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Titel: Mobile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Richter
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wie abstrakt: Etwas, von dem wir glauben oder annehmen, es könne nicht sein, geschieht plötzlich. Der Ursprung des Geschehens befindet sich zwar im Hier und Jetzt, aber jener Teil des Hier und Jetzt ist und bleibt für die meisten von uns für immer verschlossen, da wir keinen Zugang zu diesem Teil haben. Der Umfang unserer Gedanken, unsere Fantasie reicht hierfür nicht aus und deshalb ist es uns nicht erlaubt, diesen Teil des Hiers zu betreten. Stell dir ein Haus ohne Fenster und Türen vor, Jo. Du stehst vor diesem Haus und willst hinein, aber deine Augen sehen keine Fenster und keine Türen. Scheiße, denkst du, da komme ich ja nie rein. Das ist genau das, was die meisten denken, um es dann dabei zu belassen und sich von dem Haus abzuwenden. Wenn du dir jedoch Gedanken darüber machen kannst, ob es nicht doch einen Zutritt zu dem Haus gibt, irgendeinen, einen, den man nicht sehen kann und den die Hände nicht ertasten können, dann bist du bereits auf dem Weg zu jener Welt. Und wenn du es dann tatsächlich geschafft hast, das Haus ohne Fenster und Türen zu betreten, dann kannst du all die Dinge und Geschehnisse erfahren, die die meisten Menschen nicht wahrhaben können oder nicht wahrhaben wollen.«
    Joachim schluckte. »Ich will hinein in dieses Haus ohne Fenster und Türen, aber ich finde die Eingänge nicht. Ich verlasse mich noch zu sehr auf meine Augen.«
    Michael lächelte. Es schien Joachim, als habe er Michael seit ihrem Wiedersehen noch nie so ehrlich und aufrichtig lächeln sehen wie in diesem Moment.
    »Genau das ist es«, sagte Michael. »Die Augen. Sie spielen uns Streiche, täuschen uns, betrügen uns. Manchmal sehen wir ohne sie viel mehr und entdecken Verborgenes erst dann, wenn wir ganz auf sie verzichten.«
    »Bevor wir jetzt allzu philosophisch werden, würde ich gerne auf meine Recherche zurück kommen«, sagte Carola ungeduldig. »Also: Ich habe drei Zeitungsartikel beziehungsweise Berichte über verschwundene Kinder gefunden, die ziemlich gut ins Schema passen. Ein Fall hat für reichlich viel Presse gesorgt, wenn auch zumeist nur in den USA. Dort ist der Sohn eines Baseball-Stars spurlos aus dem alarmanlagengesicherten Elternhaus verschwunden, und der Spieler und seine Frau behaupten, dass das Verschwinden mit dem Spielzeug zu tun hat, ohne das der Junge keinen Schritt gemacht hat. Eine watschelnde Holzente, die man an einer Schnur hinter sich herzieht. Was die Presse und die Ermittler davon halten, dürfte auf der Hand liegen, auf alle Fälle hält jeder die Eltern für die Täter, allerdings gibt es bislang scheinbar nicht den geringsten Beweis dafür, dass sie ihren Sohn haben verschwinden lassen, aber sie haben auch kein Alibi, bei dem Dritte sie entlasten. Der zweite Fall ist ein kleiner Junge in Spanien, der sich in seinem Krankenhausbett scheinbar in Luft aufgelöst hatte, wovon sein Bettnachbar nichts mitbekommen hatte. Der andere Junge, also der Bettnachbar, behauptete, das Verschwinden des Jungen hinge mit dessen Stoffhasen zusammen, der im Bett zurück blieb. Der dritte Fall ist aus Ipswich in England. Dort ist erst vor kurzem ein Mädchen verschwunden. Ihre Eltern behaupten steif und fest, dass die Schaf-Handpuppe damit zu tun hat. Die Kleine war von der Handpuppe nicht mehr zu trennen. Aber das Besondere an diesem Fall ist: Es scheint, als gäbe es einige Leute, die behaupten,  in der Region von Ipswich würden böse Geister verhexte Gegenstände in Umlauf bringen, die auf die Seelen von Kindern zugreifen. Für die breite Öffentlichkeit ist diese Behauptung selbstverständlich kompletter Blödsinn.«
    »Wir sind aber nicht die breite Öffentlichkeit«, sagte Michael.
    Carola nickte. »Eben.«
    »Ipswich. Hm, warum nicht? Könnte ein brauchbarer Ansatz sein.«
    »Es ist zumindest ein Anfang.«
    Michael nickte mit leichtem Lächeln. Carola lächelte flüchtig zurück.
    »Und wie gehen wir es jetzt an?«, fragte Joachim, der so tat, als habe er davon nichts bemerkt.
    »Rüberfliegen«, sagte Carola. »Und zwar ihr beide. Ich bleibe hier und kümmere mich um die Kinder. Wir halten uns gegenseitig auf dem Laufenden.«
    »Genau so«, stimmte Michael zu. »Und wir müssen uns ranhalten, wenn wir den kleinen Hintern eures Sohnes noch rechtzeitig von der heißen Herdplatte ziehen wollen. Wir wissen nicht, wie viel Zeit uns noch bleibt, aber wir können alle Uhren wegwerfen, denn unser Chronometer ist die Holzfigur. Wir werden euren Sohn in dem Moment verloren haben, in dem der

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