Mobile Röntgenstationen - Roman
Lucija die Männer an wie ein Magnet, der ihr offenbar von Geburt an zwischen ihren langen Beinen einmontiert war.
Und so geschah es auch. Das Ende unserer Beziehung kam ohne Vorwarnung, ohne dass Gründe genannt wurden. Erst viel später verstand ich, dass sie sich human und richtig verhalten hatte. Sie verabschiedete sich von mir, ganz plötzlich, ohne Worte und ohne Kommentar. Mithin, nach dem langen Tanzabend, als ich die Probleme der Gesundheitsvorsorge und mobiler Einrichtungen, erotische und selbst Moralprobleme zu lösen versuchte, saßen Bladžius und Lucija am anderen Ende des Platzes eng beieinander, unterhielten sich lebhaft und trennten sich schon nicht mehr bis zum Ende der Veranstaltung. Und die wollte gar kein Ende nehmen. Bladžius redete auf die Musiker ein, steckte ihnen einen Schein zu, dann gingen sie, nachdem sie einen zauberhaften Tango getanzt hatten. Gewiss, es war kein klassischer Tango, die beiden standen nur, wie vorher auch, eng umschlungen und wiegten sich in den Hüften. Ich tanzte mit Aldutė und musste alles aus der Nähe mit ansehen: Lucija, die beide Arme um Bladžius geschlungen hatte, die Augen geschlossen, und den ihr schlankes Hälschen küssenden Fluorographen. Wann wird er ihre Lungen durchleuchten und wo? Nach diesem Tanz verschwanden sie in der Dunkelheit zwischen den Linden. Wie konnte ich ahnen, dass die beiden, als gehörten sie derselben Tiergattung an, sich schon aus einiger Entfernung witterten und es schon geschafft hatten, über Čechov, Saša Čërnyj, vielleicht sogar über Rimbaud zu sprechen? So war es vielleicht nur für mich seltsam, dass sie sich gleich nach dem Tanz davon gemacht hatten. Verrückt vor Eifersucht, verfolgte ich sie und erstarrte dann vor Scham: Beide saßen auf einer Bank im Park, neben der Hauptallee, wieder lebhaft im Gespräch, wobei, wie konnte es anders sein, Lucija fast allein redete. Dabei rauchte sie Orpheus , diese bulgarischen Zigaretten. Ich räusperte mich und hustete, als hätte ich mich an einem Apfel verschluckt. Lucija erkannte mich, winkte mich heran. Wie der letzte Idiot saß ich neben ihr, und die beiden unterhielten sich weiter, diesmal schon über Kaljagin und Smoktunovski. Einige Male versuchte ich mich einzumischen, aber Lucija drehte sich brüsk zu mir um, ihr Gesichtsausdruck, obwohl in der Dunkelheit gar nicht zu sehen, reichte aus, um mich zum Schweigen zu bringen. Noch immer war ich ein nichtswürdiger Liebessklave. Als ich es dann doch nicht mehr aushielt und einwandte, die Russen hätten doch alles, was sie zu sagen hatten, bereits im neunzehnten Jahrhundert gesagt, seufzte Lucija hörbar und verärgert. Und dann verriet sie mich schon öffentlich. In so einem Beschützerinnenton, es klang beinahe mütterlich, sagte sie: Antanas, hör dir dieses Jüngelchen an. Salomon, nicht wahr? Und nun kicherte sie. Ich, der jetzt auch sie hasste und mich selbst dazu, schluckte nur. Und dann Lucija, ganz offen: Wir haben uns nett angefreundet, aber das Lager und der Sommer sind schon vorbei, schade.
Kein Zweifel, da redete eine Klartext. Antanas Bladžius schwieg höflich. Mir erschien er als ein ungewöhnlich kultivierter und gebildeter Mann. Ich war überzeugt, dass er im tiefsten Inneren Lucijas spöttische Attacken missbilligte. Hätte er auch gekichert oder Ähnliches, ich hätte, aus Dummheit, zugeschlagen und wäre davongelaufen. Macht, was ihr wollt. Aber er kicherte nicht, und ich ließ schweigend den Kopf hängen. Woher konnte ich wissen, dass Noriūtė und Bladžius alte Bekannte waren, sogar sehr nahe, nur hatten sie sich aus den Augen verloren und waren plötzlich aufeinandergeprallt, hier, in dieser Abgeschiedenheit. Ich schluckte nochmal, erhob mich wortlos und kehrte zum Tanzplatz zurück. Dort entschloss ich mich, um meinen Frust loszuwerden, Aldutė zu attackieren, aber Krutulukas klebte an ihr wie ein Kaugummi und hielt mit seiner Pranke ihr Händchen. Ganz wie Remi und Salė, die beiden. Schon wollte ich mich ganz und gar aus dem Staub machen, als der Lagerleiter kam und erklärte, es finde ein Fest statt. Ein Abschlussball. Mich selbst, das wusste ich, zog es überhaupt nicht in dieses Getümmel. Alles fand in demselben Schulspeisungsraum statt, wo ich den Leiter mit Aldutė erwischt hatte. Vielleicht sollte ich Krutulukas informieren? Lächerlich.
Ein reich gedeckter Tisch. Viel Fleisch und Salat. Sogar Torte. Unmengen von Schnaps und Bier. Und die beiden kamen. Es hatte nicht den Anschein, dass
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