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Mobile

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Titel: Mobile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Richter
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kaum Luft zu bekommen.
    Carola kreischte Joachims Namen.

Sonntag, 16. Juni
     
    D er Schopf war fort. Die schwarze Farbe, die die Haare der Holzfigur dargestellt hatte, war verschwunden. Carola konnte ihre Tränen nicht zurückhalten. Sie wollte es auch gar nicht. Die Hilflosigkeit, der Zorn, die Müdigkeit nach einer schlaflosen Nacht - all das musste raus.
    Sie ließ die Holzfigur los. Das Mobile tanzte über dem leeren Kinderbett.
    »Warum weinst du, Mama?«
    Niklas. Carola hatte gedacht, er schliefe noch, es war erst acht Uhr. Rasch wischte sie sich über die Augen, dann drehte sie sich um.
    »Guten Morgen, mein Schatz«, sagte sie und versuchte ein heiteres Lächeln.
    »Bist du wegen irgendetwas traurig?«
    »Nein, es ist alles in bester Ordnung.«
    Sie gab Niklas einen Kuss.
    »Wo ist Daniel?«, fragte Niklas.
    »Im Schlafzimmer. Bei Papa. Die beiden schlafen.«
    »Er hat einmal ganz schön laut geschrien in der Nacht.«
    »Ich wusste nicht, dass du es gehört hast. Als ich in dein Zimmer geguckt habe, hattest du geschlafen.«
    »Ich glaube, ich bin gleich wieder eingeschlafen.«
    »Das ist gut .«
    Sie gab ihm noch einen Kuss.
    »Möchtest du schon etwas essen? Einen Marmeladen-Toast?«
    Er schüttelte den Kopf. »Darf ich ein bisschen Fernsehen? Bitte!«
    Nein, war Carola im Begriff zu sagen, doch sie nickte. Sie hatte keine Lust auf ein nörgelndes Kind, außerdem wä re Niklas beschäftigt und sie hätte ein wenig Ruhe.
    Der Junge strahl te und verschwand in Richtung Wohnzimmer.
    Carola s Gedanken flogen umher. Nach und nach sah sie sich die Figuren des Mobiles genau an. Bei allen waren die Farben vollständig und kräftig - bis auf eine.
    Wieso?
    Weil das Mobile etwas machte. Mit Daniel.
    Hatte Joachim Recht?
    Aber was machte das Mobile? Und vor allem: Warum machte es etwas? »Ja, was und warum«, murmelte sie ihren Gedanken hinterher. »Weshalb braucht Daniel die Gegenwart des Mobiles wie die Luft zum Atmen und weshalb lässt sich diese seltsame Verbindung nicht ohne weiteres lösen?«
    Sie ließ die Holzfigur los, drehte sich um und verließ das Kinderzimmer, ging hinüber ins Schlafzimmer. Daniel lag in der Mitte des Doppelbettes und schlief fest. Auch Joachim schlief, aber sein Schlaf war dünn.
    »Hey«, sagte sie, setzte sich auf die Bettkante und rüttelte seinen Arm.
    Joachim schreckte hoch. »Was ist los?«
    »Wir müssen anfangen herauszufinden, was es mit diesem Mobile auf sich hat.«
    »Das Mobile? Ja. Und wie?«
    »Erzähl Michael davon.«
    »Wem?«
    »Na, diesem Michael, mit dem du damals in diesem Geschäft gewesen bist. Er war dabei, als ihr das Mobile habt mitgehen lassen. Vielleicht weiß er irgendetwas. Wir müssen doch irgendwo anfangen anstatt weiterhin ... nichts zu tun und den Kopf in den Sand zu stecken wie der Vogel Strauß.«
    »Das tun wir doch ga r nicht, was redest du denn da? Bis gestern ahnten wir ja nicht mal, dass das Ganze irgendwie mit dem Mobile zu tun haben könnte.«
    »Wir dürfen keine Zeit verlieren, Joachim. Die aufgemalten Haare der Holzfigur sind über Nacht verschwunden.«
    Er sah sie entsetzt an. »Was? Wirklich?«
    » Ich hatte es auch zuerst nicht glauben wollen. Und es ging so schnell. Das alles bedeutet nichts Gutes, Joachim. Du musst dich mit diesem Michael in Verbindung setzen.«
    »Ich habe keinen Kontakt mehr zu ihm. Schon seit der Kindheit nicht mehr. Er ist irgendwann weggezogen, aber ich weiß nicht mal mehr, wohin.«
    Carolas Blick wurde härter. Sie sagte: »Dann. Such. Nach. Ihm! Oder hast du etwa eine bessere Idee? Wir müssen einen Anfang finden, und zwar zügig.«
    »Wir waren Kinder, Caro, die Sache liegt lange zurück. Michael weiß bestimmt nicht mehr als ich.«
    »Vielleicht. Vielleicht aber auch doch. Finde es heraus!«
    J oachim setzte an, noch etwas zu entgegnen, doch er brach ab. Carola hatte Recht. Sie mussten loslegen. Das mit Michael war keine schlechte Idee, vor allem war es ein Anfang.
    »Jetzt gleich «, sagte sie.
    Joachim sah zu Daniel, dessen Mundwinkel im Schlaf leicht zuckten. Träumte der Junge schlecht?
    Joachim richtete sich auf. »Ich spring nur rasch unter die Dusche.«
    Carola legte ihre Hand in Joachims Nacken und zog ihn leicht an sich heran, drückte ihre Stirn gegen seine und flüsterte: »Ich habe eine Heidenangst.«
    »Mir geht auch gewaltig die Düse.«
    »Was in aller Namen geschieht hier?«
    »Ich weiß es nicht. Aber wir finden es heraus.«
    »Glaubst du ?«
    »Ja , natürlich.«
    »Sag mir, dass du wirklich

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