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Modesty Blaise 01: Die tödliche Lady

Modesty Blaise 01: Die tödliche Lady

Titel: Modesty Blaise 01: Die tödliche Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
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Erleichterung gebracht hatte, und wartete, daß sie fortfuhr. Als sie jedoch schwieg, hob er ihre Hand und führte sie an die Lippen.
    «Dann sehe ich Sie also in zwei Tagen wieder», sagte er. «Danke für einen sehr anregenden Abend, meine Liebe.»

12
    Hagan kam von seiner Fahrt nach Sainte-Maxime mittags in die Villa zurück. Willie Garvin horchte eben den eingestellten Motor des Renault ab und sprach, ohne aufzuschauen.
    «Glück gehabt, Freundchen?»
    «Nein. Was hat Modesty bei dem Hehler in Nizza erreicht?»
    «Er hat gesungen. Hörte von einem Diamantentransport, der von irgendwoher nach irgendwohin geht, glaubte die Geschichte aber nicht. Dann erzählte er ihr, daß die Polizei Pacco umgelegt habe, es aber so aufzog, daß es nach einem Bandenkrieg aussah.»
    «Mein Kerl hat mir erzählt, es sei eine Kabylengruppe gewesen, die Pacco übernommen hat. Er wußte nichts von Diamanten oder Gabriel. Und weiß der Himmel – er wollte auch gar nichts davon wissen.»
    Hagan betrat das Haus. Modesty war nicht im Erdgeschoß. Er ging ins Badezimmer, wusch sich Gesicht und Hände, dann klopfte er an die Tür ihres Zimmers.
    Es kam keine Antwort. Verdutzt öffnete er die Tür.
    Modesty saß auf einem kleinen Teppich auf dem Boden, mit dem Gesicht zum Fenster, mit dem Rücken zu ihm. Sie trug nur ein opalschwarzes Höschen, wie eine Badehose, und einen einfachen schwarzen Büstenhalter. Das Haar war lose im Nacken zusammengebunden. Sie war barfuß. Das voll durch die Fenster hereinströmende Sonnenlicht umgab sie mit einer goldenen Aura.
    «Modesty?» Hagan merkte, daß er geflüstert hatte.
    Verständnislos ging er weiter vor, so daß er ihr Gesicht sehen konnte. Sie saß mit angezogenen Füßen, die Knöchel gekreuzt, die Knie dem Boden nahe weit auseinandergedrückt. Die Hände lagen mit den Handflächen nach oben auf den Schenkeln, die Finger waren leicht gekrümmt. Der Rücken war vollkommen gerade; sie saß so hochaufgerichtet, dennoch so entspannt da, daß es fast aussah, als schwebe sie an einem unsichtbaren Faden aufgehängt über dem Fußboden.
    Lange konnte Hagan kein Anzeichen von Atmen an ihr entdecken. Dann aber sah er, daß sich die Brust langsam, fast unmerklich hob und der Magen allmählich in den Brustkorb einsank. Das Einatmen dauerte gute fünfzehn Sekunden, das Ausatmen war nicht kürzer, dazwischen lag eine Pause von fünf Sekunden völliger Reglosigkeit. Hagan mußte an ein Tier im Winterschlaf denken, bei dem der Lebensvorgang fast zum Stillstand reduziert ist, und kaltes Entsetzen rieselte ihm über den Rücken.
    Er betrachtete ihr Gesicht. Es war weich, in vollkommenem Frieden gelöst. Die Augen sahen durch ihn hindurch, als sei er nicht vorhanden. Sie waren leer, bar jeden Ausdrucks. Aber nein, nicht leer; nur von einer so tiefen Ruhe erfüllt, daß sie den Eindruck der Leere erweckten.
    Das Gefühl, daß er ihr fern und fremd war, ließ Zorn in ihm aufwallen. «Modesty!» Seine Stimme war scharf, aber das Mädchen reagierte nicht. Vor der Tür erklang ein Schritt, Willie Garvin trat ein, legte die Hand auf Hagans Arm und sagte leise: «Nicht jetzt.»
    Einen Augenblick lang widersetzte sich Hagan.
    Dann drehte er sich um, schüttelte Willies Hand ab und verließ das Zimmer. Als er die Treppe hinabging, hörte er Willie die Schlafzimmertür schließen, bevor er ihm folgte. Im Wohnzimmer ging Hagan zur Anrichte und goß sich einen Drink ein. Er drehte sich um und sah Willie an.
    «Yoga», sagte er. «Auch noch Yoga!»
    «Warum nicht?» Willie saß in einem Sessel und legte ein Bein über die Armlehne.
    «Und warum?»
    «Es hilft – deshalb.» Zum erstenmal bemerkte Hagan Feindseligkeit an Willie Garvin. «Um Himmels willen, Paul, du weißt doch genau wie jeder andere, daß man schon auf halbem Weg geschlagen ist, wenn man sich nicht gesammelt hat, bevor man sich in eine wüste Sache einläßt.»
    «Ich habe noch nie
prana
, oder wie immer das Zeugs heißt, schnupfen müssen, um mich zu konzentrieren. Du vielleicht?»
    «Nein.» Willie wurde wieder etwas freundlicher.
    «Aber wir Männer sind anders. Paß auf – als wir damals in der Nacht zu Pacco gingen, hast du da über eine Menge Dinge nachgedacht, die geschehen könnten? Nicht das Umgelegtwerden – das ist nichts. Aber ich meine, verkrüppelt zu werden, vielleicht nur mit halbem Gesicht herauskommen, oder den guten alten Freudenstab zerschossen.»
    «Was, zum Teufel, redest du da?»
    «Frauen haben eine andere Phantasie als wir.» Willie

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