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Mobile Röntgenstationen - Roman

Mobile Röntgenstationen - Roman

Titel: Mobile Röntgenstationen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ATHENA-Verlag e. K.
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sehr ausgeprägte Sympathie –, wir flattern und fliegen, wir steigen und steigen! Ohne Visum, wie die Stare und Störche. Im vorigen Jahr hab ich mit Genossen aus Moskau Cambridge besucht, danach die Sorbonne. Ich war an Amerikas Universitäten – meinst du, ich bin blind? Mein Lieber – Grasildas Stimme wurde noch heiserer –, es ist keine Zeit für lange Meditationen. Mein Asthma ist unheilbar, ich weiß das gut genug. Wohl kurzzeitig zu lindern, aber nicht zu heilen. Aber ich werde die Flinte nicht ins Korn werfen, da kannst du beruhigt sein. Ich werde euch alle noch überleben. Zumindest deine Danielė, die ganz bestimmt. Sei nicht beleidigt, ich weiß Bescheid: Die Krankheit bei ihr progressiert.
    Sie verstand es, einen zu treffen. Wo es doch möglich war, dass sie die Wahrheit sagte. Ich spürte es: Grasilda war schrecklich unglücklich, furchtbar einsam und unerhört grausam, grausamer noch als Stepaškin, der vielleicht auch Wahrheiten bereit hielt, sie einem wie eine Hand voll Sand ins Gesicht schleuderte. Zynismus und Hass aus einem krankhaft-pathologischen Zustand heraus: Warum seid ihr Halunken nicht an Asthma erkrankt, warum ausgerechnet ich? Wo ich doch so begabt, so talentiert, so schön bin? Anfangs perfekte Tarnung, aber dann schon ohne jegliche Anstrengung, alle der Reihe nach und aus Prinzip. In den Orkus mit euch, wenn es mir schon dreckig geht. Aber ihren Wahlspruch, dass Asthmatiker nicht selten Gesunde überleben, hatte sich Grasilda ausgedacht.
    Ich begleitete sie zu ihrem Zimmer. In einer Biegung des Korridors, wo es etwas dunkler war, rutschte Hrasilda unversehens aus – nein, sie spielte das meisterhaft! – und prallte mit ihrem flachen Hintern in meine Leistengegend. Und nie werde ich verstehen, wie dann meine Hand der Komsomolführerin ans Schamhaar geriet …!
    Nicht jetzt! Nicht hier! – zischte sie böse. – Morgen! Dort, wo wir hergekommen sind. Ich bin auch ein Mensch, setzte sie aus irgendeinem Grund hinzu. Und dann noch: Du bist ein Narr, ein blinder Narr!
    Ich wollte schon in meine Abteilung zurück, aber sie ließ mich nicht.
    Hier geblieben. Du kommst mit mir! Und nun führte sie meine Hand selber dorthin, wohin sie sich ganz zufällig verirrt hatte. Ich zog die Hand weg und schob die Kranke unmerklich vor mir her. Nicht weit entfernt war ihr Zimmer, und darin, ungeachtet der ausgerufenen strengen Quarantäne, wartete ein Mann auf sie. In weißem Arztkittel, sogar mit der dazugehörigen Kopfbedeckung, nur ohne Mundschutz. Ich erkannte ihn sofort, und wer kannte ihn nicht: Mediziner im fünften Studienjahr, Ensemblemitglied und Chef der Studentengewerkschaft Alfonsas Švirmickas, genannt Šveras. Ein schon etwas in die Jahre gekommener Veteran, der schon bald neun Jahre studierte und diktatorisch die Gewerkschaftskasse verwaltete. Ein wichtiger Mann. Ein sehr beschäftigter Mann, der jetzt dasaß, die Lippen zusammengepresst, und auf Hrasilda wartete.
    Oh! Hrasilda gab sich erstaunt, was natürlich wieder gespielt war. Šveras. Wo kommst du denn her?
    Von daher, wo die Hühner put put machen. Das hätte er wohl gern geantwortet, aber er schwieg, starrte mich nur an.
    Macht euch miteinander bekannt, riet Hrasilda.
    Wir kennen uns bereits, knurrte Šveras.
    Wie auch nicht. Übers Ohr gehauen hat mich dieser Halunke, als er eine Bühnendekoration nicht bezahlte, eine Auftragsarbeit für Malonė, obwohl er es versprochen hatte! Nicht mal Malonė selbst bekam etwas, dem hatte er es auch versprochen. Wenn du fertig bist, gehen wir gleich zu Švirmickas! Von wegen. Noch jetzt hab ich diese Dekoration vor Augen. Hatte Malonė doch vorgehabt, den Weltenbrand zu inszenieren. Vydunas. [38] Viel schwarze, viel rote Farbe . Und grau – für die Asche.
    Ich geh jetzt, erklärte ich düster. Es gibt gleich Mittag.
    Nichts da, entschied Hrasilda. Gleichsam abwägend hielt sie den Beutel, den Šveras mitgebracht hatte, in der Hand, warf einen Blick auf die schon im Wasser stehenden Rosen.
    Da wollen wir doch mal sehen, was dieser Šveras mitgebracht hat! Wir sind Kollegen, teilen alles.
    Der Gewerkschaftsführer knirschte wohl lautlos mit den Zähnen, als er mit ansehen musste, wie seine geliebte und von ihm angeleitete Giedriūtė mir in einen anderen Beutel Kompott und Beerenmarmelade einpackte und alles zur Hälfte teilte: die so schwer erstandenen Apfelsinen, die Birnen von der Krim, den Honig …
    Ist vielleicht nicht nötig, murmelte ich, aber Hrasė hob nur die Hand. Was dir

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