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Modesty Blaise 01: Die tödliche Lady

Modesty Blaise 01: Die tödliche Lady

Titel: Modesty Blaise 01: Die tödliche Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
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geradezu hinter den Schreibtisch zerren müssen! Natürlich läßt es dieses Mädchen nicht merken. Sie beherrscht sich vollkommen. Aber die Qualen der Entwöhnung müssen vorhanden sein.» Seine Stimme wurde trocken. «Bei Willie Garvin haben sie sich jedenfalls bisher nicht gezeigt.»
    «Verzeihung.» Fraser schluckte unglücklich und warf Tarrant einen gequälten Blick zu. «Ich habe noch immer nicht verstanden, worauf Sie hinauswollen, Sir. Sie möchten anscheinend sagen, daß es nicht der wahre Grund ist – sie wegen Garvin zu Dank zu verpflichten –, daß wir sie bekommen konnten.»
    «Es ist nur eine Ausrede», sagte Tarrant leise. «Sie hat eine Ausrede gebraucht, ob ihr das nun bewußt ist oder nicht. Ich habe nicht nach einer Möglichkeit gesucht, sie zu zwingen. Ich habe nach dem richtigen Weg gesucht, damit sie diesen Job für uns tun kann, Jack.»
    Die Verwendung seines Taufnamens zwang Fraser, ein Spiel aufzugeben, das er liebte, und war das Signal dafür, daß derzeit überhaupt nicht gespielt werden konnte. Fraser wurde gelöst und ließ die Arme auf dem Lenkrad ruhen, während sich langsam ein Grinsen über sein Gesicht breitete.
    «Da soll mich doch auf der Stelle der Schlag treffen», sagte er bewundernd. «Sie verfluchter alter Fuchs!»

2
    Modesty Blaise stand ungefähr drei Meter hinter dem schütter werdenden Rand des Hains seitlich an den Stamm einer Palme gedrückt. Die Nacht war schon lange hereingebrochen. Die Glockenvögel und Papageien schwiegen, nur das Rascheln und Murmeln des belebten Urwalds war hinter ihr zu hören. Der abnehmende Mond glitzerte von einem sternenübersäten Himmel auf die gepflasterte Straße herab, die sich zwischen dem Urwald und der Steppe dahinwand.
    Das Gefängnis stand auf dem gestampften Boden der halbkreisförmig von der Straße aus gerodeten Fläche.
    Der Bau wurde nur vorübergehend als Gefängnis benützt, es war eine Kaserne, ein langer, einstöckiger, T-förmig angelegter Bau aus Lehmziegeln. Der Querteil des Gebäudes lag zur Straße, der Längsbalken des T verlief in Richtung der Bäume und hatte ein breites Tor an seinem Ende. Unmittelbar dahinter lag das Zimmer der Wachen.
    Modesty stand nun schon seit zwei Stunden regungslos da. Alle zehn Minuten kam ein zerlumpter Wachposten mit einem über die Schulter geworfenen Garand-Gewehr keine zehn Meter von ihr entfernt auf seiner Runde vorbei. Völlig nutzlos, dieser Posten, dachte sie. Man konnte ihn kommen und gehen und das Aufschlagen des Gewehrs an sein Wehrgehenk hören, und die rote Glut seiner Zigarette war schon hundert Meter weit zu sehen.
    Noch vor sechs Wochen hatte er zu den Rebellen gehört. Jetzt waren er und seine Freunde Regierungssoldaten, und die Soldaten der Exregierung waren die Rebellen, aber auch nicht mehr lange. Der Staatsstreich des Generals Kalzaro war derart erfolgreich gewesen, daß er an dem Punkt angelangt war, von dem an er nicht mehr vorsichtig sein mußte, wenn er sich jener entledigen wollte, die auf der Seite der Verlierer gekämpft hatten.
    Seit Modestys Begegnung mit Tarrant waren sechs Tage vergangen, und sie sah, daß er die Lage klug eingeschätzt hatte. Es waren noch keine achtundvierzig Stunden her, daß es ihr Santos in Buenos Aires bestätigt hatte. Sollte Willie Garvin lebend herausgeholt werden, dann mußte das sehr schnell geschehen.
    Modesty trug schwarze Drillichhosen, in den Beinlingen lose genug, daß sie sich frei bewegen konnte; sie waren in dicksohlige Soldatenstiefel gestopft. Ein dünner schwarzer Rollkragenpullover verdeckte Oberkörper, Hals und Arme. Hände und Gesicht hatte sie mit einer dunklen Tarncreme bestrichen. Der hohe Chignon hing jetzt als kurzer, festgebundener Knoten im Nacken. Sie sah einen wackligen Lastwagen vom Gefängnis abfahren und auf die Straße hinaus einbiegen. Die grasverstopften Räder quietschten, als er um die Kurve rumpelte und die Tagposten wegbrachte, die die Arbeitsgruppen der vier Kilometer weiter nördlich mit Straßenreparaturen beschäftigten Gefangenen bewachten. Eine Viertelstunde später wurde der Posten abgelöst, der den hinteren Teil des nicht eingezäunten Kasernengeländes zu patrouillieren hatte.
    Jetzt also war es bald soweit. Die prickelnde Wärme in ihr steigerte sich zu einem glühenden, eigenartigen Glücksgefühl, das ihr ganzes Sein durchdrang. Sie ärgerte sich darüber, versuchte es zu unterdrücken, dann aber gab sie nach, in dem resignierten Wissen, daß es ja doch verschwendete Energie

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