Mobile
Neues gibt oder auch zwischendurch. Halte mich mit dem Mobile auf dem Laufenden.«
»Gut. Und ... Joachim?«
»Was?«
»Sei vorsichtig, was Michael betrifft. Lass ihn nicht aus den Augen.«
»Nein.«
»Bis später.«
»Ja, bis dahin.«
Sie beendeten die Verbindung. Joachim schob das Handy in die Hosentasche und kehrte zu Michael zurück.
»Hast du die Grüße ausgerichtet?«, fragte Michael.
»Nein.«
»Hab' ich mir gedacht. Was macht das Mobile?«
»Es verliert weiter Farbe.«
Schweigend zündete sich Michael eine Zigarette an. Nachdenklich nahm er einen tiefen Zug, dann sagte er: »Weißt du, Jo: Ich frage mich mittlerweile, ob es so schlau gewesen ist, hierher zu kommen und die berühmte Stecknadel im Heuhaufen zu suchen. Es wäre besser gewesen, wir hätten von Anfang an versucht, unseren unbekannten Gegner zu uns kommen zu lassen.«
»W as meinst du damit?«
»Wir hätten ihm einen Grund geben müssen, zu uns zu kommen, hätten ihm eine Motivation verschaffen sollen, mal angenommen, es stimmt, was die Leute behaupten. Dass es Typen gibt, die Kinder draufgehen lassen, um deren Gaben auf sich zu übertragen. Und mal angenommen, unser G-Freund ist einer dieser Typen. Weiter angenommen, unser G-Freund hat, wie auch immer er es angestellt hat, einst das Mobile und die Glasmurmeln so präpariert, dass sie sich die Kinder krallen, die damit spielen oder ständig in ihrer Nähe sind. Wenn all das tatsächlich so ist, dann wird unser G-Freund eine Art ständige Verbindung zu diesem Spielzeug haben - und dürfte daher immer wissen, was gerade damit geschieht.«
Joachim wischte sich übers Gesicht. »Ich fühle mich stressbedingt gerade schwerstens überfordert. Also: Was sagst du mir damit?«
»Dass es unseren G-Freund auf den Plan ruft, wenn etwas das Mobile bedroht.«
Joachim schüttelte genervt den Kopf. »Der Mann ist sehr alt, sofern er überhaupt noch lebt. Du willst mir doch nicht ernsthaft weißmachen wollen, dass der Kerl auftaucht wie Jack aus der Kiste, wenn wir dem Mobile die Zunge rausstrecken.«
»Wenn du eine bessere Idee hast, teile sie mir gerne mit.«
»Ich hatte bereits versucht, das Mobile abzuhängen. Habe ich das nicht erzählt? Daniel hatte sich fast um den Verstand gebrüllt.«
»Weil du mit dem Abhängen des Mobiles versucht hast, die Verbindung zwischen dem Mobile und deinem Sohn zu kappen. Du hast das Mobile nicht bedroht. Das sind zwei Paar Schuhe.«
»Oh Mann«, murmelte Joachim und legte die Hände aufs Gesicht und murmelte: »Ich kann nicht mehr denken. Mein Kopf fliegt davon. Alles dreht sich.«
»Eigentlich der perfekte Augenblick für einen Drink, doch das müssen wir leider verschieben. Ruf deine Herzensdame an. Sie soll das Mobile fotografieren. Jetzt gleich. Auch euren Sohn. Sie soll ein Foto von ihm allein machen und eins, wo er gemeinsam mit dem Mobile drauf ist. Am besten, sie hält den Kleinen neben das Mobile und knipst einfach drauf los. Die Aufnahmen soll sie per Mail ans Hotel schicken, wir bitten Graig, sie uns auszudrucken.«
»Wozu?«
»Wir wollen mal schauen, ob und inwieweit wir unseren G-Freund aus seinem Versteck locken können. Keine Ahnung, ob es klappt, aber irgendetwas müssen wir ja unternehmen.«
Joachim schloss die Augen und ließ den Kopf langsam kreisen. In seinem Nacken knirschte und knackte es. Dann sagte er: »Ich frage mich, ob du nicht von Anfang an versucht hast, mich von zu Hause abzuziehen. Weg von Daniel und dem Mobile, damit ich nichts unternehmen kann. Du willst Carola leiden sehen, weil sie nichts mehr von dir wissen will, und ganz nebenbei kannst du mir eins auswischen, weil sie mit mir verheiratet ist. Das Problem ist: Ich traue dir so ziemlich jede Sauerei zu.«
Michael zog tief an der Zigarette, dann drückte er sie an der Hauswand aus und ließ sie zu Boden fallen. Er baute sich dicht vor Joachim auf, pustete ihm den Rauch ins Gesicht und sagte mit sc hneidender Stimme: »Ich sag' dir jetzt mal was: Du hast ein größeres Problem mit mir als ich mit dir. Es stört dich brutal, dass ich weiß, wie Carola sich bewegt, wenn sie ohne Slip auf einem Gesicht sitzt. Und ja, vielleicht liebe ich sie noch heute. Auf alle Fälle trauere ich ihr hinterher. Aber dass ich sie leiden und um ihren Sohn trauern sehen will, ist völliger Bullshit! Ich war es gewesen, der es damals versaut hat, nicht sie. Es gibt nichts, was ich ihr heimzahlen könnte, sie hat nichts falsch gemacht - das Arschloch war ich gewesen. Und was dich angeht:
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