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Mobile Röntgenstationen - Roman

Mobile Röntgenstationen - Roman

Titel: Mobile Röntgenstationen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ATHENA-Verlag e. K.
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zugeteilt wird, das nimm auch! Als ich bereits in der Tür stand und mich noch einmal umdrehte, um mich zu bedanken, begegnete ich einem schweren Blick. Wo hatte ich nur schon einmal solche Augen gesehen? Ach ja, ich erinnerte mich. So hatte mich Oberstleutnant Stepaškin angestarrt, im Kurort, als er, nackt und mit seiner Blondine beschäftigt, von mir ertappt worden war.

8
    Man kann sagen, dass im Krankenhaus anfangs alles bestens lief. Mein Blutdruck war konstant hoch, es blieben einige meiner Ansicht nach ganz und gar unnötige Untersuchungen. Ich war von besten Hoffnungen erfüllt. Aus ihrem Dorf schrieb mir Danielė: ein wenig sentimental, dann wieder mit sanfter Ironie. Aber ich spürte: Sie war bedrückt. Sagte auch nicht alles. Sie werde dort eine Weile bleiben. Oder sollte ich sie doch überreden, wieder herzukommen? In einem sowjetischen Krankenhaus wurde man nicht nur misstrauischer, sondern auch reizbar, kapriziös, ungeduldig. Selbst solche unechten Patienten wie ich verloren hier ihr seelisches Gleichgewicht.
    Meine Übungen liefen jetzt genau nach Plan. Als ich Hrasilda mein Geheimnis offenbarte, lachte sie nur, doch sie stand mir zur Seite. Hier, bekam ich zu hören, sind wir nur Kollegen, sogar in doppelter Hinsicht. Weder deine politischen noch deine ästhetischen Ansichten interessieren mich auch nur im Geringsten! Sie witterte sofort, aus wem man etwas herausbekommen konnte – Topleute wie sie finden immer einen Weg! –, und bald wusste ich auf die Minute genau, wann sie mich holten, um mehrere Male hintereinander den Blutdruck zu messen. Ich hockte dann bereits im Bett, hatte eine leidende Miene aufgesetzt und wusste: Gleich kommt die Schwester, ruft meinen Namen auf, manchmal auch den Vornamen, dann schlich ich hinter ihr her in die Arztpraxis, und der Doktor nickte wieder mit dem Kopf: Sieht nicht gut aus, junger Mann. Hält sich! Wie sollte es auch anders sein, wo ich doch gerade vor fünfzehn Minuten eine schwarze Pamir geraucht, ein Glas Wasser getrunken und dann energisch Kniebeugen absolviert hatte, wie eine Maschine. Wie sollte er da runtergehen! Tag für Tag schrieb dieser mir durchaus sympathische Doktor – so erschien er mir damals – Zahlen in eine grafische Darstellung. Und die waren günstig für mich. Resultate einer absichtlichen Selbstschwächung. Einmal hatte ich es sogar übertrieben, der Blutdruck erinnerte nicht an einen Zwanzigjährigen, sondern an die Hypertonie eines Alten am Ende seiner Tage. Ich war bereits in Sorge, der Doktor könnte Verdacht schöpfen. Man musste sich mit Hrasilda beraten, sofort. Im Laufschritt eilte ich zu ihrem Krankenzimmer, aber kaum hatte ich die Tür ein wenig geöffnet, prallte ich zurück. Im Bett das asthmageplagte Mädchen und über ihr, in einem Medizinerkittel, kein anderer als Švirmickas, der ewige Therapeut, Tenor im Laienchor und jetzt schon wieder das von der Leine gelassene Gewerkschaftsvieh. So vertieft war er in seine Arbeit, dass er selbst wie ein schwer, fast unheilbar Kranker keuchte. Und weil er mich nicht sehen konnte, er war in der oberen Position, mit dem Rücken zur Tür, begegnete ich nur Hrasildas Wieselaugen, von Begierde verschleiert und noch schwärzer als sonst. Einen kurzen Augenblick trafen sich unsere Blicke, ich rannte davon in das andere, entfernt gelegene Zimmer, die Reparaturarbeiten dort waren keinen Zentimeter vorangekommen. In der ganzen Zeit, die ich hier verbrachte, hatte sich nicht ein Maler oder Tischler hierher verirrt. Umso besser. Dank Hrasės Umsicht hatte sich hier ein noch brauchbarer roter Sessel aus dem Besucherzimmer eingefunden, den Tisch ersetzte eine auf zwei Hockern deponierte Schreibtischplatte, aber am meisten freuten wir uns über eine neue, geräumige Matratze. Hin und wieder schlief ich hier, wenn das Gestöhne und Gejammere in meinem Zimmer unerträglich geworden war. Oder die Schnarcherei, die einen noch mehr in Wut versetzte. Aber nicht deswegen hatte Hrasė Giedriūtė diesen ganzen Pseudokomfort organisiert. Organisieren, davon verstand sie etwas. Auf dieser Matratze trieben wir zu einer bestimmten Tageszeit dasselbe, was jetzt Šveras tat, als ich, um schnellen Rat zu suchen und ohne anzuklopfen, Hrasės Zimmertür geöffnet hatte. Und er hätte doch wenigstens abschließen können. Ich fühlte mich verraten und betrogen, und das war schon komisch. Hatte ich doch gar kein Recht dazu. Der Begriff der Treue existierte nicht in unserer kurzzeitigen Liaison. Der Vertrag eines

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