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Mobile Röntgenstationen - Roman

Mobile Röntgenstationen - Roman

Titel: Mobile Röntgenstationen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ATHENA-Verlag e. K.
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jedenfalls im Eimer. Das Beste wäre wohl gewesen, aufzustehen und zu gehen, aber ich saß wie angewurzelt. Was ich damit rechtfertigte, dass man die beiden jetzt nicht allein lassen konnte, weil sonst noch einer dem anderen den Garaus machte. Dann wendeten sich die Dinge, auf einmal fiel sie dem Opfer um den Hals, bettelte um Verzeihung. Der Lyriker lächelte schon wieder, wenn auch noch etwas gequält. Ach ihr, dachte ich, streitet euch hier wegen Wasserpumpen und Tomaten, während mich globale Probleme in Atem halten. Aber dann verabschiedeten wir uns in aller Harmonie. Beide baten mich heuchlerisch zu bleiben – kannst auf der Veranda übernachten, dort schläfst du wie ein Gott! Ich schüttelte nur den Kopf. Dennoch packten sie mir die noch halbvolle Pulle in meine Tasche, belegte Brote und dieselben Gurken. Prima Menschen eigentlich, nur die Künste machen alles kaputt.
    Diese Wohltaten teilte ich schon bald mit der Germanistin Danielė Starkutė, die ich im Nachtzug Richtung Grodon traf. Ich kannte sie wenig, erfuhr jedoch, dass wir im Falle meiner Rückkehr und Fortsetzung des Studiums in einer Seminargruppe wären. Aus alberner Neugier oder weil ich ein wenig angesäuselt war, erkundigte ich mich nach der geistigen, akademischen Atmosphäre dort. Sie lächelte nur und machte einige spöttische Bemerkungen. Offenbar freute sie sich, mich getroffen zu haben. Davon ermutigt begann ich, ihre Ansichten zu erforschen: über das Leben an und für sich, über die Kunst und über nichteheliche Beziehungen. Wie denkst du darüber, Danielė? Danielė trank auch direkt aus der Flasche: Nicht eine ihrer Kolleginnen würde das wagen! Als es auf Valkininkai zuging, hielt ich schon fest ihre zarten Schultern umschlungen, und als der Zug weiter ratterte, durch die Wälder Dzū-kijas, küssten wir uns so energisch, als wäre es das größte Missverständnis gewesen, dass wir uns bisher nur aus der Ferne gleichgültig gegrüßt hatten. Danielė war allerdings nicht dazu zu bewegen, zu Brūklys, das heißt zu mir, mitzukommen. Und vielleicht hatte ich auch ohne Grund davon geredet, wir seien künftige Kollegen?
    Mir war leider nichts Besseres eingefallen. Ich versuche, dachte ich, weiter zu studieren, vielleicht leg ich mich richtig ins Zeug. Natürlich, dann werde ich wieder mit Stepaškin namenlose Höhen zu erstürmen haben, aber es stürmen doch alle!
    Besser mit den Unsrigen als wer weiß wo. Viele sagten mir das. Was ist los mit dir, hieß es. Kannst du nicht einmal in der Woche leiden?
    Als sie mich im Auditorium erblickt hatte, errötete Danielė und drehte sich weg. Die anderen gaben sich zurückhaltend, aber keinesfalls feindlich. Sie waren informiert über meine Angelegenheiten, kein Geheimnis, klar, waren auch meine Hämorrhoiden. Ich hatte nicht die Kraft und den Willen, irgendetwas zu bestreiten und dem Auditorium meinen klassisch gesunden Ausgang zu präsentieren, wäre frech und unethisch gewesen. Deshalb pflegte ich nur mit Danielė Umgang und noch einigen unauffälligen Mädchen. Ende September äußerte die Starkutė selbst den Wunsch, mich in meiner Höhle zu besuchen. Kaum war sie eingetroffen, wischte sie zuerst den schon schwarzen Fußboden, wusch einen Berg schmutzstarrenden Geschirrs ab, kochte für mich und den Hausherrn eine mit Makkaroni angereicherte Milchsuppe. Und als Brūklys, von ihr entzückt, eine Flasche Klaren auf den Tisch brachte, trank sie mit, ohne die Stirn in Falten zu ziehen, aber ihr Maß kannte sie. Dann pustete sie den Staub von Brūklys’ Gitarre, die an der Wand gehangen hatte, stimmte sie lange, sang, und gar nicht übel, das Lied vom Schwarzen Raben mit der weißen Hand im Schnabel. Dann blieb sie ganz von selbst über Nacht. Am seltsamsten war, dass sie auch anderntags zu bleiben gedachte, tatsächlich, es war anscheinend Sonntag. Schweigend schlenderten wir durch die Stadt. Der Rubikon war bereits überschritten, wozu noch leere Reden? In der Galerie lauschten wir einem Orgelkonzert, Eintritt frei, vielleicht das erste Konzert dieser Art in meinem verpfuschten Leben. Es folgte ein bescheidenes Mittagessen im Narutis , dann ging es zurück zu Brūklys. Am Montagabend zog Danielė einfach zu mir, brachte einige Kleider mit, ein Bügeleisen, Bücher. Gewissensbisse waren nicht am Platz: Lucija hatte sich mit Bladžius zusammengetan und Elli bereits den gutherzigen Ukrainer im Netz. Den Senator. Mit Danielė zogen Ruhe und Geborgenheit ein. Sie litt, sagte aber nichts, wenn ich

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