Modesty Blaise 09: Die Lady fliegt auf Drachen
mit dem Ding aus dem Museum spazieren können, und ich bezweifle, daß es irgend jemand gemerkt hätte. Nimm dieses Tablett, mein Engel.
Ich werde mich erheben.»
Sie stellte das Tablett auf den Tisch und sagte nachdenklich: «Bist du mit unseren Freunden völlig zufrieden, Beau?»
«Meinst du die lokalen Leute?» Er streifte seinen kirschfarbenen Pyjama ab und begann eine Reihe von Lockerungsübungen, wobei er seine schönen Muskeln spielen ließ. «Nun, das Museumsteam hat keine Ahnung, wer wir sind. Sie haben einfach genaue Anweisungen befolgt, und sie werden von Weber bezahlt, der die Sache unter meiner Aufsicht arrangiert hat.»
«Es ist auch Weber, der mir ein wenig Sorgen macht, Beau. Ich habe seine Akte ziemlich genau studiert und nichts Greifbares gefunden, aber ich habe einfach das Gefühl, daß er eines schönen Tages plaudern könnte. Entweder unter Druck oder um zu erpressen. Ich weiß, daß er ein tüchtiger, harter Mann ist, aber ich glaube, wir sollten vorsichtig sein.»
«Aus denselben Gründen habe auch ich mich mit dem möglicherweise etwas unverläßlichen Weber beschäftigt. Wir werden daher überaus vorsichtig sein, mein Herz.»
«Wir sollen ihn heute vormittag um elf auf dem Hausboot treffen.»
«Dank dir, mein Vögelchen. Zu diesem Zeitpunkt werden wir den undurchsichtigen Weber dazu bringen, absolut verläßlich zu werden.» Er machte ein paar Liegestütze und blickte sie über die Schulter an. «Absolut und für immer verläßlich.»
Sie hob die Brauen und nickte. «Ach, das ist gut, Beau. Wir würden ihn ja doch nie mehr verwenden, und eine völlige Eliminierung ist immer das beste.» Sie warf einen Blick auf die Tür, die in das benachbarte Schlafzimmer führte. «Wie geht es Uriah?»
«Nach den gestrigen Anstrengungen schläft er den Schlaf des Gerechten. Wenn er einen Sünder erledigt hat, tritt bei ihm stets eine Postorgasmus-Reaktion ein.»
«O ja, das weiß ich. Wirst du ihn zu dem Rendezvous mit Weber mitnehmen?»
«Nein, mein Engel. Wir dürfen nicht eintönig werden.» Er setzte sich auf und legte sich, die Hände im Nacken, wieder nieder. Die Anstrengung war seiner Stimme kaum anzumerken. «Es ist nicht gut, Uriah zuviel rohes Fleisch vorzuwerfen. Außerdem müssen wir beide aktiv bleiben. Der vorsichtige Weber wird natürlich seine ständige Leibwache, den Gorilla, bei sich haben, also werden wir beide hingehen, du und ich, ja?» Seine violetten Augen lächelten sie einladend an, und Clarissa de Courtney-Scott spürte eine heftige Erregung in der Lendengegend. Sie ließ sich nichts anmerken, denn sie wußte, daß es Beau amüsierte, sie aufzustacheln; je stärker sie reagierte, desto länger setzte er das Spiel fort.
«Ja, mein Lieber», antwortete sie enthusiastisch, dann nahm sie die Zeitung zur Hand und begann zu blättern.
«Ich muß sagen, Uriah war gestern absolut fabelhaft.
Ich war auf dem Sprung, mich einzumischen, falls jemand ihm zu rasch nachgelaufen wäre. Aber sie waren alle wie betäubt. Hattest du Schwierigkeiten, ihm seine Rolle beizubringen?»
«Nicht die geringsten.» Beauregard Browne betrachtete einen kirschfarbenen Zehennagel, der etwas gespalten war, dann sprang er elastisch auf die Füße und ging ins Badezimmer. Die Tür ließ er offen. «Ich sagte ihm nur, er müsse warten, bis ein Polizist auftaucht, dann ein paar Tricks zum besten geben und ihn umlegen, da er ein Feind des Allmächtigen sei. Er stellte keine Fragen. Ich glaube tatsächlich, daß man unserem Schwert Gottes keine Gründe mehr angeben muß, damit es in Aktion tritt. Wie der kluge Dr. Feng sagt: Uriah verlangt danach, eine Waffe zu benutzen. Gib ihm ein Ziel, und alles weitere legt er sich selbst zurecht. Komm herein und unterhalte dich mit mir,
quérida
.»
Clarissa ging ins Badezimmer, lehnte an der Tür und sah zu, wie Beau eine Dusche nahm. Sie wohnte mit Dr. Feng im Carlton; das gehörte zu den allgemeinen Vorsichtsmaßnahmen, damit sie nicht als Vierergruppe identifiziert würden. Ihr chinesischer Freund ließ in letzter Zeit einiges zu wünschen übrig. Während der sechs Wochen nach Lucian Fletchers Flucht hatte sich Dr. Feng auf der Insel als einfallsreicher und aufmerksamer Bettgenosse erwiesen, wann immer er an der Reihe war; neuerdings wurde sie jedoch den Verdacht nicht los, daß sein Interesse von dem Wunsch motiviert wurde, sie als einen psychiatrischen Fall zu studieren.
Und seit ihrer Ankunft in Amsterdam zeigte er die Tendenz, ihr die verschiedenen
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