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Mobile

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Titel: Mobile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Richter
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sie hätten Augen, die denen von Katzen gleichen.«
    Joachim fuhr leicht zusammen. Michaels Blick vere ngte sich.
    »Es wird b ehauptet, sie versteckten ihre katzengleichen Augen. Hinter Kontaktlinsen oder Sonnenbrillen. Man sagt, wenn einer von ihnen stirbt, entnehmen ihm die anderen die katzenähnlichen Augen und ersetzen sie durch die Augen toter Menschen.«
    »Warum?«, fragte Joachim staunend.
    »Um das Geheimnis zu wahren «, sagte Michael leise.
    Bruce richtete sich auf, ließ seinen Blick durch den Pub schweifen und sagte dann: »Zerreißen Sie das Bild mit dem Kind und dem Mobile. Zeigen Sie ihm oder ihnen damit, dass Sie begriffen haben, was geschieht und dass Sie bereit sind, das Mobile zu zerstören – ganz gleich, wie hoch der Preis ist. Vielleicht locken Sie ihn oder sie auf diesem Wege aus dem Versteck.«
    Michael nickte und sah Joachim an. Joachim starrte mit leerem Blick auf die Aufnahme.
    »Ich wünsche Ihnen Glück«, sagte Bruce. »Die Biere gehen aufs Haus.« Mit diesen Worten kehrte er hinter den Tresen zurück.
    Michael nahm sein Glas und leerte es mit schnellen Schlucken. Er stieß leise auf und sagte dann: »Lass uns gehen. Der Muskelberg dahinten ist ganz meiner Meinung, dass wir versuchen sollten, den Spieß umzudrehen. Wir haben nichts zu verlieren.« Er stand auf.
    Joachim erhob sich ebenfalls, allerdings weniger entschlossen.
    Michael deutete auf Joachims Glas. »Trinkst du nicht aus?«
    Joachim schüttelte den Kopf. Michael schnappte sich das Glas und stürzte das Bier herunter. Dann ging er Richtung Tür. Joachim folgte ihm.
    Bruce stand am Zapfhahn und sah ihnen nachdenklich hinterher.
     
    *
     
    Die Frau trat aus dem Haus heraus. Ihr zartes, ungeschminktes Gesicht war von einer natürlich-schlichten Schönheit. Sie strich ihr schulterlanges brünettes Haar, das von wenigen grauen Strähnen durchzogen war, zurück und schlug die Kapuze ihrer beigen Sommerjacke hoch. Sie schloss die Augen und hielt die Nase in den Wind, die Nasenflügel zuckten leicht. Links, wusste sie dann, sie musste nach links.
    Sie machte sich auf den Weg.
     
    *
     
    »Denk zurück an den Tag, an dem wir die Sachen aus Reichels Laden mitgenommen haben«, sagte Michael und blieb stehen. Das Lucky lag rund zwanzig Schritte hinter ihnen. »Wir haben nicht nur die Murmeln und das Mobile mitgenommen, sondern noch einiges mehr. Die alte Pfeffermühle, diesen Bierkrug und den ganzen anderen Plunder. Was ist mit all den anderen Dingen, die wir mitgenommen hatten, Jo? Haben die etwa irgendetwas angerichtet? Nein, haben sie nicht. Mein Vater hat diesen Korkenzieher bis zu seinem Tod verwendet, um seine Weinpullen zu öffnen, und ihm ist nie etwas Ungewöhnliches passiert. Meine Mutter hat die Pfeffermühle nicht nur als Einrichtungsgegenstand betrachtet, sondern sie auch häufig benutzt. Dass das dämliche Miststück schließlich meinte, sich strangulieren zu müssen, hat ja andere Gründe gehabt. Also: Was die drei Dinge betrifft, die ich aus dem Antiquitätengeschäft behalten habe, so war alles bis auf die Murmeln stinknormaler Plunder. Was war mit deinen Sachen?«
    Joachim überlegte kurz, dann sagte er: »Mein Vater hat sein Bierchen häufig aus dem Krug getrun ken. Ich glaube nicht, dass ihm das irgendwie geschadet hat.«
    »Die Vase - was ist mit der Vase, die du deiner Mutter geschenkt hast? Hat sie die Vase verwendet und Blumen reingestellt?«
    »Ja, hin und wieder. Es gab allerdings nicht häufig Blumen in unserem Haus.«
    »Das meiste von dem Zeug, da s Reichel in seinem Geschäft verkauft hatte, war völlig normaler und harmloser Scheiß. Das Mobile und die Glasmurmeln jedoch nicht. Und so wie das Mobile gearbeitet ist, dürfte es eine Handarbeit sein. Und für einen Fachmann, einen Glasbläser oder wer auch immer so etwas macht, sollte es kein Problem sein, Glasmurmeln herzustellen. Wenn also die Murmeln ebenso handgemacht waren wie das Mobile, dann … .« Michael sprach seine Überlegungen nicht zu Ende, sondern versank in Gedanken.
    »Michi, was denn? Nun sag schon!«
    »Ich denke an einen Spielzeugmacher, dessen Vorname mit G beginnt. An einen Spielzeugmacher von etwa achtzig Jahre und mit katzenähnlichen Augen. Wir hätten uns von vornherein auf Spielzeugmacher konzentrieren sollen.« Er sah sich um. »Dort hinten«, sagte er dann. »Hinter der Bäckerei, da sind wir gut geschützt. Komm!«
    Er lief los. Joachim folgte ihm und fragte sich, was Michael vorhatte.
    »Ruf Carola an«, sagte Michael,

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