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Titel: Mobile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Richter
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nun nach Bildern, doch es erschien ihm so gut wie aussichtslos. Er hatte Michael seit Jahrzehnen nicht gesehen, woher sollte er wissen, wie Michael heute aussah? Nein, so kam er nicht weiter. Er brauchte einen anderen Ansatz.
    Joachim versetzte den Laptop in den Ruhezustand. Er zog Jacke und Schuhe über, steckte seine Brieftasche ein und schnappte sich den Autoschlüssel. Niklas hockte noch immer vor dem Fernseher, doch das war egal, Joachim hatte jetzt andere Sorgen als die weit überzogene Fernsehzeit seines Sohnes. Er sagte seinem Ältesten, dass er keine Dummheiten machen solle solange er alleine war. Dann verließ er die Wohnung.
     
    Rund zwanzig Minuten später stieg Joachim vor dem Haus, in dem Michaels Familie einst gewohnt hatte, aus dem Wagen. Er war seit seiner Kindheit nicht mehr hier gewesen, doch er hatte das Haus sofort wieder gefunden. In der Straße hatte sich seitdem nur wenig verändert. Hier und da standen neuere Häuser zwischen älteren, doch im Wesentlichen war es wie damals.
    Joachim öffnete das Gartentor, durchschritt den kleinen, gepflegten Vordergarten und drückte die Klingel neben der Haustür. Eine Frau öffnete. Sie war einige Jahre jünger als Joachim und sah ihn mit leichtem Misstrauen an. Er entschuldigte sich für die Störung, nannte seinen Namen und sagte: »Ich bin auf der Suche nach der Familie, die früher in diesem Haus gewohnt hat. Familie Wohlert. Sie ist vor etwa dreißig Jahren von hier fortgezogen. Ich war mit dem Sohn befreundet. Michael. Wir haben uns aus den Augen verloren, wie das halt so ist, wenn die Wege sich entzweien, vielleicht kennen Sie das ja. Jedenfalls, ich brauche dringend Michaels Hilfe. Es handelt sich um eine sehr schwierige Angelegenheit, eine Sache, die schon ewig zurückliegt und mich nun eingeholt hat. Die ganze Geschichte würde Sie vermutlich zu Tode langweilen, deshalb erspare ich Ihnen Näheres. Meine Frage an Sie ist, ob Sie mir vielleicht sagen können, was aus der Familie geworden ist, wo wie hingezogen ist, immerhin wohnen Sie ja nun in diesem Haus. Obwohl ... Sie waren damals wohl noch viel zu jung.«
    Sie lächelte geschmeichelt.
    »Ich kann Ihnen leider nicht weiterhelfen«, sagte sie. »Aber mein Mann, vielleicht. Es ist das Haus seiner Eltern.« Sie hatte das Haus damals gekauft, vermutlich von der Familie, die Sie jetzt suchen, beziehungsweise deren Sohn Sie nun suchen.«
    »Oh, wirklich? Das ist prima !«
    »Philipp ... also mein Mann ..., er hat das Haus von seinen Eltern geerbt. Er ist hier aufgewachsen. Vielleicht kann er Ihnen weiterhelfen, aber versprechen kann ich natürlich nichts.«
    »Ist Ihr Mann z u Hause?«
    »Er ist unterwegs. Beim Sport. Er kann Sie später anrufen, wenn Sie wollen.«
    »Das wäre großartig. Ich könnte aber auch nachher wieder herkommen, ich wohne nicht weit entfernt. Es ist nämlich so, dass ... die Zeit drängt sehr, müssen Sie wissen. Es ist sehr wichtig, dass ich mit Ihrem Mann spreche.«
    »Er ruft Sie an, sobald er zu Hause ist. Ich sorge dafür, machen Sie sich keine Gedanken. Ob Sie dann am Telefon sprechen oder noch mal herkommen, können Sie ja dann immer noch entscheiden.«
    »Sie sind ein Engel«, sagte Joachim und zwinkerte ihr zu. Aus seiner Brieftasche nahm er eine Geschäftsvisitenkarte heraus und reichte sie ihr.
    »Meine mobile Nummer steht drauf. Ich kann Ihnen auch meine private Festnetznummer dazuschreiben.«
    »Handy ist okay . Mein Mann ruft Sie an.«
    Joachim reichte ihr die Hand und bedankte sich. Dann kehrte er zum Wagen zurück. Leise Hoffnung keimte auf. Mit etwas Glüc k würde dieser Philipp ihm weiterhelfen.
     
    *
     
    Tausende Kilometer entfernt, in einem kleinen Ort in der Nähe von Hamilton in Neuseeland, begann ein Suchtrupp aus Bürgern und Polizisten mit Spürhunden, den Wald zu durchkämmen. Die vielen Freiwilligen waren zuvor mit stumpfen Holzstielen ausgestattet worden, um damit vorsichtig ins Gestrüpp und unters Geäst zu stechen.
    »Sharon?!«
    Aus wechselnden Kehlen hallte der Name durch den Wald.
    »Sharon?!«
    Wieder und wieder.
    Der halbe Ort beteiligte sich an der Suche , auch wenn längst nicht alle die sechsjährige Sharon Floyd und ihre Eltern kannten. Doch ein seit zwei Tagen spurlos verschwundenes Mädchen hatte es hier bislang noch nicht gegeben, zumindest erinnerte sich niemand daran. In diesem Ort war die Welt noch gut, das Böse hatte um die 4000 Seelen Gemeinde stets einen weiten Bogen geschlagen, hier verschloss niemand über Nacht die

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