht. Jeder Fall ist natürlich anders gelagert und stellt eine Kombination der genannten Faktoren dar.
Beispiel
Herr F. ist ein zurückhaltender Mensch. Er bemerkt Konflikte oft zu spät und versucht sie zu vermeiden. In der Arbeitsgruppe von Herrn F. kommt es oft zu Frustration und Neid. Die Gruppe sucht einen Sündenbock. Durch das schüchterne Auftreten von Herrn F. wird er oft zum Opfer von Ausgrenzung. Das Betriebsklima ist ohnehin schlechter geworden, seit die Firma von Herrn F. vor zwei Jahren verkauft wurde. In allen Abteilungen herrscht wenig sozialer Rückhalt. Herr F. ist bereits 54. Er befürchtet, keinen anderen adäquaten Arbeitsplatz mehr zu finden. Die Führungsetage zeigt wenig Unterstützung. Einer der Abteilungsleiter ist sehr leistungsorientiert und würde Herrn F. gerne loswerden und durch einen jüngeren Kollegen ersetzen. Die Anfeindungen in der eigenen Abteilung nehmen zu, und als der Vorgesetzte dies bemerkt, hat er einen Grund, Herrn F. psychisch unter Druck zu setzen.
Das Beispiel zeigt, wie es in der Praxis oft zugeht. Es kommen mehrere Faktoren zusammen – die Charakterstruktur von Herrn F. und seinen Kollegen, das Betriebsklima in Zeiten der Umstrukturierung mit erhöhter Unsicherheit und der Führungsstil von Herrn F.s Vorgesetzten. Das Zusammentreffen dieser Faktoren löst eine Negativspirale aus.
Ursachen von Mobbing
Von den ersten Anzeichen zum Psychoterror
Wie verläuft Mobbing eigentlich? Kommt es aus heiterem Himmel oder ist es vorhersehbar? Wie erklärt es sich, dass ein Mobbingprozess sich über durchschnittlich 18 Monate (teilweise sogar über drei Jahre) hinziehen kann, ohne dass er unterbunden wird? Es gibt dazu verschiedene Phasenmodelle, das bekannteste wird im Folgenden vorgestellt.
1. Die frühe Phase
Ein Konflikt, wie er im Kollegenkreis immer mal wieder auftritt, wird normalerweise beigelegt und geklärt. Bleibt er allerdings offen und unbearbeitet, kann er unterschwellig weiter wirken. Betroffen ist dann vor allem die Beziehungsebene und nicht mehr die Sachebene, d. h., die Stimmung unter den Kollegen ist gereizt oder irritiert, womöglich aber auch verunsichert oder ängstlich.
Beispiel
Frau G. hat eine Meinungsverschiedenheit mit Frau M. darüber, wie ein bestimmtes Projekt sich entwickeln soll. Anfangs verläuft die Diskussion darüber noch sachlich, mit der Zeit schleichen sich aber auch spitze Bemerkungen bei Frau G. ein. Auch Frau M. wird schnippisch. Zunächst bemerken noch beide, dass ihre Meinungsverschiedenheit sich in eine ungute Richtung entwickelt. Mehrmals sucht Frau G. das Gespräch, um sich zu entschuldigen und wieder zu versöhnen.
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